28.04.2014 19:14:59
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DER STANDARD-Kommentar: "Von Monstern und Zeitgeistern" von Michael Völker
Wien (ots) - Ein fliegendes Spaghettimonster versetzt die ÖVP in Angst und Schrecken: Niko Alm, ein Nationalratsabgeordneter der Neos, will die "Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters" offiziell als "religiöse Bekenntnisgemeinschaft" anerkennen lassen. Immerhin gebe es in Österreich bereits 450 bekennende "Pastafaris". In der ÖVP wittert man den Skandal und sieht endlich die Möglichkeit gekommen, den Neos eins überbraten zu können. "Religionsfeindlich" sei das, heißt es in offiziellen Aussendungen der Partei.
Die Religion des fliegenden Spaghettimonsters versteht sich als ironische, kritische Bewegung gegen religiöse Inhalte im Unterricht. Den Witz muss man nicht verstehen, und Ironie ist der ÖVP fremd. Deren Generalsekretär postet jetzt Fotos, die Parteichef Michael Spindelegger zeigen, wie er am Sonntag in Rom Papst Franziskus die Hand schüttelt, auf der anderen Seite Niko Alm mit einem Nudelsieb, der offiziellen, aber vielleicht nicht hundertprozentig ernst gemeinten Kopfbedeckung der "Pastafaris". Das sei eben der Unterschied zwischen ÖVP und Neos. Die Kommentare dazu: abstoßend, denen ist nichts heilig...
Es ist schön für Spindelegger, dass er vor seiner Budgetrede noch Zeit gefunden hat, beim Papst vorbeizuschauen, aber so wird die ÖVP der Konkurrenz der Neos nicht beikommen. Das Spaghettimonster ist nicht das Wappentier der Neos, Alms Kampf gegen Kirchenprivilegien nicht Parteilinie. Tatsächlich sind die Neos inhaltlich sehr breit aufgestellt, das ergibt sich auch aus den unterschiedlichen Charakteren, die im bunt zusammengewürfelten Nationalratsklub zusammengefunden haben.
Die Absicht der ÖVP ist klar: Dort einen Keil hineinzutreiben. Das konservativ-bürgerliche Lager, das sich auch bei den Neos findet, gegen diejenigen auszuspielen, die politisch gesehen aus der anderen Richtung kommen und ungewöhnliche Ideen vertreten. Dass einem Alm auf die Nerven gehen kann, werden auch seine Parteifreunde so erleben. Aber noch sind die Neos selbstbewusst genug, um auch sehr unterschiedliche Persönlichkeiten und Zugänge auszuhalten. Parteichef Matthias Strolz war in seinem bürgerlichen Beruf Coach und Moderator, das sollte er hinbekommen.
Anders als bei Stronach, dem sich politische Hasardeure mit dem Ausblick auf finanzielle Beute angeschlossen hatten, gab es bei den Neos einen geordneten Zulauf. Da standen für viele die Überzeugung und die Absicht, etwas verändern zu wollen, im Vordergrund. Tatsächlich sind die Neos auch für die meisten Wähler eine Projektionsfläche der Unzufriedenheit mit den herrschenden Zuständen. Dass Politik so läuft, wie sie läuft, ist für viele unfassbar. Die Neos waren ein Auffangbecken für diese Fassungslosigkeit. Und sie boten die Perspektive, dass man sich konstruktiv einbringen könne. Dem hatten die Grünen wenig und die ÖVP gar nichts entgegenzusetzen. Michael Spindelegger treibt die Volkspartei in eine ideologische Verengung, aus der viele flüchteten - auch zu den Neos. Das Spaghettimonster wird dort niemanden abschrecken. Um den Wählerabgang zu stoppen, wird sich die ÖVP ändern müssen - nicht dem Zeitgeist anpassen, aber der Zeit. Sie muss Inhalte und Positionen überdenken, aber auch ihre Darstellung. Und vielleicht auch den Koalitionspartner. Dann könnte sich auch die weiße Taube mit dem Spaghettimonster versöhnen. Es beißt nicht.
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