Höhere Tarifabschlüsse |
11.02.2022 07:12:39
|
EZB-Chefin Lagarde sieht kein Durchschlagen der Inflation auf Lohnforderungen
Löhne orientierten sich grundsätzlich an der Produktivität und an den mittelfristigen Inflationserwartungen, die zurzeit etwa beim Ziel der Europäischen Zentralbank von 2 Prozent lägen, sagte Lagarde. "Erst wenn die Abschlüsse deutlich und anhaltend darüber hinausgehen, könnten sie den Inflationsprozess beschleunigen. Das sehen wir im Moment aber überhaupt nicht." Es sei verständlich und legitim, wenn Gewerkschaften in dieser Lage höhere Löhne forderten, um die Kaufkraft der Arbeitnehmer zu erhalten.
Experten beobachten die Lohnentwicklung aufmerksam, weil sich daraus Hinweise auf sogenannte Zweitrundeneffekte ergeben könnten: Wenn eine steigende Inflation zu höheren Tarifabschlüssen und damit Lohnkosten führt, kann dies wiederum die Teuerung anheizen. Löhne und Preise würden sich also gegenseitig hochschaukeln und die Inflation verfestigen. Damit würde nicht nur das Geld der Verbraucher stärker entwertet, sondern es könnte auch negative Auswirkungen auf Unternehmen und Arbeitsplätze geben.
Wegen der gestiegenen Energiepreise und Lieferprobleme liegt die Inflationsrate in Deutschland zurzeit so hoch wie seit Anfang der 1990er Jahre nicht mehr. Am Freitag will das Statistische Bundesamt Einzelheiten zu den Januarzahlen bekannt geben. Bereits bekannt ist, dass die Rate bei 4,9 Prozent im Jahresvergleich lag. Die Bundesbank geht davon aus, dass die Preise in diesem Jahr um mehr als 4 Prozent zulegen werden.
Lagarde verteidigte in dem Interview erneut die Geldpolitik der EZB und sagte, man mache Fortschritte, das 2-Prozent-Ziel zu erreichen. "Das würde uns erlauben, einige unserer Interventionen zurückzunehmen. Das geht aber nur stufenweise." Zugleich stimmte auch sie Verbraucher darauf ein, dass die Inflation in den kommenden Monaten relativ hoch bleibt. "Ich bin aber zuversichtlich, dass sie im Laufe des Jahres sinkt."
Inflation im Januar bei 4,9 Prozent
Die Inflation in Deutschland ist zu Jahresbeginn unerwartet hoch geblieben. Nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes von Ende Januar legten die Verbraucherpreise im Januar 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat um 4,9 Prozent zu. Ökonomen hatten einen geringeren Anstieg von 4,4 Prozent erwartet. Details zur Entwicklung der Teuerungsrate im Januar gibt die Wiesbadener Behörde am Freitag (8.00 Uhr) bekannt. Im Dezember 2021 hatte die Rate bei 5,3 Prozent gelegen.
Eine höhere Inflation schwächt die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sie sich für einen Euro dann weniger kaufen können als zuvor. Auch an mickrig verzinsten Ersparnissen nagt eine höhere Teuerung. Angeheizt wird die Inflation in Europas größter Volkswirtschaft seit geraumer Zeit vor allem von deutlich gestiegenen Energiepreisen.
Viele Ökonomen erwarten vorerst keine schnelle durchgreifende Entspannung an der Preisfront. Fachleute der Deutschen Bundesbank halten aktuell eine Inflationsrate von deutlich mehr als vier Prozent im Jahresschnitt für wahrscheinlich.
/sey/DP/zb
BERLIN (dpa-AFX)
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!
Weitere Links: