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08.09.2015 16:43:00

Flüchtlinge - Deutscher Finanzminister hält an "Schwarzer Null" fest

Die Flüchtlingskrise kann nach den Worten des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble in Deutschland ohne neue Schulden gemeistert werden. "Es bleibt bei der 'Schwarzen Null' nicht nur im kommenden Jahr, sondern auch in den folgenden Jahren", versprach Schäuble am Dienstag zum Auftakt der Etatberatungen des Deutschen Bundestages.

Möglich machen den finanziellen Kraftakt die von der robusten Konjunktur angetriebenen Steuereinnahmen. Die Opposition kritisierte, eigene Anstrengungen zur Budgetsanierung fehlten. Außerdem gebe die Koalition zu wenig Geld für Entwicklungspolitik aus, um die Ursachen der Massenflucht nach Deutschland an Ort und Stelle zu lösen.

Die Flüchtlingskrise habe für die Regierung "absolute Priorität", sagte Schäuble. Die Aufgabe müsse jetzt finanziert werden, "und wenn möglich ohne neue Schulden". Die Spitzen der Großen Koalition hatten sich in der Nacht auf Montag auf ein Maßnahmenpaket im Volumen von sechs Milliarden Euro für 2016 geeinigt. Mit der einen Hälfte des Betrages will der Bund Länder und Kommunen unterstützen, mit der anderen Hälfte Vorsorge in seinem eigenen Etat schaffen, etwa bei den Hartz IV-Ausgaben.

Neben Geldtransfers greift der Bund den deutschen Gemeinden außerdem materiell unter die Arme, zum Beispiel durch die Sanierung von Kasernen, die als Notunterkünfte dienen können. Um die Asylverfahren zu beschleunigen, werden beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2.000 zusätzliche Stellen geschaffen, bei der Bundespolizei 3.000 Stellen. Übergangsweise wird der Schäuble unterstellte Zoll die beiden Behörden personell unterstützen.

"Wir dürfen Flüchtlinge und Asylsuchende nicht nur unter Kostengesichtspunkten betrachten", warnte Schäuble. Große Teile der Bevölkerung seien mit ihrer Hilfsbereitschaft weiter als die Politik. Zuvor hatte bereits der deutsche Bundestagspräsident Norbert Lammert Beifall aus allen Fraktionen bekommen, als er den zahlreichen Bürgern für ihren professionellen und ehrenamtlichen Einsatz dankte, den "humanitären Ausnahmezustand" zu bewältigen: "Ihr Engagement ist die überzeugendste Antwort auf dumpfe Vorbehalte und Fremdenhass, die es auch gibt."

Dass der Bund trotz der Krise auf neue Schulden verzichten könne, sei auch der vorausschauenden Budgetpolitik der vergangenen Jahre zu verdanken, sagte Schäuble. Experten in Regierung und Koalition rechnen damit, dass der Bund in diesem Jahr fünf bis sieben Milliarden Euro mehr Steuern einnehmen wird als im Frühjahr vorhergesagt. Auch die Bundesländer und Kommunen in Deutschland profitieren von der guten Konjunktur und hohen Beschäftigung.

Bisher sieht der Entwurf für den Bundesetat 2016, der im November vom Bundestag verabschiedet werden soll, Ausgaben von 312 Milliarden Euro vor. Der Betrag dürfte nun leicht steigen.

Die Linke kritisierte, die deutsche Regierung sei sehenden Auges in die Flüchtlingskrise geraten. Schon seit Jahren sei klar, dass etwa der Bürgerkrieg in Syrien Folgen haben werde. "Wir müssen dort mehr tun, um die Fluchtursachen zu bekämpfen", sagte der Linken-Budgetexperte Dietmar Bartsch. Nach der Finanzplanung steigen die Entwicklungsausgaben des Bundes von 2016 bis 2018 um 8,3 Milliarden Euro.

Der Grünen-Politiker Sven-Christian Kindler kritisierte, der Anstieg der Entwicklungsausgaben reiche nur aus, um die Quote dafür bei 0,4 Prozent des BIP zu halten, obwohl schon 1970 eine Quote von 0,7 Prozent versprochen worden sei. Kritisiert wurde Schäuble aber auch vom Koalitionspartner SPD: Vize-Fraktionschef Carsten Schneider wies Kritik Schäubles an der Niedrig-Zins-Politik der Notenbanken zurück. Ohne sie hätte die Finanz- und Wirtschaftskrise nie überwunden werden können. Zudem spare der Bund deshalb alleine dieses Jahr 20 Milliarden Euro Zinsen gegenüber den Planungen zu Beginn des Jahrzehnts.

(Schluss) fre/at

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