31.03.2016 16:40:00
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Defizit 2015 trotz teurer Banken-Hilfen bei nur 1,2 Prozent
Das Bankenpaket hatte am 3,9 Mrd. Euro schweren Defizit einen Anteil von rund 2,2 Mrd. Euro. Die Ausgaben für die Bankenhilfen betrugen laut den "Öffentlichen Finanzen 2015" der Statistik Austria 2,7 Mrd. Euro, die Einnahmen (Dividenden und Zinseinnahmen) rund 600 Mio. Euro. Damit hob das Paket das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit von gut 0,5 Prozent des BIP um mehr als 0,6 Prozentpunkte auf knapp 1,2 Prozent. Zuletzt niedriger war das Defizit im Jahr 2001, als man ein Minus von 0,6 Prozent des BIP erwirtschaftete. Statistik Austria-Generaldirektor Konrad Pesendorfer verwies darauf, dass das Defizit ohne die Bankenhilfen den niedrigsten Wert seit dem EU-Beitritt Österreichs bedeuten würde.
Mit den 1,2 Prozent lag das Defizit deutlich unter jenem des Jahres 2014 (2,7 Prozent) und übertraf auch alle Erwartungen von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP). Im Herbst 2015 war dieser noch von einem Defizit von 1,9 Prozent des BIP ausgegangen. Auch die optimistischere Prognose im Budgetvoranschlag vom April 2014 (-1,4 Prozent) wurde letztendlich unterboten.
Die Gründe für die gute Defizit-Entwicklung sind laut Pesendorfer sowohl auf Einnahmen- als auch auf Ausgabenseite zu suchen. Die Einnahmen sind um 3,8 Prozent gestiegen, den Löwenanteil davon machten erneut Steuern und Sozialabgaben aus. Und diese stiegen 2015 um 4,3 Prozent an. Pesendorfer verwies darauf, dass dies keineswegs an der Konjunktur gelegen haben könnte, vielmehr wäre dies dem Effekt der sogenannten "Kalten Progression" zu verdanken; weiters habe es Vorzieh-Effekte aufgrund der Erhöhung bei der Kapitalertragssteuer gegeben, die ab Jänner 2016 angehoben wurde. Gleichzeitig sei eine "sehr restriktive Ausgabenpolitik" zur Anwendung gekommen. Außerdem seien die Ausgaben für die Bankenpakete niedriger als zuvor gewesen. Und auch die niedrigen Zinsen - die Ausgaben in diesem Bereich waren um 2,4 Prozent rückläufig - spielten eine Rolle.
Die Schuldenquote lag 2015 mit 86,2 Prozent des BIP etwas niedriger als vom Finanzministerium im Voranschlag erwartet: Darin ging man noch von 86,5 Prozent aus. Gegenüber dem Jahr 2014 (84,3 Prozent bzw. 277,4 Mrd. Euro) bedeuten die Schulden von 290,7 Mrd. Euro dennoch einen Anstieg. Ohne die Sondereffekte aus dem Bankenpaket wäre auch die Schuldenquote deutlich niedriger ausgefallen und bei 77,5 Prozent des BIP gelegen. Insgesamt machten die Schulden aller Abbaueinheiten (Hypo/HETA, KA Finanz und jene der Volksbanken-Bad Bank Immigon) 29,4 Mrd. Euro aus. Den Löwenanteil an den 29,4 Mrd. Euro Schuldenstand hatte 2015 die HETA mit 15,3 Mrd. Euro, gefolgt von der KA Finanz mit 11,9 Mrd. Euro und der Immigon mit 2,3 Mrd. Euro.
Fix sein dürfte für 2015 das Erreichen des sogenannten "strukturellen Nulldefizits" (ein um Einmaleffekte und Konjunkturschwankungen bereinigtes Defizit). Angesichts dessen, dass das Maastricht-Defizit ohne die Bankenhilfen bereits bei 0,5 Prozent des BIP liegen würde, ist sich Pesendorfer sicher, dass man die vorgeschriebene Grenze von 0,45 Prozent des BIP eingehalten hat (so ist ja die Bankenhilfe einer der Posten, die aus dem strukturellen Defizit herausgerechnet wird).
Für "durchaus möglich" hält Pesendorfer das Ziel von Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP), bis 2019 ein "echtes" Nulldefizit (nach Maastricht) zu erreichen. Gleichzeitig verwies er auf zahlreiche Unsicherheiten - so sei dies von der Konjunkturentwicklung abhängig, aber auch davon, wie hoch etwa die Kosten zur Bewältigung der Flüchtlingsströme ausfallen werden.
Zu eben diesen Ausgaben konnte die Statistik-Behörde für das Jahr 2015 keine exakten Angaben liefern. Die Kosten dürften in etwa bei 500 Mio. Euro gelegen sein, "spielentscheidend" seien diese Aufwendungen jedenfalls nicht gewesen. Auf Prognosen für die kommenden Jahre wollte er sich nicht einlassen.
Auf Länderebene erwirtschafteten alle Bundesländer außer Wien, Niederösterreich und Oberösterreich Überschüsse. Das größte Plus erzielte mit 157 Mio. Euro das Land Salzburg. Ein Minus verzeichneten Oberösterreich (27 Mio. Euro), Niederösterreich (149 Mio.) sowie Wien mit 242 Mio. Euro. Der Schuldenstand pro Kopf war in Kärnten mit 5.711 Euro am höchsten, gefolgt von Niederösterreich mit 4.844 Euro.
Naturgemäß erfreut reagierten die Vertreter der Koalitionsparteien auf die vorliegenden Daten. "2015 ist budgetär erfolgreich abgeschlossen, trotz Krise und der sozialen Herausforderungen, mit denen wir 2015 konfrontiert waren", meinte SPÖ-Budgetsprecher Jan Krainer. Für ÖVP-Budgetsprecherin Gabriele Tamandl ist das Ergebnis "ein erster erfolgreicher Schritt zur Schuldenrückführung und dem Ziel, ein ausgeglichenes Budget zu erreichen".
Weniger freundlich fiel hingegen das Urteil der Opposition aus: FPÖ-Budgetsprecher Roman Haider vermisste "nachhaltigen Reformen". Für ihn habe nur die Kalte Progression sowie die weiterhin niedrigen Zinsen einen Anstieg des Defizits verhindert. Der Grüne Budgetsprecher Bruno Rossmann meinte angesichts der Daten, er verstehe nicht, warum Schelling immer wieder von einem "Ausgabenproblem" spreche. Und NEOS-Finanzssprecher Rainer Hable drängte zu weiteren Reformen, die Bundesregierung dürfe sich jetzt nicht auf "scheinbaren Lorbeeren" ausruhen.
Reformen sehen will auch WIFO-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller. Zwar seien die Daten erfreulich, sie erinnerte aber daran, dass nicht alle im Jahr 2015 schlagend gewordene Effekte auch in den folgenden Jahren wieder auftreten werden. Daher müssten Reformen und bereits angekündigte Schritte - etwa im Pensionsbereich - konsequent umgesetzt werden.
(GRAFIK 0352-16) (Schluss) hac/dru
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