15.03.2013 15:10:30

Bundesregierung und Opposition streiten über Trennbankengesetz

   Von Andreas Kißler

   BERLIN--Vertreter der Regierungskoalition und der Opposition haben sich im Bundestag einen Schlagabtausch über das geplante Trennbankengesetz geliefert. Während Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und andere Redner der Koalition die Regelungen am Freitag im Berliner Reichstagsgebäude lobten, gingen sie der Opposition nicht weit genug. SPD und Grüne sahen in den Plänen vor allem eines: Wahlkampf.

   Schäuble aber verteidigte die Pläne der Regierung, mit denen Banken zu einer Abspaltung riskanter Handelsgeschäfte vom Einlagen- und Kreditgeschäft gezwungen werden sollen. Eine Abtrennung des riskanten Geschäftes soll geprüft werden, wenn die Risikopositionen 100 Milliarden Euro oder 20 Prozent der Bilanzsumme des Kreditinstituts übersteigen. Für allgemeine Pflichtverstöße im Risikomanagement sollen zudem künftig Haftstrafen von bis zu fünf Jahren verhängt werden können. Außerdem müssen die deutschen Großbanken Sanierungs- und Abwicklungspläne erstellen.

   Schäuble sagte, damit gehe die Regierung "einen weiteren Schritt auf dem Weg, Konsequenzen aus der Finanz- und Bankenkrise des Jahres 2008 zu ziehen und unser Finanz- und Bankensystem insgesamt krisenfester, stabiler zu machen". Gemeinsam mit Frankreich wolle Deutschland einer europäischen Regelung vorgreifen, um deren Zustandekommen zu "befördern".

   Ausdrücklich betonte der Finanzminister aber, dass die Regierung mit den Regelungen nicht das deutsche Bankensystem als solches treffen will. "Das Universalbankensystem in Deutschland hat sich über Jahrzehnte bewährt, und es ist nicht die Ursache der Bankenkrise gewesen."

   Auch müsse im Auge behalten werden, dass die Funktion von Banken für die Wirtschaft nicht beeinträchtigt werde. Bei der Regulierung der Banken sei es deshalb "vernünftig, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten", sagte Schäuble und bekräftigte, der Gesetzentwurf sehe nur eine Abspaltung des "eindeutigen Eigenhandels" der Banken vor.

   Genau dies aber ist der Hauptgrund für die heftige Kritik der Opposition. Sie fordert eine weitergehende Lösung und wirft Schäuble vor, mit seinem Gesetzesplan hinter den Vorschlägen der EU-Expertengruppe um den finnischen Notenbankgouverneur Erkki Liikanen zurückzubleiben, aus denen zu einem späteren Zeitpunkt europäische Regelungen entstehen sollen.

   So bemängelte der SPD-Fraktionsvize Joachim Poß, mit dem Gesetz werde es nicht gelingen, "die Einlagen der Kunden und Sparer vor Verlusten aus spekulativen und riskanten Geschäften zu schützen". Der Gesetzesvorschlag, dem es "an Reichweite und an Biss" fehle, sei wahlkampfmotiviert.

   "Dass Sie jetzt mit dem Entwurf kommen, das hat nur einen Grund: Sie wollen noch schnell das Thema Banken besetzen, jetzt im anlaufenden Wahlkampf, damit es Ihnen nicht auf die Füße fällt", warf der Sozialdemokrat den Koalitionspolitikern vor. "Ganz offensichtlich handelt es sich bei dem hier beratenen Gesetz um einen Teil Ihres Bundestagswahlkampfes."

   Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick kritisierte ebenfalls, die Regierung lege einen Gesetzentwurf vor, der inhaltlich hinter den EU-Vorschlägen zurückbleibe - und witterte Wahleinflüsse. "Sie bremsen einen bestehenden Politikprozess in Europa und wollen sich als Motor verkaufen", sagte Schick. "Das ist schlechter Wahlkampf."

   Nach den Plänen der Regierung soll das Gesetz im Januar 2014 in Kraft treten und eine Abtrennung bis zum Juli 2015 erfolgen. Die Geldhäuser sollen die spekulativen Geschäfte nach Prüfung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in eine rechtlich, organisatorisch und wirtschaftlich eigenständige Einheit auslagern müssen. Fällt ein Institut unter die Kriterien, soll im Einzelfall von der Bankenaufsicht geprüft werden, ob eine Abtrennung der Risikogeschäfte tatsächlich nötig ist.

   Betroffen sein sollen aber nur große Banken, deren Bilanzsumme mindestens 90 Milliarden Euro beträgt. Auch dies gefällt der Opposition nicht. "Warum soll das nur den ganz Großen verboten werden?", fragte Poß und gab selbst die Antwort: "Dafür gibt es keinen Grund."

   Mit diesem "Gesetz zur Abschirmung von Risiken und zur Planung und Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten" will die Bundesregierung gegen hohe Risiken in den Bankenbilanzen vorgehen. Immer mehr zeichnet sich dabei ab, dass Deutschland insbesondere auch im Geschäft mit Hedgefonds strenge Maßstäbe anlegen will. Damit könnte das Gesetz zu den Trennbanken vor allem auf eine Lex Deutsche Bank hinauslaufen.

   Deren Co-Vorstandschef Jürgen Fitschen kritisierte die Regelungen erst am Montag bei einem Finanzmarktkongress der Unionsfraktion hart, bei dem er sich einen Schlagabtausch mit Schäuble lieferte. Fitschen bestritt dort generell die Sinnhaftigkeit des Trennbankenvorschlages. "Welche Bank wird denn auf der linken Seite pleite gehen und rechts munter weiter machen, das erklären Sie mir mal", ging er Schäuble an. "Das wird nicht funktionieren."

   Allerdings ist nicht sicher, dass das Gesetz in dieser Legislaturperiode tatsächlich beschlossen werden kann, denn die Opposition könnte es im Bundesrat und Vermittlungsausschuss bis nach der Bundestagswahl verzögern. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, der selber Vorschläge für ein Trennbankensystem vorgelegt hat, gehen die Regierungspläne jedenfalls nicht weit genug. Er hat sie bereits als "nicht ausreichend" kritisiert.

   Die Sozialdemokraten wollten nicht nur den Eigenhandel, sondern das gesamte Investmentbanking abtrennen, bekräftigte ihr Finanzexperte Lothar Binding am Freitag. Nach einem etwaigen Regierungswechsel im Bund werde sich Steinbrück deshalb in Verhandlungen über eine EU-Regelung einschalten, kündigte Binding im Nachrichtensender Phoenix an. "Peer Steinbrück hat in Brüssel die besten Kontakte, und ich glaube, dass er auf fachlicher Ebene dort ein Trennbankensystem organisieren kann, das sich dann auch lohnt einzuführen," untermauerte er die Fundamentalkritik der Opposition.

   Kontakt zum Autor: andreas.kissler@dowjones.com

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