23.05.2017 14:39:00
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Brexit - Bis 2021 ändert sich für Austrofirmen nichts
Die Niederlassungsleiter der österreichischen Betriebe in Großbritannien sehen die Entwicklungen in Sachen Brexit den Angaben zufolge noch immer relativ gelassen. "Die Unternehmen sind die entspanntesten von allen", sagte der Wirtschaftsdelegierte am Dienstag vor Journalisten in Wien. Selbst wenn es 2019 formal zu einem EU-Austritt Großbritanniens kommt, würde es ohnehin eine zweijährige Übergangsphase geben, so Kesberg.
Es habe sich zwar niemand gefreut, aber die Firmen seien dort, um den britischen Markt zu bedienen und nicht aus strategischen Gründen. Die Investitionen seitens der Unternehmen seien aber zurückgefahren worden. Kurzfristig sind Rückgänge beim Liefervolumen zu erwarten, langfristig werde das Potenzial für zusätzliche Exporte sinken.
Ein großes Fragezeichen für alle Beteiligten seien momentan die Kursschwankungen. "Die Volatilität des Pfundkurses ist schlimmer als die Abwertung selbst", so Kesberg. Besonders während der Austrittsverhandlungen, die im Juni beginnen werden, könnte jede Nachricht zu Kurssprüngen führen.
Die Verhandlungen selbst werden alles andere als ein Zuckerschlecken: "Eine Win-Win-Situation wird es nicht geben", so Kesberg, auch wenn ausländische Investoren dies aus wirtschaftlichen Gründen immer wieder ins Feld führten. Während die EU zuerst übers Geld sprechen will, wollen die Briten als Erstes die Handelsbeziehungen angehen, so Kesberg.
Im Worst Case müsse man zu den WTO-Regelungen zurückgreifen, "aber auch das wäre nur ein Blechschaden." Dann müsste man sich mit Zöllen sowie unterschiedlichen Standards und Normen beschäftigen.
Wie künftig die Entsendung von Mitarbeitern aussehen wird, wird sowohl für die Unternehmen als auch für Großbritannien selbst ein großes Thema. Besonders im Gesundheitssystem ist das Land von ausländischem Personal abhängig: Etwa ein Viertel aller Ärzte in Großbritannien stammt aus EU- oder Nicht-EU-Ländern, ähnlich ist es auch beim Pflegepersonal. "Da sieht man kaum Briten."
Auch den Bedarf an Fachkräften kann Großbritannien nicht allein decken. "Die technische Ausbildung ist jahrelang vernachlässigt worden", so Kesberg. Allein im Automobilsektor würden 5.000 Facharbeiter fehlen. Auch Österreich sendet Arbeitskräfte nach Großbritannien, "besonders im Oberleitungsbau".
2016 beliefen sich die österreichischen Warenausfuhren nach Großbritannien auf 4,1 Mrd. Euro, ein Minus von zwei Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2015, die Importe stiegen um 10 Prozent auf 2,7 Mrd. Euro. Die Dienstleistungsexporte erhöhten sich im selben Zeitraum um 5,8 Prozent auf 2,2 Mrd. Euro, die Importe beliefen sich auf 2,2 Mrd. Euro.
Gute Karten hätten österreichische Firmen besonders bei jenen Produkten, die zu Kosteneinsparungen und Produktivitätssteigerungen führten - Stichwort Automatisierung. Nachhaltigkeit steht in Großbritannien ebenso auf der Agenda, da gebe es gute österreichische Player. Generell profitieren die heimischen Unternehmen von ihrem Nischendasein: "Sie haben keine britische Konkurrenz", so Kesberg.
(Schluss) cam/kre
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