03.01.2015 14:30:31

Flüchtlinge an Bord von führerlosem Frachter in Sicherheit gebracht

   CORIGLIANO (AFP)--Hunderte unter Kälte und Hunger leidende Flüchtlinge des führerlos auf dem Mittelmeer treibenden Frachters "Ezadeen" sind von italienischen Einsatzkräften in Sicherheit gebracht worden. Die offenbar überwiegend aus dem Bürgerkriegsland Syrien stammenden Flüchtlinge wurden auf verschiedene Aufnahmezentren in der süditalienischen Region Kalabrien verteilt, wie die Behörden am Samstag mitteilten. Die Zahl der Flüchtlinge stuften die Behörden unterdessen von rund 450 auf etwa 360 herab.

   Der eigentlich für Viehtransporte genutzte Frachter erreichte am späten Freitagabend den Hafen von Corigliano Calabro. Vorausgegangen war eine dramatische Rettungsaktion: Die Behörden waren am Donnerstagabend auf das rund 50 Jahre alte Schiff aufmerksam geworden, als dieses sich rund 150 Kilometer vor der süditalienischen Küste befand. Der unter der Flagge Sierra Leones fahrende Frachter trieb zu diesem Zeitpunkt ohne Treibstoff und Elektrizität manövrierunfähig auf die süditalienische Küste zu.

   "Wir sind allein, hier ist niemand, helfen Sie uns!", rief laut italienischer Marine eine verzweifelte Frau an Bord, der es gelungen war, das Funksystem zu bedienen. Die Küstenwache bat daraufhin zunächst ein sich in der Nähe aufhaltendes isländisches Patrouillenboot um Unterstützung bis zum Eintreffen der italienischen Einsatzkräfte. Diesen gelang es schließlich am Freitag, das Schiff unter Kontrolle zu bringen.

   Offiziell war die "Ezadeen" auf dem Weg ins südfranzösische Sète. Nach Angaben des Internetdienstes marinetraffic.com legte das Schiff im syrischen Tartus ab und machte einen Zwischenstopp im nordzyprischen Famagusta. An Bord befanden sich 232 Männer, 54 Frauen und 74 Kinder. In der Dunkelheit waren die Einsatzkräfte zunächst von rund 450 Menschen an Bord ausgegangen. "Die Flüchtlinge waren sichtlich verstört, aber insgesamt in guter gesundheitlicher Verfassung", teilte die EU-Grenzschutzagentur Frontex am Freitag mit.

   Erst zwei Tage zuvor hatte die italienische Küstenwache einen anderen führerlos im Mittelmeer treibenden Frachter vor einer Katastrophe bewahrt - an Bord der "Blue Sky M" befanden sich fast 800 syrische Flüchtlinge. Der Frachter konnte im letzten Moment vor einem Aufprall auf die süditalienische Felsküste bewahrt werden.

   Menschenschmuggler setzten in jüngster Zeit verstärkt auf große Frachtschiffe statt kleiner Boote, um Migranten nach Europa zu bringen, erklärte die Internationale Organisation für Migration (IOM). Auf diese Weise könnten sie Gewinne maximieren, da sie pro Kopf zwischen 1.000 und 2.000 US-Dollar kassierten. Die EU verurteilte die neue Strategie der Schleuserbanden. Der Kampf gegen Menschenschmuggel werde auch 2015 zu den Prioritäten der EU-Einwanderungspolitik gehören, sagte ein Sprecher am Freitag.

   Der Europa-Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Vincent Cochetel, erklärte, die europäischen Regierungen dürften die Situation "nicht länger ignorieren". Die Grünen-Europa-Abgeordnete Barbara Lochbihler warf der EU Versagen vor. Mehr als ein Jahr nach der Lampedusa-Katastrophe im Mittelmeer mit hunderten toten Flüchtlingen hätte die EU längst reagieren können, sagte Lochbihler am Samstag im "Deutschlandfunk". Stattdessen setze die EU auf die Abschottung.

   Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, warf der EU eine Mitverantwortung für die neue Strategie der Schleuserbanden vor. Diesen werde das ganze Mittelmeer überlassen, Europa werde nur in Küstennähe aktiv, kritisierte Wendt bei Handelsblatt-Online.

   Auch im Fall der auf dem Mittelmeer in Brand geratenen Autofähre "Norman Atlantic" gehen die italienischen Behörden von illegalen Einwanderern an Bord aus. Nach Angaben der Ermittler waren fast 500 Menschen und damit deutlich mehr als offiziell angegeben an Bord. Es gelte als "sicher", dass illegale Einwanderer darunter gewesen seien. Es wird nun befürchtet, dass die Leichen der nicht registrierten Passagiere im Wrack entdeckt werden, das sich nunmehr in Brindisi befindet. Die Suche soll sich auf das Autodeck konzentrieren, wo das Feuer ausgebrochen war.

   DJG/bam

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   January 03, 2015 07:59 ET (12:59 GMT)- - 07 59 AM EST 01-03-15

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