20.11.2018 11:37:46
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Cep: EU muss Euro-Clearing in London nach Brexit zunächst dulden
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die EU-Behörden sollte den Banken der EU nach Aussage des Freiburger Think Tanks Cep unabhängig von der konkreten Ausgestaltung des britischen EU-Austritts für eine Übergangszeit das Clearing von Euro-Derivaten in London gestatten. Das gelte sowohl für einen ungeregelten als auch für einen "weichen" Brexit, schreibt Analyst Bert Van Roosebeke in einer aktuellen Studie. Offen sei aber weiterhin, ob das Londoner Clearing-Haus LCH am Ende doch einen Sitz im Euroraum haben müsse und wie genau die Überwachung zentraler Gegenparteien (CCP) im Euroraum mittelfristig aussehen würde.
"Wir schlagen vor, dass im direkten Anschluss an einen weichen Brexit Ende März 2019 eine einseitige Erklärung der EU gemäß der bestehenden Emir-Verordnung erfolgt, welche ein CCP-Clearing im Vereinigten Königreich weiterhin ermöglicht", schreibt Van Roosebeke unter Bezugnahme auf die European Market Infrastructure Regulation (Emir).
Allerdings wird Emir gerade überarbeitet, sobald die Nachfolgeregulierung steht, würde diese Vereinbarung ihre Gültigkeit verlieren. Bis dahin müssten die Kommission, die britische Regierung und LCH.Clearnet Vorbereitungen treffen, um gegebenenfalls eine Gleichwertigkeitsentscheidung unter dem neuen Regime herbeizuführen.
Übergangslösungen in beiden Brexit-Szenarien möglich
"Ob es tatsächlich zu einer solchen Entscheidung kommt oder ob von LCH.Clearnet eine Verlegung in die EU verlangt wird, bleibt abzuwarten", schreibt Van Roosebeke. Er weist darauf hin, dass die überarbeitete Emir-Regulierung auch im zweiten Fall Übergangslösungen vorsehe. Diese könnten zu Wahrung der Finanzmarktstabilität beitragen, indem Derivate zumindest vorübergehend weiterhin in London gecleart werden dürfen.
Auch bei einem harten Brexit wäre die EU laut Van Roosebeke kurzfristig auf die Dienste Londoner Clearing-Anbieter angewiesen. Er weist darauf hin, dass die EU-Kommission dafür plädiert, direkt im Anschluss an den harten Brexit eine Gleichwertigkeitsentscheidung zu treffen und die CCPs anzuerkennen.
Falls sich dieses Szenario - etwa mangels Kooperation Großbritanniens - in den kommenden Wochen als unsicher herausstellen sollte, könnte es zur Vermeidung von Verwerfungen am Markt notwendig sein, dass die EU Ende März 2019 eine einseitige Erklärung zur weiteren Nutzung britischer CCP abgibt, meint Van Roosebeke. Allerdings sollte diese zeitlich sehr eng befristet sein und möglichst rasch in eine Gleichwertigkeitsentscheidung der Kommission nach der dann anwendbaren Emir-Verordnung münden, die eine umfassende Kooperation vorsieht.
Gute Gründe für LCH-Sitz in der EU
Der Cep-Analyst weist darauf hin, dass sich die EU über die Lösung dieses kurzfristigen Problems hinaus um weitere Fragen im Zusammenhang mit den CCP kümmern muss. "Nach dem Brexit wird die EU daher zwingend eine konsistente Aufsicht über CCP benötigen, die berücksichtigt, dass Verwerfungen bei einer CCP schwerwiegende Folgen für größere Banken in der gesamten EU haben können", schreibt er. Vieles spreche für eine zentralisierte europäische Aufsicht, etwa bei der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (Esma).
Eine besondere Herausforderung für die europäische Aufsicht über CCPs käme laut Van Roosebeke trotz Gleichwertigkeitsentscheidung hinzu, wenn nach dem Brexit mit LCH.Clearnet ein für sie besonders relevanter CCP in einem Drittstaat angesiedelt bliebe. Den Nutzen einer eher laschen Aufsicht hätte Großbritannien, den Schaden die EU, und im Krisenfall sei nicht ausgeschlossen, dass CCPs auf Liquiditätshilfe der Europäischen Zentralbank angewiesen wären, um Forderungsausfälle von Banken zu vermeiden.
"Es gibt daher gute Gründe, von systemrelevanten CCPs in Drittstaaten - hier: LCH.Clearnet - einen Sitz in der EU zu verlangen", argumentiert Van Roosebeke.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/bam
(END) Dow Jones Newswires
November 20, 2018 05:38 ET (10:38 GMT)
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