06.08.2015 16:33:45
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Brüssel und Berlin streiten über schnelle Hilfen für Athen
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die EU-Kommission hat sich gegen deutsche Zweifel an einer schnellen Einigung über neue Griechenland-Hilfen verwahrt und damit Differenzen zwischen Berlin und Brüssel offenbart. Während die Bundesregierung laut einem Medienbericht an einer rechtzeitigen Einigung über die neuen Griechenland-Hilfen zweifelt, widersprach die Kommission diesem Pessimismus am Donnerstag ausdrücklich.
Brüssel hält weiter eine Einigung bis zum 20. August für möglich - dem Datum, bis zu dem die Griechen 3,2 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zahlen müssen. Die Gespräche mit Athen über ein drittes Hilfsprogramm kämen "zufriedenstellend" voran, und eine Einigung "bevorzugt bis zum 20. August" sei möglich, sagte eine Kommissionssprecherin in Brüssel.
Hingegen schrieb die Bild-Zeitung, in der Bundesregierung wüchsen die Zweifel, ob der Vertrag wie geplant bis zum 20. August stehe und parlamentarisch abgesegnet werde. "Das ist nicht zu schaffen", zitierte das Blatt aus namentlich nicht genannten Regierungskreisen.
"Auf befriedigende Weise"
Die Kommissionssprecherin reagierte darauf mit Schärfe. Die Teams von Kommission, EZB, dem Eurorettungsfonds ESM und dem Internationalen Währungsfonds seien nun seit fast zwei Wochen vor Ort, "und sie berichten von zufriedenstellenden Fortschritten", sagte Mina Andreeva. "Mir ist nicht bewusst, dass irgendjemand sonst vor Ort ist und deshalb einen besseren Überblick hätte als wir."
Ausdrücklich bekräftigte die Sprecherin deshalb Aussagen von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Der hatte am Vortag erklärt, die Verhandlungen mit Athen kämen "auf befriedigende Weise" voran und eine Einigung "in diesem Monat, vorzugsweise vor dem 20. August" sei möglich. "Was Präsident Juncker selbst gestern in einem Interview gesagt hat, bleibt gültig", betonte Andreeva.
Berlin bleibt zurückhaltend
Berlin bestätigte daraufhin seine deutlich verhaltenere Position. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums verwies auf Anfrage von Dow Jones Newswires ausdrücklich auf seine Aussagen vom Vortag, es sei nach den vorliegenden Informationen noch eine Reihe von Punkten zu klären, bei denen es insbesondere um Aspekte der künftigen Konditionalität gehe. Dies sei unverändert gültig, erklärte der Sprecher.
Kommt es nicht zu einer schnellen Einigung mit Griechenland, müssten Athens Geldgeber einen weiteren Brückenkredit bereitstellen, damit das Land seinen Zahlungen nachkommen kann. Juncker hat diese Möglichkeit bereits eingeräumt und von einer "neuen Brückenfinanzierungsrunde" gesprochen, die es dann zu arrangieren gälte.
Schäubles Grexit-Plan beschäftigt den Bundestag
Aus der Unions-Fraktion hieß es unterdessen, man habe im Moment zwar keine näheren Kenntnisse, da man nicht mit am Verhandlungstisch sitze. "Glauben tun wir die Meldungen sofort", sagte ein Offizieller jedoch zu den Aussagen des Zeitungsartikels. Das Finanzministerium sei jedoch noch nicht mit entsprechenden Informationen an die Fraktion herangetreten.
Die Geldgeber verhandeln derzeit mit Athen über die Bedingungen für ein drittes Hilfsprogramm. Eine Vereinbarung müsste vom Bundestag gebilligt werden. Bisher gibt es dafür noch keinen Termin.
Der Bundestag wird sich voraussichtlich auch noch einmal mit dem Vorschlag von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für einen zeitweisen Austritt Griechenlands aus dem Euro beschäftigen. Der CDU-Politiker hatte damit im Zuge der Gipfelgespräche mit Athen für erhebliche Aufregung und Verärgerung gesorgt, die Linksfraktion will nun Klarheit.
In einer Kleinen Anfrage fordern die Abgeordneten den Finanzminister unter anderem dazu auf darzulegen, "aufgrund welcher Daten und Projektionen" er zu der Einsicht gelangt sei, "ein Austritt aus der Währungsunion sei besser für Griechenland". Diese Sichtweise hatte Schäuble auch noch nach dem Ende der Gipfelgespräche mehrfach öffentlich vertreten.
(Mitarbeit: Stefan Lange)
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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August 06, 2015 10:25 ET (14:25 GMT)
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