13.03.2015 20:24:30
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Deutschland schreibt schwarze Null im Budgetplan bis 2019 fort
--Schäuble plant trotz zusätzlicher Investitionen mit schwarzer Null
--Kabinett will Mittwoch neuen Budgetplan beschließen
--Grüne kritisieren Schäubles Haushaltsvorhaben
(NEU: Kahrs, Kindler, mehr Hintergrund)
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Der Bund hält 2015 trotz zusätzlicher Investitionen an der schwarzen Null im Budget fest und ist entschlossen, auch in den Jahren bis 2019 dauerhaft ohne Neuverschuldung auszukommen. Am nächsten Mittwoch will die Regierung die neue Finanzplanung beschließen und damit das Signal nach Europa senden: Investitionen und Konsolidierung sind nebeneinander möglich.
Allerdings sieht der Plan von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gleich mehrere Budgetkniffe vor. Der Finanzminister rechnet laut Regierungskreisen mit deutlich höheren Steuereinnahmen als die offiziellen Schätzer. Und der Bundesbankgewinn soll voll für Mehrinvestitionen der Kommunen eingesetzt werden - anstatt teilweise zur Schuldentilgung.
10 Milliarden Euro Investitionen aufgeteilt
Schäuble will am Mittwoch neben den Eckwerten für das Budget 2016 auch einen Nachtragshaushalt für 2015 und die Finanzplanung bis 2019 ins Kabinett einbringen.
Darin wird einerseits die genaue Aufteilung des geplanten Investitionspakets von 10 Milliarden Euro von 2016 bis 2018 festgelegt: Mit 4,350 Milliarden Euro soll der mit Abstand größte Einzelbetrag in öffentliche Verkehrsinfrastruktur und digitale Infrastruktur fließen. Rund 1,187 Milliarden Euro sollen in den drei Jahren für mehr Energieeffizienz verwendet, dreistellige Millionensummen zudem für den Klimaschutz und den Hochwasserschutz ausgegeben werden.
Andererseits will die Regierung dieses Jahr 3,5 Milliarden Euro in einen Sonderfonds einzahlen, aus dem bis 2018 Investitionen finanzschwacher Kommunen bezahlt werden. Schäubles Plan sieht vor, diese zusätzlichen Ausgaben für den "Kommunalinvestitionsförderungsfonds" im Nachtragshaushalt gegenzufinanzieren.
Bundesbankgewinn speist nur Investitionen
Der Finanzminister setzt dafür angesichts der florierenden Wirtschaft auf 2,5 Milliarden Euro mehr an Steuereinnahmen als von den Schätzern vorhergesagt, und wegen des niedrigen Zinsniveaus auf knapp 700 Millionen Euro weniger an Zinsausgaben. Aus dem Gewinn der Bundesbank sollen 454 Millionen genutzt werden, die eigentlich der Schuldentilgung dienen.
Die Regeln sehen vor, dass nur 2,5 Milliarden Euro des letztjährigen Bundesbankgewinns von 2,954 Milliarden Euro in den Haushalt fließen dürfen. Aber der Regierungsvertreter sagte, für die Regierung sei es "vertretbar, den Bundesbankgewinn einmalig nicht zur Schuldentilgung zu verwenden, sondern zur Finanzierung kommunaler Investitionen".
Berlin geht es bei der Maßnahme vor allem um ein Signal an die übrigen europäischen Länder. "Mit dem Nachtrag zum Bundeshaushalt wollen wir deutlich machen, dass eine Senkung der Nettokreditaufnahme und die Setzung von politischen Schwerpunkten kein Widerspruch sind", erklärte der Regierungsvertreter. "Nur diejenigen nationalen Haushalte, die konsolidieren, sind dann auch in der Lage, die entsprechenden Schwerpunkte zu setzen."
Grüne kritisieren Schäubles Haushaltspolitik
Die Regierung hat außerdem bereits angekündigt, den Kommunen 2017 weitere 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen, um ihnen so Spielräume für zusätzliche Investitionen zu eröffnen.
Der SPD-Haushaltssprecher Johannes Kahrs lobte die Planung und sah mit den "10 Milliarden Euro mehr Investitionen und 5 Milliarden Euro mehr für die dringende Entlastung der Kommunen" zentrale Forderungen der Sozialdemokraten erfüllt. "Mit dem 15-Milliarden-Paket setzen wir deutliche Akzente für die Finanzplanung über das Ende der Wahlperiode hinaus", meinte er. Das starke Wirtschaftswachstum und die geringen Zinsen gäben der Großen Koalition derzeit den notwendigen Spielraum. "Dass wir dennoch bis zum Ende der Legislatur ohne neue Schulden auskommen, ist ein Kernanliegen der SPD."
Die Opposition übte allerdings Kritik an den Planungen des Finanzministers. "Die Zahlen zum Eckwertebeschluss und zum Nachtragshaushalt sind vor allem eines", sagte der Grünen-Budgetsprecher Sven-Christian Kindler, "viel Show, mit wenig Substanz." In der Summe plane die Koalition Mehrausgaben von über 50 Milliarden Euro bis 2018, doch davon seien gerade einmal 7 Milliarden und die 3,5 Milliarden Euro für Kommunen investiv. "Der Rest versickert im Haushalt."
Schwarze Null steht bis 2019 im Budgetplan
Schäuble nutze die gute Konjunktur und die günstige Zinslage nicht, um dringend nötige strukturelle Reformen im Haushalt anzugehen. Das 10-Milliarden-Paket sei nur "eine Nebelkerze". Fast die Hälfte davon gehe in den Verkehrshaushalt. "Das ist einfallslos und geht an den Bedarfen für Investitionen in die Zukunft vorbei." Die dicke Rechnung komme nach 2018, wenn die Rentenkasse leer und der Investitionsstau noch größer sei.
Der Plan des Finanzministeriums sieht für 2015 nun Ausgaben von 302,6 Milliarden Euro vor, was eine Steigerung um 2,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Kommendes Jahr sollen die Ausgaben dann um 3,3 Prozent auf 312,5 Milliarden Euro steigen und bis 2019 schließlich auf 334,0 Milliarden Euro anwachsen. Diesen Ausgaben sollen in allen Jahren Einnahmen in jeweils gleicher Höhe gegenüber stehen, sodass unter dem Strich eine Neuverschuldung von Null steht.
Mit dem Plan für 2016 erteilt das Finanzministerium auch Forderungen von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) und anderer Sozialpolitiker von SPD und Union eine Absage, die mehr Mittel für Kindergeld und damit zusammenhängende Leistungen fordern, als sie Schäuble derzeit plant. Für solche Mehrausgaben müsse Schwesig "nach der Systematik des Koalitionsvertrages eine Gegenfinanzierung bringen", sagte der Offizielle.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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March 13, 2015 14:54 ET (18:54 GMT)
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