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27.03.2020 13:40:00
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Coronavirus - Bank Austria: Industrieproduktion bricht heuer 7 % ein - RBI sieht U-förmigen Konjunkturverlauf
Dieser markante Rückgang weise auf eine "abrupte Verschärfung" der seit dem Frühjahr 2019 laufenden Industrie-Rezession hin, erklärte Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer am Freitag in einer Aussendung. Dass sich das Produktionsminus heuer im Gesamtjahr auf 7 Prozent begrenzen lasse, stehe unter dem Vorbehalt, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Ausbreitung in der zweiten Jahreshälfte schrittweise wieder rückgängig gemacht werden können.
Von den Experten der Bank wird ein V-förmiger Verlauf der Industriekonjunktur für 2020 erwartet - mit einem starken Einbruch in den kommenden Monaten, dem aber im dritten Quartal (Juli bis September) eine starke Gegenbewegung nach oben folgen sollte. "Damit wären die Einbußen der heimischen Industrie im Jahresdurchschnitt geringer als in der Finanzkrise". Zudem sollte die Industrie die Krise besser durchtauchen können als etwa viele Dienstleistungsbranchen. Der EMI sank im März gegenüber dem Vormonat von 50,2 auf 45,8 Punkte, lag im Herbst 2019 (September und Oktober) aber leicht unter diesem Wert.
Grund für die starke Produktions-Senkung - dieser Teilindex fiel, anders als der EMI insgesamt, auf den tiefsten Wert seit der Finanzkrise - seien nicht nur die Einschränkungen im öffentlichen Leben samt Betriebsschließungen, sondern auch Folge eines drastisch nachlassenden Neugeschäfts. "Die Auftragsentwicklung verringerte sich im März dramatisch", so Bank-Austria-Ökonom Walter Pudschedl.
Wegen des starken Nachfragerückgangs sanken die Auftragspolster trotz der Produktionsrücknahme deutlich. Es wurden also mehr Order abgearbeitet als neue hinzukamen. Der Rückgang des Produktionsindex um fast 9 Punkte auf 42,5 Zähler in einem Monat war der stärkste seit Umfragebeginn vor über 20 Jahren.
Österreichs Industrieentwicklung verläuft übrigens ziemlich analog der internationalen Entwicklung: In der Eurozone zeigte der vorläufige EMI für die Verarbeitende Industrie ebenfalls einen deutlichen Einbruch - um 4,4 auf 44,8 Punkte. In Deutschland, dem wichtigsten Handelspartner der österreichischen Industrie, fiel der Rückgang noch relativ überschaubar aus, in Südeuropa gab es teils aber massive Industrieeinbrüche.
Coronavirus - RBI sieht für heuer U-förmigen Konjunkturverlauf
Anders als das Wifo und das IHS rechnet die Raiffeisen Bank International (RBI) für heuer mit einem U-förmigen Konjunkturverlauf und ist daher etwas pessimistischer für die heimische und europäische Wirtschaft als die beiden Wirtschaftsforschungsinstitute. "Wir sehen nicht so einen starken Rebound wie das Wifo und das IHS", sagte RBI-Chefanalyst Peter Brezinschek am Freitag in einer Telefonkonferenz.
Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und das Institut für Höhere Studien (IHS) gehen von einem V-förmigen Rezessionsverlauf - also von einer kräftigen wirtschaftlichen Erholung im zweiten Halbjahr und dann 2021 - aus, während die RBI damit rechnet, dass es etwas länger dauern wird, bis die Wirtschaft in Europa - anders als in China - nach ihrem Stillstand im zweiten Quartal wieder zum Normalniveau zurückkehrt. In der Volksrepublik sei bereits zwei Monate nach dem Ausbruch eine spürbare Eindämmung der Infektionen erreicht und die Wirtschaft wieder schrittweise hochgefahren worden. Für Europa unterstellt die RBI jedoch, dass sich die Eindämmung um ein bis zwei Monate länger ziehen wird als in China.
"Wir haben ein bisschen pessimistischere Zahlen, weil die Auslastung im Q3 in unseren Schätzungen noch weit entfernt ist von der Normalität", so Brezinschek. Für heuer gehen die RBI-Analysten daher von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von 4,0 Prozent für die Eurozone und von 4,5 Prozent für Österreich aus. Bei der gestrigen Präsentation der Prognosen haben das Wifo und das IHS im günstigsten Fall einen Rückgang der Wirtschaftsleistung von 2 bzw. 2,5 Prozent veranschlagt.
Für das zweite Quartal alleine rechnet die RBI für Österreich mit einem BIP-Rückgang im zweiten Quartal von rund 8 Prozent - das wäre höher als jeder Quartalsrückgang während der Finanzkrise, so RBI-Analyst Matthias Reith am Freitag. Für das dritte und vierte Quartal 2020 prognostizieren die Analysten allerdings wieder ein Plus beim Wirtschaftswachstum von 1,0 bzw. sogar 5,0 Prozent. Die Corona-Rezession dürfte zwar stärker, aber auch kürzer ausfallen als die Rezession in der Finanzkrise 2008. "Die Corona-Rezession ist im Prinzip eine Rezession im Schnelldurchlauf," so Reith weiter.
Die aktuellen Prognosen seien jedoch in jedem Fall nur als temporärer zu sehen und müssten in den kommenden Wochen mit den sich verändernden Rahmenbedingungen rund um staatliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus sowie rund um die Entwicklung der Infektionszahlen immer wieder neu evaluiert werden, ergänzte Brezinschek.
Im Hinblick auf die derzeitigen Regierungsmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus pflichtete Brezinschek den gestrigen Aussagen der Wifo- und IHS-Ökonomen bei, dass bei einer möglichen Verlängerung der Maßnahmen unbedingt auf eine Verhältnismäßigkeit zwischen gesundheitlichen Vorkehrungen und wirtschaftlichen Folgen zu achten sei. Es wäre nicht ratsam, zu versuchen, ein Problem zu 100 Prozent zu lösen, nur um ein anderes Problem neu zu schaffen, so Brezinschek. Wesentliche Änderungen der Maßnahmen bis zum Osterwochenende erwarte er aber nicht, so Brezinschek. Auch Wifo-Chef Christoph Badelt hatte am gestrigen Donnerstag gesagt: "Es besteht die dringende Empfehlung, das Hochfahren der Wirtschaft wieder ernsthaft zu überlegen".
(Schluss) sp/ivn
APA
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