11.03.2016 17:28:45
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Bundesbank-Präsident war gegen EZB-Stimuluspaket - Kreise
Von Tom Fairless
FRANKFURT (Dow Jones)--Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat sich gegen das am Donnerstag beschlossene Stimuluspaket der Europäischen Zentralbank (EZB) gestellt. Er habe einen Teufelskreis hoher Erwartungen und der darauf folgenden Enttäuschung gefürchtet, berichten am Freitag mehrere Informanten.
Die EZB hatte ihre Geldpolitik am Vortag stärker gelockert, als dies erwartet worden war. Zu den Schritten gehörten die Reduzierung der Zinsen, eine Ausweitung der Anleihekäufe und ultragünstige Kredite. Das zweite Maßnahmenpaket innerhalb von drei Monaten soll die Inflation in der Eurozone anheizen und der schwachen Wirtschaftsentwicklung Auftrieb geben.
Die Aktien- und Anleihemärkte hatten zwar zunächst mit einer Rally auf die EZB-Maßnahmen reagiert, dann jedoch ins Minus gedreht, nachdem EZB-Präsident Mario Draghi auf einer Pressekonferenz gesagt hatte, dass die Zinsen möglicherweise nicht noch weiter reduziert werden.
Die Informanten sagten, Bundesbankpräsident Jens Weidmann habe sich insbesondere gegen die Entscheidung der EZB ausgesprochen, die Anleihekäufe auf ein Volumen von 80 Milliarden von 60 Milliarden Euro auszuweiten.
Weidmann hatte am Donnerstag aber kein Stimmrecht, weil die Stimmberechtigung im EZB-Rat rotiert. Weidmann sei bereit gewesen, über die Standardwerkzeuge der Notenbank zu diskutieren, wie Leitzinsen und Langfristkredite, sagten die eingeweihten Personen weiter. Er könnte aber auch geneigt gewesen sein, gar nichts zu tun.
Die Bundesbank war lange gegen den Kauf von Staatsanleihen, da dies in ihren Augen die Grenzen zwischen Geld- und Fiskalpolilitik verwischt, die Gefahr von Blasen an den Kapital- und Immobilienmärkten birgt und den Reformdruck für die Regierungen mildert.
Einige der 25 Mitglieder im EZB-Rat seien besorgt, dass nach Jahren der expansiven Geldpolitik neue Stimuli weniger effektiv sein könnten, sagten die Informanten weiter.
Die deutsche Zentralbank fürchte, dass die immer neuen Programme "einen Teufelskreis von Erwartungen und Enttäuschung" in Gang setzen könnten, hieß es bei einer Zentralbank-Quelle.
Von den 25 Mitgliedern im EZB-Rat hätten 19 für das neue Stimuluspaket gestimmt, sagten die informierten Personen. Zwei Ratsmitglieder hätten dagegen gestimmt, und zwar Klaas Knot aus den Niederlanden und Sabine Lautenschläger aus Deutschland. Vier Ratsmitglieder hatten wegen der Rotation kein Stimmrecht.
Draghi sprach am Donnerstag davon, dass die neuen Maßnahmen mit überwältigender Mehrheit beschlossen worden seien. Die Diskussionen seien ermutigend, sehr positiv und sehr konstruktiv gewesen.
Am Freitag veröffentlichte die EZB auf ihrer Webseite Aussagen von Vizepräsident Vítor Constancio, der sich gegen die Sorge vor einem Nachlassen der Wirksamkeit der geldpolitischen Maßnahmen stellte. Es sei gefährlich, die Schritte der EZB kleinzureden, warnte er.
Rational und wichtig sei vielmehr zu untersuchen, was passiert wäre, hätte die Notenbank ihre Geldpolitik nicht angepasst, sagte Constancio. Er ergänzte, die Experten der EZB hätten errechnet, dass die Eurozone ohne eine Lockerung seit dem vergangenen Jahr in der Deflation feststecken würde.
Die EZB hatte am Donnerstag alle drei Leitzinsen gesenkt. Gleichzeitig signalisierte Draghi, dass weitere Zinsschritte vorerst nicht auf der Tagesordnung stehen. Constancio sagte dazu, es sei nur natürlich, dass alle Maßnahmen ihre Grenzen hätten.
Der Chef der lettischen Zentralbank, Ilmars Rimsevics, sagte am Freitag, er bezweifle, dass die neuen Maßnahmen der EZB die Wirtschaft in den 19 Ländern der Eurozone wiederbeleben könnten. Er stimmte aber für das Paket, wie Informanten berichteten.
Es gebe derzeit keine süße Medizin mehr, sagte Rimsevics im lettischen Fernsehen. Was die EZB getan habe - Geld drucken - vergrößere die im Umlauf befindliche Geldmenge, könne die europäische Wirtschaft aber nicht aus der Krise, aus der Stagnation drucken.
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March 11, 2016 10:57 ET (15:57 GMT)
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