11.05.2016 20:41:31
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Bundesbank-Präsident Weidmann: Deutschland spart nicht zu viel
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat Deutschland gegen den Vorwurf in Schutz genommen, mit hoher Ersparnis und niedrigen Investitionen selbst für das allenthalben beklagte niedrige Zinsniveau verantwortlich zu sein. Das kann auch als eine Entgegnung auf jüngste Äußerungen von EZB-Präsident Mario Draghi gelesen werden. "Sparer dafür zu tadeln, dass sie zu viel sparten, ist ähnlich deplatziert, wie Investoren vorzuwerfen, dass sie zu wenig investierten", sagte Weidmann laut vorab verbreitetem Redetext bei einer Konferenz in Frankfurt, ohne Draghi namentlich zu erwähnen.
Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) hatte Anfang des Monats in einer Rede über die Ursachen der niedrigen Zinsen gesagt: "Verantwortlich hierfür waren unter anderem eine steigende Nettoersparnis aufgrund der Altersvorsorgepläne einer alternden Bevölkerung, im Verhältnis geringere öffentliche Investitionsausgaben vor dem Hintergrund einer hohen öffentlichen Verschuldung, sowie ein Rückgang des Produktivitätswachstums, der die Rentabilität von Investitionen verringert."
Von einigen deutschen Kommentatoren war das als kaum versteckte Kritik an Deutschland interpretiert worden. Aus Deutschland, dessen Sparer besonders stark unter den historisch niedrigen Zinsen leiden, wird die EZB in letzter Zeit besonders heftig kritisiert. Draghi versuchte in seiner Rede zu erklären, dass niedrige EZB-Leitzinsen nicht die Ursache, sondern das Symptom eines Problems seien.
Bundesbank-Präsident Weidmann dagegen sieht durchaus eine beträchtlichen Teil der Schuld an den Niedrigzinsen bei der Zentralbank: "Natürlich hat die Geldpolitik zum ungewöhnlich niedrigen Niveau der Langfristzinsen beigetragen. Foreward Guidance und der Ankauf langlaufender Anleihen ... dienen der Senkung der Langfristzinsen", sagte er.
Weidmann betonte erneut, dass er eine lockere EZB-Geldpolitik angesichts der niedrigen Inflation und schwacher Inflationsaussichten für angemessen hält, und sah von der sonst üblichen Kritik an konkreten EZB-Maßnahmen ab. Er sagte aber auch, dass die Niedrigzinspolitik nicht länger als unbedingt erforderlich fortgeführt werden dürfe, und dass ihr Nutzen gegen die Risiken abgewogen werden müsse.
"Je länger eine Zentralbank eine ultralockere Geldpolitik betreibt, je länger sie ihre Foreward Guidance beibehält und je aggressiver sie eine Politik der quantitativen Lockerung betreibt, desto höher ist das Risiko, dass eine kleine Straffung ihrer Politik oder auch nur eine entsprechende Erwartung die Marktzinsen stark steigen lassen", sagte der Bundesbank-Präsident.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/brb
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May 11, 2016 14:10 ET (18:10 GMT)
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