Belastung durch Zinspolitik |
06.04.2023 23:43:00
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Commerzbank-Experte warnt: Die Rezession lässt sich nicht vermeiden
• Straffung der Geldpolitik kann nicht unmittelbar, sondern nur verzögert wirken
• Positive Faktoren können Rezession abmildern, aber nicht verhindern
Blickt man auf die Zinserhöhungszyklen der deutschen Bundesbank resp. der EZB (ab 1999), so kam keine dieser Leitzinserhöhungen in Deutschland ohne Rezession aus. Darauf verweist Ralph Solveen von Commerzbank Research im wöchentlichen Newsletter des Bankhauses.
Rezession als unweigerliche Folge eines Zinserhöhungszyklus
Die Argumente für eine Belebung der Wirtschaft seien vielfach dieselben: Entspannung bei den Lieferketten und den Energiepreisen sowie eine Stimmungserholung bei den Unternehmen, die sich bereits im Januar im ifo-Geschäftsklimaindex niederschlug. Den Anstieg kommentierten die ifo-Konjunkturforscher zuversichtlich, die deutsche Wirtschaft starte optimistischer in das Jahr 2023.
Doch reicht dies bereits für eine nachhaltige Erholung der Wirtschaft aus? Nein, sagt der Commerzbank-Experte und verweist auf die vergangenen Zinserhöhungszyklen der Bundesbank sowie der EZB, auf die zwangsläufig eine Rezession folgte. Wie lange es dauere, bis die Zinserhöhungen zu einem Schrumpfen der Wirtschaft führten, sei derzeit noch nicht abzuschätzen. In der Vergangenheit lag der Zeitraum, in dem sich Leitzinserhöhungen in einer Rezession niederschlugen, bei 9-18 Monaten.
Rezession statt Erholung: Verzögerungseffekt
Der wirtschaftliche Rückgang im vierten Quartal 2022 sei aller Wahrscheinlichkeit nach auf den durch die hohe Inflation bedingten Kaufkraftverlust und nicht auf die geldpolitische Straffung zurückzuführen. Da eine so unmittelbare Wirkung der geldpolitischen Straffung durch die EZB auszuschließen sei, könne dieser Rückgang der Wirtschaftsleistung im vierten Quartal auch noch nicht den Beginn einer Rezession markieren.
Die Erholung, welche die Wirtschaft im ersten Quartal 2023 einzuschlagen scheint, betrachtet Ralph Solveen in der Folge als Aufschub einer Rezession und nicht als nachhaltigen Erholungskurs. Die Zinspolitik könne nicht so kurzfristig wirken, "vielmehr dürfte sich deren negativer Effekt frühestens in der zweiten Hälfte dieses Jahres bemerkbar machen, wobei das Risiko sicherlich in einer noch längeren Verzögerung liegt. Somit sollte man sich nicht in Sicherheit wiegen, wenn die Wirtschaft im ersten und zweiten Quartal wieder etwas zulegt", so der Commerzbank-Experte.
Der Sachverständigenrat der Bundesregierung hat Ende März die Konjunkturprognose für 2023 angehoben und erwartet nun ein leichtes Wachstum von 0,2 Prozent - für 2024 gehen die Experten von einem Wachstum von 1,3 Prozent aus. Die Lage bleibe zwar angespannt, die hohe Inflation stelle weiterhin eine große konjunkturelle Belastung dar, der kurzfristige Ausblick auf die Gesamtwirtschaft habe sich gegenüber Ende letzten Jahres jedoch leicht verbessert, so die Wirtschaftsweisen. Auch im Hinblick auf die Turbulenzen im Bankensektor - mit dem Kollaps der US-Regionalbanken SVB, Signature Bank und First Republic Bank sowie der Übernahme der Credit Suisse durch die Konkurrentin UBS als diese in die Schieflage geriet - zeigen sich die Experten entspannt. Die Finanzmarktstabilität sei derzeit nicht gefährdet, betonten sie. Und weiter: "Anders als in der globalen Finanzkrise basieren die Schwierigkeiten einzelner Banken aber nicht auf weitgehend wertlosen Finanzprodukten." Die Kreditversorgung sowie der Interbankenmarkt seien derzeit nicht beeinträchtigt. Zusätzlich sprächen eine Stabilisierung bei der Energieversorgung sowie sinkende Großhandelspreise für eine Belebung der Konjunktur.
Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, zeigte sich in einem Tweet hingegen überrascht, wie Experten eine Erholung der deutschen Wirtschaft prognostizieren können, führten Zinserhöhungen in der Vergangenheit doch stets zu einem Wirtschaftsabschwung - wenn auch mit Verzögerung.
AUFSCHWUNG? Der Chart unten zeigt, dass es nach Zinserhöhungszyklen in D'land mit Verzögerung stets zu Rezessionen kam. Ich verstehe NICHT, warum die meisten Volkswirte ab der Jahresmitte eine Konjunkturerholung erwarten. Ein BIP-Rückgang ist wahrscheinlicher. #EconTwitter pic.twitter.com/ce0lsJaBrX
- Jörg Krämer (@DrJoergKraemer) March 24, 2023
Die konjunkturelle Entlastung durch sinkende Energiepreise und Erholung bei den Lieferketten dürften eine Rezession allerdings abmildern, so Commerzbank-Analyst Ralph Solveen im wöchentlichen Newsletter. Zudem zeigten sich die Geschäftsbilanzen deutlich resilienter. Auch in punkto Stellenabbau dürften die Unternehmen in diesem Wirtschaftszyklus vorsichtiger vorgehen als in der Vergangenheit, war der Arbeits- und Fachkräftemangel in den letzten Monaten doch eklatant.
Redaktion finanzen.at
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