16.02.2017 14:02:00
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EZB-Rat sieht keinen grundlegend höheren Inflationsdruck - Protokoll
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat sich bei seinen Beratungen am 19. Januar zufrieden über die Auswirkungen seiner Geldpolitik geäußert und die Notwendigkeit einer anhaltend lockeren Geldpolitik betont. Wie aus dem jetzt veröffentlichten Protokoll der Beratungen hervorgeht, sahen die Ratsmitglieder trotz des deutlichen Inflationsanstiegs im Dezember keine Anzeichen für einen auf breiter Front anziehenden Preisdruck.
Laut Protokoll waren die Ratsmitglieder überwiegend der Ansicht, dass der Inflationsanstieg vor allem auf Basiseffekten bei den Energiepreisen beruht habe. "Ein substanzieller Akkommodationsgrad der Geldpolitik ist weiterhin notwendig, damit sich der Inflationsdruck im Euroraum aufbauen kann und damit die Inflationsraten mittelfristig in Richtung von unter, aber nahe 2 Prozent steigen können", heißt es in dem Dokument.
Keine indirekten oder Zweitrundeneffekte aus Energiepreisen
Die Ratsmitglieder wiesen demnach darauf hin, dass der jüngste Anstieg der Energiepreise bisher nicht zu indirekten und Zweitrundeneffekten für die breitere Inflation geführt habe. Erfahrungsgemäß könnten solche Effekte mit größerer Verzögerung eintreten.
Der für die grundlegende Inflation wichtige Lohnfindungsprozess sei in vielen Euro-Ländern sehr rückwärtsgewandt. "Insgesamt müssen sowohl Abwärts- als auch Aufwärtsrisiken für den Inflationsausblick genau beobachtet werden", heißt es in dem Protokoll. Der Erfolg der Geldpolitik zeige sich bereits in gestiegenen Inflationserwartungen und verbesserten Refinanzierungsbedingungen.
EZB-Rat hatte Politik im Januar nicht geändert
Der EZB-Rat hatte am 19. Januar beschlossen, sowohl Zinsen als auch Wertpapierkaufprogramme unverändert zu lassen. Zudem wurde die Forward Guidance bestätigt, nach der die EZB ihren Zinsen für längere Zeit auf ihrem aktuellen Niveau belassen oder noch weiter senken wird. Die Zinsen sollen deutlich über die Dauer des Ankaufprogramms hinaus niedrig bleiben.
Ihre Ankäufe wiederum will die EZB so lange fortführen, bis sie einen überzeugenden Anstieg der Inflation in Richtung des Zielwerts von knapp 2 Prozent erkennt. Notfalls will sie ihre Ankäufe sogar ausweiten.
Vor allem in Deutschland wird die EZB-Geldpolitik zunehmend in Frage gestellt. Grund ist der Anstieg der Inflationsrate auf 1,8 Prozent im Januar. Zum Zeitpunkt der Ratssitzung war bekannt, dass die Inflationsrate von 0,6 Prozent im November auf 1,1 Prozent im Dezember gestiegen war.
EZB-Präsident Mario Draghi hatte in seiner Pressekonferenz gesagt, es fehlten weiterhin überzeugende Anhaltspunkte für eine Zunahme des grundlegenden Inflationsdrucks. Über eine schrittweise Verringerung des Ankaufprogramms (Tapering) habe der EZB-Rat gar nicht diskutiert. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hatte zwar an der Sitzung teilgenommen, war aber wegen des Rotationsprinzips nicht stimmberechtigt gewesen.
Weidmann betrachtet Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Niedrigzinsen offenbar als unrealistisch. In der vergangenen Woche sagte er, der jüngste Inflationsanstieg habe vor allem auf dem Ölpreis beruht, der binnenwirtschaftliche Preisdruck sei noch relativ gering. Allerdings warnte Weidmann zugleich davor, das "geldpolitische Gaspedal weiter durchzutreten".
EZB-Rat will Politik der ruhigen Hand befolgen
Im Protokoll heißt es: "Der Rat ist gut beraten, geduldig zu bleiben, eine ruhige Hand zu bewahren und in einem von hoher Unsicherheit geprägten Umfeld für Stabilität und Berechenbarkeit zu sorgen."
Draghi hatte nach der Sitzung des Rats gesagt, dieser habe die Beschlüsse von Dezember einmütig begrüßt. Im Protokoll ist von einer "generellen Zustimmung" die Rede. Außer Weidmann waren am 19. Januar auch die Präsidenten der Zentralbanken Finnlands, Sloweniens, der Slowakei und nicht stimmberechtigt gewesen.
Der EZB-Rat hatte im Dezember - gegen Weidmanns Stimme - beschlossen, die Anleihekäufe bis Ende 2017 auszuweiten, das Monatsvolumen der Ankäufe aber von 80 auf 60 Milliarden Euro zu verringern. Zudem wurde die Mindestrestlaufzeit der ankaufbaren Papieren von zwei Jahren auf ein Jahr gesenkt und der Erwerb von Papieren gestattet, deren Rendite unterhalb des EZB-Einlagenzinses (derzeit minus 0,40 Prozent) liegt.
Von dieser kostenträchtigen Möglichkeit hatte im Januar vor allem die Bundesbank Gebrauch gemacht. Laut Protokoll betrachtete es der EZB-Rat als vorrangig, trotz kleinerer Abweichungen bei den Ankäufen vor allem den EZB-Kapitalschlüssel als Richtschnur einzuhalten und abhängig davon unterhalb des Einlagensatzes zu kaufen. Der EZB-Rat könne diesen grundlegenden Ansatz überprüfen, wenn es zu unerwünschten Auswirkungen auf den Märkten kommen sollte.
EZB könnte Wertpapierausleihbedingungen weiter anpassen
Laut Protokoll registrierte die EZB, dass es in einigen Ländern am Jahresende trotz der verbesserten Möglichkeiten der Wertpapierleihe zu einem deutlichen Rückgang der Repo-Zinsen gekommen sei. Deshalb müssten die Ausleihbedingungen falls erforderlich erneut angepasst werden.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
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February 16, 2017 07:30 ET (12:30 GMT)
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