11.07.2020 12:24:40
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Bulgarien und Kroatien machen wichtigen Schritt in Richtung Euro
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Bulgarien und Kroatien haben einen wichtigen Schritt in Richtung einer Euro-Mitgliedschaft gemacht. Die Finanzminister der Euro-Länder, die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, sowie Dänemarks Finanzminister und dessen Zentralbankgouverneur stimmten am Freitag einem Beitritt beider Länder zum Wechselkursmechanismus 2 und einer engen Kooperation der Zentralbanken beider Länder mit der EZB zu. Künftig müssen Bulgarien und Kroatien den Wechselkurs ihrer Währungen, des Lev und der Kuna, in einer engen Spanne gegenüber dem Euro halten.
Diese Phase dauert mindestens zwei Jahre, gefolgt von einer einjährigen Vorbereitungsphase. Der Beitritt zum Euro wäre damit frühestens 2023 möglich. Zuletzt war Litauen 2015 dem Währungsraum beigetreten.
Darüber hinaus werden ihre "signifikanten" Banken ab 1. Oktober direkt von der EZB beaufsichtigt. Um welche Institute es sich handelt, will die EZB bis dahin entscheiden. Beide Länder werden einen Vertreter in den Aufsichtsrat der Bankenaufsicht entsenden.
Nach Mitteilung der EZB wurde der "zentrale" Wechselkurs des Bulgarischen Lev mit 1,95583 Leva je Euro festgesetzt und der Wechselkurs der Kroatischen Kuna mit 7,53450 Kuna je Euro. Künftig dürfen die Wechselkurse maximal um 15 Prozent nach oben und unten von diesem Zentralwert abweichen. Die verpflichtenden Interventionskurse werden am 13. Juli kommuniziert, rechtzeitig zur Eröffnung des Handels an den Devisenmärkten.
Die Teilnahme am Wechselkursmechanismus 2 ist mit der Zusage verbunden, gleichzeitig der Bankenunion beizutreten. Darüber hinaus haben sich die Behörden beider Länder verpflichtet, bestimmte Voraussetzungen in folgenden Politikfeldern zu erfüllen:
-Bankenaufsicht
-makroprudenzielle Aufsicht
-Aufsicht über Finanzinstitute, die keine Banken sind
-Verhinderung von Geldwäsche
-Insolvenzrecht
-Aufsicht über Staatsunternehmen
Bulgarien und Kroatien verpflichten sich zu einer gesunden Wirtschaftspolitik, die geeignet ist, wirtschaftliche und finanzielle Stabilität und eine wirtschaftliche Konvergenz zum Euroraum zu gewährleisten. Diese Politik wird genau überwacht.
Der Grünen-Abgeordnete im Europaparlament, Sven Giegold, lobte den Umgang der europäischen Behörden mit Bulgarien und Kroatien grundsätzlich. "Anders als andere Euro-Beitrittsländer in der Vergangenheit mussten beide Länder vorher weiter Reformen auf den Weg bringen", schrieb er in einer Stellungnahme. Zugleich forderte Giegold aber, dass die beiden Länder nicht nur die formalen Beitrittskriterien zu Verschuldung und Preisstabilität erfüllen, sondern auch den Kampf gegen Geldwäsche und Finanzkriminalität entschlossen angehen müssten.
"In den diesjährigen länderspezifischen Empfehlungen der EU-Kommission wurde Bulgarien nahegelegt, Defizite bei der Geldwäschebekämpfung anzugehen. Anders als im Nachbarland Rumänien sind Verurteilungen wegen Korruption in Bulgarien eine traurige Seltenheit", merkte Giegold an. Bulgarien sei zudem eine Steueroase und verkaufe systematisch Staatsbürgerschaften. Unternehmensgewinne besteuert Bulgarien mit lediglich 10 Prozent und ermögliche sogar 5 Prozent.
"Damit schwächt Bulgarien besonders das Nachbarland Griechenland", konstatierte Giegold. Bevor Bulgarien in den Euro aufgenommen werde, müsse sich die Eurozone auf eine gemeinsame Mindeststeuersätze einigen. Die EU-Kommission müsse gegen alle Länder, die Schengen-Visa oder Staatsbürgerschaften verkauften, Vertragsverletzungsverfahren eröffnen.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/smh
(END) Dow Jones Newswires
July 11, 2020 06:24 ET (10:24 GMT)
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