10.02.2017 12:04:42
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Commerzbank: EZB sollte Preisblasen frühzeitig bekämpfen
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte nach Aussage des Chefvolkswirts der Commerzbank, Jörg Krämer, ihre Zinsen erhöhen, um der Gefahr zu starker Preisanstiege bei Vermögenswerten zu begegnen. Krämer weist darauf hin, dass der so genannte Finanzzyklus inzwischen gedreht habe, so dass nicht mehr ganz so niedrige Leitzinsen angemessen seien. "Es wird Zeit, dass sich die EZB nicht weiter hinter den Bankenaufsehern versteckt, sondern ihre Verantwortung für die Finanzstabilität wahrnimmt", schreibt Krämer in einer aktuellen Stellungnahme.
Der Finanzzyklus wird berechnet mit Hilfe des Verhältnisses von privater Verschuldung und Wirtschaftswachstum, sowie der inflationsbereinigten Schuldenstände und Hauspreise. Der so berechnete Zyklus hat laut Krämer sein Tief durchschritten und beginnt wieder zu steigen. Steigen Preise und Schulden zu stark, bekommen Banken und Schuldner bei sinkenden Preisen Probleme, die die Wirtschaft in eine Rezession stürzen können.
Zwei Punkte sprechen laut Krämer für höhere Zinsen: 1. Zwar weist die EZB darauf hin, dass nicht sie, sondern die Bankenaufsicht (bzw. die makroprudenzielle Aufsicht) für die Verhinderung von Preisblasen zuständig sei. Dieses Argument trägt seiner Meinung aber nicht, weil höhere Anforderungen an das Eigenkapital und die Liquidität von Banken oder Obergrenzen für die Verschuldung von Hauskäufern alleine nicht ausreichten, Übertreibungen zu verhindern. Zum einen könnten Banken und Investoren diese Hindernisse umgehen, zum anderen verführten die sehr niedrigen Zinsen zum Schuldenmachen.
2. Preisblasen treten laut Krämer meisten erst in der zweiten Hälfte eines langen Aufschwungs auf, und sie sind dann auch nicht sofort zu erkennen. Um in der relativ kurzen Zeit zwischen dem Erkennen und dem Platzen einer Blase etwas zu bewirken, müsste die Zentralbank ihre Leitzinsen massiv anheben. Damit würde sie eine kostspielige Rezession verursachen, ohne sicher sein zu können, das Platzen der Blase zu verhindern.
Krämer plädiert für "Strategie der umfassenden Stabilisierung" Krämer plädiert deshalb für eine "Strategie der umfassenden Stabilisierung", bei der die Zentralbank zu jedem Zeitpunkt und nicht nur phasenweise neben der Preisstabilität auch die Finanzstabilität im Blick hat. Sie hebt die Zinsen beispielsweise dann leicht an, wenn der Risikoappetit der Banken und Anleger zaghaft erwacht.
"So schaffen Notenbanken über viele Jahre ein Bewusstsein für Risiken und reduzieren die Wahrscheinlichkeit, dass sich Übertreibungen entwickeln. Außerdem haben die Zentralbanken viel Zeit zum Gegensteuern und riskieren keine Rezessionen durch schnelle und massive Zinserhöhungen", kalkuliert Krämer.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
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February 10, 2017 05:51 ET (10:51 GMT)
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