10.02.2025 09:57:31

Der Zöllner

Kolumne

An der Börse war es, zumindest im Vergleich zur Vorwoche, einigermaßen ruhig. Kein KI-getriebener Schwarzer Schwan flatterte übers Parkett, ohne sich groß niederzulassen. Dafür wurden Zölle angekündigt und wieder verschoben. Weshalb sich der Dax gedacht hat, er könnte mal wieder neue Allzeithochs ansteuern, "Dax müht sich zu nächstem Rekordhoch", nennt es die Börsen-Zeitung. Bitte, gerne, wir schätzen diese Mühe.

Wobei die globale Nachrichtenlage weiterhin alles andere als erfreulich ausfällt und die nationale eigentlich auch. Das Unwort des Jahres könnte auf Zölle fallen, denn diese beherrschten die Medien. Kleine Anmerkung: Zachäus, der Zöllner aus der Bibel, bekannte sich zu seinen Sünden, gelobte Besserung, Erstattung der geraubten Güter und wollte die Hälfte seines Vermögens an Arme spenden. Ein Vorbild? Aber immerhin können wir uns jetzt wieder selbst überraschen, welcher Partei wir unsere Stimme geben sollen, denn: der Wahl-O-Mat ist wieder online. Bekanntlich ist er oftmals ein "Wahl-Oh-Watt?"! Alles in allem keimt in uns die Sehnsucht nach guten Nachrichten auf, schließlich haben immer mehr unserer Bürger das latente Gefühl, dass hierzulande der Wurm drin ist. Da ist es doch erfreulich, dass ein solcher tatsächlich entdeckt wurde, ausgerechnet in Niederbayern fand eine Biologin eine neue Wurm-Art, informierte uns die Süddeutsche Zeitung. Ob er Schuld an der Misere ist, wer weiß das schon? Jedenfalls hört er, wenn Würmer denn hören, auf den Namen Helodrilus bavaricus.

Tradition On Fire

Ein entschlossener Donald Trump tritt auf uns zu, ein Warren Buffett in schwarz-weiß wird halbiert und die ganze Welt bildet den Horizont - so präsentieren sich die aktuellen Titelseiten von Der Aktionär, Börse Online und Focus Money. Der Aktionär setzt die Headline mit "Trump on Fire", die geballten Fäuste des US-Präsidenten bedeuten für das Magazin: "Rüstung, KI, Autos und Co - 4 Aktien profitieren besonders stark von Trumps Vollgas-Politik". Auch wenn im Heft deutsche Auto-Aktien behandelt werden, zu den vier auserwählten zählen sie nicht. "Die Rückkehr der Traditions-Aktien", prophezeit Börse Online und stellt fest: "Buffet & Co sind schon dabei". Jetzt aber hurtig, denn "bis zu 50% Rendite mit den besten & günstigsten Substanzwerten der Welt" seien zu erwarten. "Das perfekte Welt-Depot" kennt hingegen Focus Money und rät uns: "Einmalige Chancen nutzen, neue Risiken vermeiden - mit Aktien, Fonds, ETFs bis zu 150 Rendite". Was gehen uns dann noch die Zölle an?

Garagen-Inhalt

Wir haben endlich des Pudels Kern entdeckt und herausgefunden, warum die Start-Up-Szene in Deutschland gegenüber den USA so meilenweit hinterherhinkt. Versuchen Sie doch einmal, hierzulande eine Firma in ihrer Garage zu gründen! Das ist kaum möglich, denn in Deutschland darf in einer Garage nur ein Auto stehen, und keine Firmengründung zünden. Zur Not noch etwas Kleinkram, Bedingung ist aber immer, dass die - ja immer raumgreifender werdenden Autos - noch ausreichend Platz finden. So ist es in den jeweiligen Bauordnungen der Länder vorgesehen, weshalb der Münchner Merkur erklärt: "Was in die Garage darf - und was nicht"! Schon Fahrräder sind eigentlich nicht zulässig, und vor allem darf nichts Brennbares in der Garage aufbewahrt werden. Mit Blick auf die Brennbarkeit gerade auch von E-Autos aber auch Benzinern scheint uns das ein Widerspruch zu sein. Nicht lösen konnten wir auch die Frage, was mit einer Garage passieren soll, wenn deren Besitzer nicht mehr Besitzer eines Autos ist. Vielleicht bestünde dann ein wenig Hoffnung auf einen Firmengründung?

Stress-Medaillen

Wir hatten es an dieser Stelle bereits mehrfach zu tun mit dem fehlenden Arbeitswillen einiger/vieler unserer Mitstreiter im Alltag. "Malochen" beispielsweise sei ein typisches Boomerwort und der jüngeren Generation gar nicht mehr bekannt, haben wir erst kürzlich gelesen. Nun erfahren wir aus der WirtschaftsWoche, dass das Gegenteil von Faulsein irgendwie auch nicht verfängt, vor allem, wenn man damit angibt: "Ist es klug, mit Stress zu prahlen?" fragt das Magazin. Über die Hälfte, nämlich 52 Prozent der Deutschen fühlen sich gestresster als früher, gleichzeitig würden gestresste Menschen aber als "begehrter und erfolgreicher" wahrgenommen. Und wer will das nicht? Für diesen wie eine Monstranz vorangetragenen Stress gibt es eine eigene Bezeichnung: "Stress Bragging", also Stressprahlerei. Wir gestehen, vor lauter Stress bisher davon noch nie gehört zu haben, auch wenn wohl jeder die Kollegin, den Kollegen kennt, der stundenlang davon erzählen kann, dass er keine Zeit hat, und allen anderen damit diese, also die Zeit, stiehlt. Nach einer Studie der Universität der Bundeswehr liegt die Motivation solch Stressangeberei entweder darin, möglichst wenig Arbeit zu bekommen, oder man steht tatsächlich kurz vor dem Burn-Out. Und, wenn wir weitere Studien richtig interpretieren, ist es wie beim Rauchen: Man steckt das Umfeld an. Der Rat: Gelassen bleiben und diesen Kollegen möglichst nicht in den übervollen Terminkalender stolpern…

Ulrich Kirstein ist Pressesprecher der Börse gettex. Der Betriebswirt und Kunsthistoriker schreibt über Literatur und Börse, interviewt alle 14 Tage in Börse am Donnerstag den Leiter Marktsteuerung und hat u.a. mit Christine Bortenlänger Börse für Dummies und Aktien für Dummies verfasst.

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