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30.04.2019 08:41:00
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Commerzbank im Fokus: Hochzeit geplatzt - Die Brautschau kann beginnen
DAS IST LOS BEI DER COMMERZBANK:
Gerade haben die blaue und die gelbe Bank die Idee von einem einzigen großen deutschen Geldinstitut beerdigt, schon muss Commerzbank-Chef Zielke die nächsten Gerüchte einfangen. "Wir sind alleine stark genug, um unseren Weg zu gehen", sagte der Manager der "Welt am Sonntag". Von einem Verkauf an die Unicredit oder die ING, die beide bereits in Deutschland aktiv sind, will er nichts wissen. "Ich verstehe, dass Sie das interessiert. Aber zu Gerüchten werde ich mich nicht äußern", sagte Zielke.
Dabei wirkt die Commerzbank mit einem Börsenwert von nur rund zehn Milliarden Euro wie ein Schnäppchen für ein ausländisches Institut, das auf einen Schlag zu einem der größten Mitspieler unter den deutschen Banken aufsteigen will. Wegen der vielen Sparkassen und Genossenschaftsbanken gilt der Markt in Deutschland als arg zersplittert. Auch deshalb hatten Deutsche und Commerzbank ihre Fusion durchgespielt.
Mit der Bündelung von Zentralfunktionen und der Schließung vieler Filialen hätten die beiden erhebliche Kosten einsparen können. Die Gewerkschaft Verdi bangte für den Fall einer Fusion um mindestens 30 000 Arbeitsplätze. Doch am Ende waren die Chancen die Risiken nicht wert, wie Commerzbank-Chef Zielke und Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing vergangenen Donnerstag nach mehrwöchiger Prüfung einräumten. Ihre Häuser sollen sich jetzt wieder auf ihre eigenen Stärken konzentrieren. Das gilt auch für ihre bekannten Pläne für Geschäftsumbau und Kostensenkung.
Ganz so einfach scheint es aber nicht. "Wir haben eine klare Strategie, aber auch die muss immer wieder auf den Prüfstand", sagte Zielke. Dies bedeute jedoch nicht, dass man es nicht allein schaffen könne. "Das Privatkundengeschäft hat seine sehr positive Entwicklung fortgesetzt und auch im Firmenkundengeschäft sehen wir Fortschritte."
Unicredit und ING haben ihr angeblich erwachtes Interesse an der Commerzbank bisher nicht bestätigt. Beide Banken sind mit eigenen Einheiten im deutschen Privatkundengeschäft aktiv und könnten diese mit einer Übernahme kräftig aufwerten. Laut Bankenexperte Jan Pieter Krahnen von der Goethe-Universität Frankfurt wäre die Commerzbank als Ganzes durchaus interessant für Wettbewerber - "vorausgesetzt die Aufstellung des Instituts wird radikal verändert, verbunden mit Stellenabbau".
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Die Absage der Großfusion hat Analysten bisher nicht in Scharen von der Commerzbank-Aktie weggetrieben. Unter den 19 im dpa-AFX Analyser erfassten Branchenexperten rät bisher nur Tobias Lukesch vom Analysehaus Kepler Cheuvreux dazu, sich von den Papieren zu trennen. 12 Analysten empfehlen, die Aktie zu halten, weitere 6 raten weiterhin zum Kauf.
Im Schnitt erwarten die Experten sogar, dass es für den Kurs von derzeit rund 8 Euro absehbar weiter bis auf rund 9 Euro aufwärts geht. Und das, obwohl der Traum der Übernahme durch die Deutsche Bank ausgeträumt ist. Noch ist zwar noch nicht aller Tage Abend - doch ob und wie schnell ein anderer Kaufinteressent dem Aktienkurs neuen Schwung verleiht, ist offen.
Einige Analysten halten die Commerzbank weiterhin für ein Übernahmeziel. "Aus unserer Sicht braucht Deutschland eine Konsolidierung unter seinen Banken", schreibt der renommierte JPMorgan-Analyst Kian Abouhossein. Die Commerzbank komme im deutschen Kreditgeschäft nur auf einen Marktanteil im mittleren einstelligen Prozentbereich - und steuere 2021 auf eine Eigenkapitalrendite (RoTE) von gerade einmal knapp fünf Prozent zu.
Aus Abouhosseins Sicht wäre eine Übernahme durch die Unicredit ein besserer Deal, als wenn die Commerzbank unter das Dach der ING schlüpfen würde. So sei die Unicredit mit den Filialen ihrer Tochter HVB bereits breiter in Deutschland vertreten. Daher winkten bei einem Zusammengehen Kosten-Einsparungen von 1,5 Milliarden Euro. Die ING baut im deutschen Privatkundengeschäft hingegen vor allem auf ihre Direktbank, die bis vor Kurzem als ING DiBa firmierte. Die ING könne zusammen mit der Commerzbank nur mit Synergien von jeweils 300 Millionen Euro bei Erträgen und Kosten rechnen, schätzt der Experte.
Abouhossein hält dennoch beide Optionen für sinnvoll. Die Vorstände von Unicredit und ING seien sehr geachtet. Und beide dürften nach einer Übernahme das Mittelstandgeschäft der Commerzbank aggressiv ausbauen. Der Deutschen Bank stehe daher in beiden Fällen ein stärkerer Wettbewerb auf ihrem Heimatmarkt bevor, schätzt der Analyst.
Auch Kepler-Experte Lukesch kann sich eine Kombination aus Commerzbank und Unicredit vorstellen, da mit der HVB ein deutscher "nationaler Champion" entstünde. Er hält dies aber eher für ein langfristiges Szenario. Der Fokus richte sich zunächst wieder auf den Umbau der Commerzbank selbst, der allerdings enttäuschend verlaufe.
Der derzeitige Aktienkurs rechtfertigt sich aus Sicht von RBC-Analystin Anke Reingen vor allem durch die Aussicht auf weitere Übernahmeinteressenten. Reingens Kursziel liegt mit 8 Euro ziemlich genau auf Höhe des aktuellen Niveaus. Und die Expertin hat bei ihrer Einschätzung bereits einen Euro Fusionsprämie eingerechnet.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Die Aussicht auf den Zusammenschluss mit der Deutschen Bank hat der Commerzbank-Aktie in diesem Jahr ein Kursfeuerwerk beschert. Seit dem Jahreswechsel legte sie um rund 40 Prozent zu und damit etwa doppelt so stark wie der MDAX. Auch die Enttäuschung über den geplatzten Deal schadete dem Kurs nicht lange. Hatte er wenige Tage vor dem Fusions-Aus mit 8,255 Euro den höchsten Stand des laufenden Jahres erreicht, eroberte er nach einem kurzen Abtauchen auf 7,51 Euro wieder die Marke von 8 Euro zurück.
Längerfristig gesehen bietet die Commerzbank-Aktie den Anteilseignern jedoch keinen Grund zur Freude. Trotz der jüngsten Zugewinne ist das Papier noch immer ein Viertel weniger wert als vor einem Jahr. Wer vor fünf Jahren eingestiegen ist, sitzt sogar noch auf Kursverlusten von fast 40 Prozent. Seit August 2008 - also vor der Übernahme der Dresdner Bank und der Finanzkrise - summiert sich das Minus sogar auf etwas mehr als 90 Prozent. Mehr haben seitdem nur wenige Bank-Aktien an Wert verloren.
Auch zehn Jahre nach der Rettung des Instituts durch den Steuerzahler in der Finanzkrise ist die Bundesrepublik der größte Anteilseigner der Commerzbank. Er hält immer noch 15 Prozent der Aktien. Wollte Vater Staat hier ohne Verlust herauskommen, müsste der Kurs laut Auskunft der Bundesregierung auf etwa 26 Euro steigen. Doch das ist Analysten zufolge nicht in Sicht. Angesichts der Niedrigzinsen und mauer Gewinnaussichten werden die Aktien der größten deutschen Banken schon lange nur mit einem Bruchteil ihres Buchwerts gehandelt.
/stw/zb/he
FRANKFURT (dpa-AFX)
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