Kabinett kommt zusammen |
31.08.2016 07:13:00
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Britische Regierung berät über Brexit-Fahrplan
Innerhalb der britischen Regierung ist Medienberichten zufolge heftig umstritten, ob Großbritannien den Zugang zum EU-Binnenmarkt aufgeben sollte, um die Arbeitnehmerfreizügigkeit einschränken zu können. Dafür sollen sich der Brexit-Minister David Davis und Handelsminister Liam Fox ausgesprochen haben. Das Thema EU-Immigration spielte eine bestimmende Rolle während des Wahlkampfes zum Referendum über einen EU-Austritt (Brexit).
Schatzkanzler Philip Hammond wolle den Zugang zum Binnenmarkt zumindest für bestimmte Wirtschaftszweige erhalten und dafür auch Kompromisse bei der Einwanderung von EU-Bürgern eingehen. "Die Finanzdienstleistungen haben bei uns die oberste Priorität, für die Deutschen ist die Autoindustrie entscheidend", zitierte die "Sunday Times" eine Quelle aus dem Umfeld Hammonds.
Führende Politiker in der EU haben signalisiert, dass sie keine Einschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit akzeptieren werden, sollte sich Großbritannien weiterhin Zugang zum Binnenmarkt erhoffen. "Da werden wir eisenhart bleiben", sagte der CDU-Europapolitiker Gunther Krichbaum der Deutschen Presse-Agentur. Alles andere sei mit dem Bundestag nicht zu machen.
Dagegen schlug der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen vor, Brüssel solle London auch ohne die Arbeitnehmer-Freizügigkeit zum Binnenmarkt zulassen. Dies solle in einer neuartigen "Kontinentalen Partnerschaft" geschehen, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag der dpa in Brüssel.
Das Modell hat Röttgen mit europäischen Wissenschaftlern entworfen. Es sieht ein Europa der "drei Kreise" vor. "Der engste Kreis ist die Euro-Zone, der zweite ist die EU und der dritte sind die Staaten der Kontinentalen Partnerschaft", sagte Röttgen. Im dritten Kreis könnten neben Großbritannien auch die Schweiz und später vielleicht die Türkei oder die Ukraine sein.
Solche Überlegungen sind der britischen Regierung noch fern. Sie streitet unter anderem noch darüber, ob die Premierministerin das Parlament um Zustimmung bitten soll, bevor sie die Brexit-Verhandlungen mit Brüssel einleitet. Ob es eine rechtliche Verpflichtung dazu gibt, soll ein Gericht ab Oktober klären.
Bei einem Parlamentsvotum wäre eine Ablehnung des Brexits nicht ausgeschlossen. May ist Medienberichten zufolge entschlossen, das Parlament nicht zu befragen. Ein Regierungssprecher sagte am Dienstag, es gebe für eine Parlamentsabstimmung keine rechtliche Verpflichtung. Er fügte aber hinzu, das Parlament werde "zu Wort kommen".
Während der Sommerpause hatte es zwischen den Ministern bereits Gerangel um Kompetenzen gegeben. Handelsminister Liam Fox hatte Außenminister Johnson Berichten zufolge schriftlich aufgefordert, einen Teil seiner Kompetenzen abzutreten. Johnson lehnte das aber - offenbar mit Unterstützung Mays - ab.
In einer historischen Abstimmung entschieden sich die Briten am 23. Juni mit knapper Mehrheit für einen Austritt aus der EU. Damit die Austrittsgespräche beginnen können, bedarf es einer formellen Erklärung der britischen Regierung. Bislang hieß es, Theresa May wolle Anfang 2017 mit den Verhandlungen beginnen. Medienberichten legen aber nahe, dass sich der Start bis in den Herbst 2017 verschieben könne. Mays EU-Amtskollegen dürften davon wenig begeistert sein. Einige wird sie beim G20-Gipfel im chinesischen Hangzhou am 4. und 5. September treffen.
LONDON (dpa-AFX)
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