27.09.2014 08:00:00

EIB-Präsident Werner Hoyer: "Befassen uns zu viel mit Krisenpolitik"

Der Präsident der Europäischen Investitionsbank (EIB), Werner Hoyer, hält es für höchste Zeit, die Alarmglocke zu läuten und endlich aus dem Krisenbewältigungsmodus herauszukommen. In einem Interview mit der APA in Berlin sagte Hoyer: "Wir befassen uns ganz offensichtlich noch zu viel mit Krisenpolitik."

Weiter betonte er: "Seit sieben Jahren sind wir im Krisenbewältigungsmodus. In dieser Zeit haben wir den Blick verloren für das, was außerhalb unserer Grenzen vorgeht."

So habe Europa seit sieben Jahren eine Investitionslücke von etwa 15 Prozent gegenüber dem Jahr 2007. In einzelnen Ländern sei sie noch sehr viel höher als im Durchschnitt.

Außerdem habe Europa schon seit fast zwanzig Jahren eine Innovationslücke. "Wir geben im Vergleich zu den ganz großen Weltmarktkonkurrenten - Korea, Japan, ASEAN, USA, Kanada - viel zu wenig für Bildung, Forschung und Entwicklung aus." Das gelte insbesondere auch für die Umsetzung von Forschungsergebnissen in Produkte und Produktionsverfahren. "Es ist höchste Zeit, dass wir aufwachen und den Anschluss wieder gewinnen. Es ist Zeit, dass da die Alarmglocke geschlagen wird!"

Europa habe in den vergangenen Jahren einen strukturellen Wettbewerbsnachteil gegenüber den wichtigsten Weltkonkurrenten eingefahren. "Deshalb haben wir gegenwärtig nicht nur ein konjunkturelles Problem, sondern ein ganz massives strukturelles Problem."

Die Krisenländer der EU im Süden und die wirtschaftliche Entwicklung in osteuropäischen Mitgliedsländern seien für Hoyer immer noch Anlass zur Sorge. Die Stabilisierung in Südosteuropa sei noch nicht so weit vorangeschritten, wie es wünschenswert wäre. Die Krisenländer innerhalb der Eurozone hätten ihre Probleme noch nicht ausgestanden.

Man könne zwar fast überall sagen, man sei offensichtlich auf dem richtigen Weg. "Nur: Die Menschen empfinden es als zynisch, wenn man sagt, wir haben die richtigen Entscheidungen getroffen - wenn sich dies noch nicht auf dem Arbeitsmarkt und in den Beschäftigtenzahlen niederschlägt."

Die Erwartungen mancher Regierungen an die EIB seien in einer Phase, in der die Politik händeringend nach Lösungen suche, einfach zu hoch. "Wir sind eine riesige Bank, die zwar nicht im Rampenlicht steht, aber immer wieder gefordert wird. Wir können mit unseren Volumina auch Gewaltiges bewegen. Aber wir sind nicht das Allheilmittel", warnt Hoyer vor überzogenen Erwartungen.

Die EIB müsse darauf achten, dass die Unternehmen und die Staaten nur Projekte vorschlagen, die tatsächlich wirtschaftlich tragfähig und durchhaltbar seien. "Da haben wir eine Lücke in Europa. Es ist nicht so, dass wir in guten Projektvorschlägen ertrinken." Teilweise seien die Risiken zu groß.

Es gehe aber auch um das "Better Spending" von Steuergeldern sowie eine massive Verstärkung von Strukturreformen. Erst dadurch entstehe wieder Vertrauen, das Investoren und Projektbetreiber dazu bringe, wieder innovative Investitionsprojekte anzupacken. "Was aber an innovativer Tätigkeit von Unternehmen und Gebietskörperschaften kommen muss, können wir durch unsere Tätigkeit nicht ersetzen. Wir können das nur begleiten."

Außerdem müsse sich der Fokus von Subventionen wegbewegen. Viel eher sollte man sich darauf konzentrieren, steuerliche Gelder zu nutzen, um Kredite zu garantieren als verlorene Zuschüsse zu zahlen. Das ziehe dann wiederum privates Kapital an.

Hoyer, ehemaliger FDP-Poliiker, steht seit knapp drei Jahren der Europäischen Investitionsbank vor. Die EIB mit Sitz in Luxemburg ist die Hausbank der EU für langfristige Finanzierungen und steht im Eigentum der 28 Mitgliedsstaaten.

(Schluss) ekö/stf

WEB http://www.eib.org/

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