Welt im Wandel 20.09.2020 16:13:00

Ende der Globalisierung? Deutsche Bank warnt Anleger vor neuer Ära

Ende der Globalisierung? Deutsche Bank warnt Anleger vor neuer Ära

• Deutsche Bank sieht Ende der Zeit der Globalisierung voraus
• Handelsstreit und Lücke zwischen den Generationen ursächlich
• Es kommt die Zeit der Unordnung

Die Coronakrise hat einen Trend beschleunigt, der sich schon länger in der Wirtschaft und Politik abgezeichnet hat. Wie die Experten der Deutschen Bank jüngst in einem Bericht über die Aussichten langfristiger Asset-Renditen darlegten, steht die Welt vor einer neuen Ära, die zunächst durch "Unordnung" charakterisiert sein wird, in der die bestehenden Verhältnisse neu zusammengesetzt werden. So trägt der Bericht denn auch den Namen "Das Zeitalter der Unordnung - Die neue Ära für Wirtschaft, Politik und unsere Lebensweise", der federführend von Jim Reid und seinem Team verfasst wurde.

Anleger sollten sich auf geringere Renditen einstellen

Die Quintessenz: Die Zeit der Globalisierung geht zu Ende und mit ihr die Jahre von anhaltend hohen Asset-Bewertungen und starken Aktien- sowie Bond-Renditen. Doch wie kommt diese Verschiebung zustande? Der Bericht hat verschiedene Faktoren ausgemacht. Eine wichtige Ursache ist der mittlerweile seit mehr als einem Jahr währende Handelsstreit zwischen den USA und China. So verkündete US-Präsident Donald Trump erst kürzlich, dass er die amerikanische Wirtschaft von der chinesischen "entkoppeln" wolle. Doch mit der Entkopplung ist es ein zweischneidiges Schwert. Während man sich auf der einen Seite von der Volksrepublik unabhängiger machen wolle, zeigt man sich dennoch sehr besorgt, wenn die Nachfrage aus China dann doch nachlässt, wie es Kelly Evans von CNBC in einem Kommentar formuliert. Es seien Handelsstreitigkeiten wie diese, die der Globalisierung, die bis dato für viel Wohlstand gesorgt hat, ein Ende bereiten werden, warnt die Deutsche Bank. Denn nicht nur die beiden Streitnationen sind betroffen: "Unternehmen, die die Globalisierung mit offenen Armen empfangen haben, werden zwischen den Fronten stecken bleiben, wenn sich die Beziehungen so verschlechtern, wie wir es befürchten", heißt es in dem Bericht.

Die Lücke zwischen Millennials und älteren Generationen wird größer

Als einen weiteren Faktor ermittelt der Bericht die immer größer werdende Lücke zwischen den älteren und jüngeren Generationen, die sich herausbildet und die zu einem Regimewechsel führen könnte. Denn während die Generation der Millennials laut MarketWatch oft als eine Generation von "Habenichtsen" bezeichnet wird, könnte laut der Deutschen Bank eben dieser Umstand dazu führen, dass Reichtum in der Zukunft von der älteren Generation an jüngere umverteilt wird. In der Unzufriedenheit und Perspektivlosigkeit der Jugend liege eine große politische Kraft: "Ein Problem, dass sich schnell als politische Kraft herausstellt, ist die Lücke zwischen den Generationen. Nehmen wir an, dass das Leben für Millennials mit zunehmendem Alter wirtschaftlich gesehen nicht einfacher wird (viele finden Immobilienpreise zunehmend unerreichbar), könnte dies zu einem potenziellen Wendepunkt für die Gesellschaft werden und dementsprechend dazu führen, dass Wahlergebnisse anders ausfallen und es so zu einem Politikwechsel kommt", wie es in dem Bericht heißt.

Schließlich habe sich schon in der Vergangenheit gezeigt, dass es insbesondere junge Menschen waren, die gegen US-Präsident Trump oder den Brexit gestimmt haben und deren Unzufriedenheit dazu führen könnte, dass sie sich künftig noch stärker engagieren, um einen Regimewechsel zu erreichen. Was mögliche Umverteilungsmaßnahmen angeht, sieht die Deutsche Bank insbesondere höhere Besteuerungen von Eigentum, Erbbesitz, Einkommen und Unternehmen als mögliches Szenario voraus. Nach Meinung der Experten sollten sich ältere Generationen dementsprechend auf einen niedrigeren Werteanstieg ihrer Vermögenswerte gefasst machen, als das noch zu Globalisierungszeiten der Fall war.

The "Age of Disorder"

So verschwimmen die schleichenden Ursachen der Neuordnung der politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten mit den Merkmalen dieser neuen Ära, die vielleicht schon in diesem Jahr beginnt. So gehen Jim Reid und sein Team davon aus, dass das neue Zeitalter für Europa entscheidend sein wird. So wird es für Europa künftig schwieriger werden, sich einfach irgendwie "durchzuwurschteln", die Coronakrise hätte bestehende Probleme der Staatengemeinschaft noch deutlicher herausgestellt und würde zusätzlichen Stress generieren. Allerdings wäre so auch das Potenzial für eine stärkere Integration größer geworden.

Zu den weiteren Risiken dieser neuen Ära zählen gemäß der Deutschen Bank unter anderem eine noch weiter steigende Verschuldung, eine wachsende Ungleichheit, die drängender werdende Klimadebatte sowie die Frage, ob es sich bei der Tech-Rally um eine Revolution oder eine Blase handele. "Während viele dieser Themen schon lange existieren, sind sie erst seit kurzem immer stärker miteinander verwoben und haben damit den Untergang der zweiten Ära der Globalisierung, der die Märkte sein 1980 angehören, beschleunigt", heißt es dazu im Bericht.

Dennoch möchte sich die Deutsche Bank in ihrem Bericht nicht völlig festlegen, dass uns diese neue Ära tatsächlich bevorsteht. Und so warnt sie: "In den kommenden Jahren, könnte der größte Fehler, den man macht, darin bestehen, dass man aus vergangenen Trends versucht Ableitungen aufzustellen". Redaktion finanzen.at

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