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Milliardenpaket 29.09.2022 17:49:38

Deutsche Regierung will Gaspreise mit Preisbremse dämpfen

Deutsche Regierung will Gaspreise mit Preisbremse dämpfen

Es ist ein gigantisches neues Hilfspaket: Bis zu 200 Milliarden Euro will die Bundesregierung ausgeben, um Verbraucher und Unternehmen vor hohen Energiepreisen wegen des Ukraine-Kriegs zu schützen. Die Preise für Gas und Strom sollen gedeckelt werden, die umstrittene Gasumlage für alle Gaskunden ist vom Tisch. Die angeschlagenen Gaslieferanten sollen stattdessen mit anderen Mitteln gerettet werden. Kanzler Olaf Scholz sprach am Donnerstag von einem "Doppelwumms" - und erinnerte damit an die Staatshilfen in der Corona-Krise, die damals mit "Wumms" aus der Krise führen sollten.

"Die Preise müssen runter", betonte der SPD-Politiker in Berlin. Dafür werde die Bundesregierung alles tun. Das gewaltige Paket solle dazu beitragen, dass Rentnerinnen und Rentner, Familien, Handwerksbetriebe und Industrie die hohen Rechnungen bezahlen könnten. Es gehe darum, als "starke und robuste Volkswirtschaft diese Zeit zu bestehen", sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Mit den 200 Milliarden solle der "Angriff von Russland, von Putins Regime, auf unsere Volkswirtschaft" abgewehrt werden.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) sprach von einem "Energiekrieg um Wohlstand und Freiheit". Scholz stellte klar, dass er spätestens seit den Beschädigungen an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee auf absehbare Zeit kein Gas aus Russland mehr erwarte.

Damit die Preise nun nicht völlig hemmungslos steigen, sind folgende Maßnahmen geplant - viele Details sind allerdings noch offen:

Gaspreisbremse einführen

Mindestens für einen Teil des Verbrauchs sollen die Gaspreise so gedeckelt werden, dass private Haushalte und Unternehmen nicht überfordert sind. Was das genau bedeutet, ist aber noch völlig offen. Eine Kommission soll bis Mitte Oktober Vorschläge machen. Der Bundesregierung ist wichtig, dass trotzdem ein Anreiz zum Gassparen bleibt. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm, die die Kommission leitet, sagte der "FAZ": "Anreize, Gas zu sparen, müssen oberste Priorität haben. Wenn eine Gasmangellage eintritt, dann haben alle verloren, ob mit oder ohne Gaspreisbremse." Auch die Verbraucherzentralen riefen dazu auf, ungeachtet der Preisbremse Gas zu sparen.

Strompreise begrenzen

Auch der Strompreis für einen bestimmten Basisverbrauch soll gedeckelt werden - Details sind auch hier noch offen. Fest steht nur, dass dieser Preisdeckel über eine Abschöpfung hoher Gewinne von Stromkonzernen bezahlt werden soll. Denn Anbieter von Ökostrom zum Beispiel können wegen der hohen Gaspreise derzeit auch für ihren Strom ungewöhnlich viel Geld verlangen. Bis das System funktioniert, soll das staatliche Hilfspaket einspringen.

Gasumlage kippen - Gasimporteure anders retten

Die umstrittene Gasumlage von 2,4 Cent pro Kilowattstunde für alle Gaskunden wird laut Scholz nicht mehr gebraucht. Die Verordnung wird zurückgezogen, bereits gezahltes Geld soll laut Habeck zurückgezahlt werden.

Eigentlich sollte die Umlage dazu dienen, angeschlagene Gasimporteure zu stützen, die bisher mit billigem Gas aus Russland kalkuliert haben. Diese sollen nun auf Staatskosten stabilisierte werden. Für die besonders betroffenen Unternehmen Sefe, Uniper und VNG sollen "maßgeschneiderte Lösungen" entwickelt werden. "Wir werden die Unternehmen, da geht es vor allem um drei, direkt unterstützen, so dass das nicht zu einer Mehrbelastung der Verbraucherinnen und Verbraucher und vieler anderer Unternehmen führt, aber diese Unternehmen trotzdem wirtschaftlich durch diese Situation kommen können und ihre Aufgabe für die Gasversorgung Deutschlands auch weiter wahrnehmen können", sagte Scholz.

Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme reduzieren

Dabei bleibt es trotz des Wegfalls der Gasumlage: Die Mehrwertsteuer auf die Lieferung von Gas soll wie geplant vom 1. Oktober an von 19 auf 7 Prozent reduziert werden. Gleiches solle auch für Fernwärme gelten, sagte Habeck. Die Maßnahme soll bis zum 31. März 2024 gelten. Die Finanzmittel dafür sind nicht in dem bis zu 200 Milliarden Euro schweren Abwehrschirm enthalten, sondern werden zusätzlich aus dem normalen Haushalt gestemmt. Am Freitag soll der Bundestag über die temporäre Steuersenkung entscheiden.

Unternehmen helfen

Für Firmen, die nicht ausreichend von den Strom- und Gaspreisdeckeln profitieren, soll es Liquiditäts- und Eigenkapitalhilfen geben. Diese sollen zielgerichtet darauf ausgerichtet werden, wie groß die durch den russischen Krieg in der Ukraine verursachte Notlage ist, um Mitnahmeeffekte auszuschließen.

Finanzierung über Sondervermögen

Die 200 Milliarden Euro sollen nicht aus dem regulären Bundeshaushalt kommen, sondern aus dem sogenannten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Dieses Sondervermögen war in der Corona-Krise zur Rettung größerer Unternehmen gebildet worden und wird nun wiederbelebt. Der Bund will es "mit zusätzlichen Kreditermächtigungen" in Höhe von 200 Milliarden Euro füttern. Dafür muss der Bundestag erneut eine Ausnahme der Schuldenbremse beschließen. Auch wenn das Geld über die nächsten Jahre peu a peu abfließen wird, soll es noch in diesem Jahr bereitgestellt werden. So muss Lindner sein Versprechen nicht brechen, im kommenden Jahr die Schuldenbremse wieder einzuhalten.

Der Finanzminister betonte, Krisenausgaben würden so auch klar von der regulären Haushaltsführung getrennt. Das sende das Signal an die Kapitalmärkte, das Deutschland an seiner stabilitätsorientierten Finanzpolitik festhalte. Außerdem sei das Paket auch eine "Art Inflationsbremse", indem die Preisentwicklung gedämpft und das Angebot ausgebaut werde.

Lindner rief die oppositionelle Union auf, das milliardenschwere Paket zu unterstützen. "In einer solchen Situation, wie wir sie jetzt haben, erwarte ich auch, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Prinzip dem Vorgehen zustimmt", sagte er. Unionsfraktionschef Friedrich Merz zeigte sich kritisch: "Wir haben jetzt ein Preisschild", sagte er. Man wisse aber nicht, welches Instrument damit angeschafft werden solle. Es sei nicht nachzuvollziehen, wie der Bedarf von 200 Milliarden Euro ermittelt worden sei. Völlig offen bleibe, wie die Gas- und Strompreisbremse gestaltet werden solle.

BERLIN (dpa-AFX)

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Bildquelle: RWE AG,Schroders
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