05.10.2018 22:33:44

Börsen-Zeitung: Auf dem Sprung, ein Marktkommentar von Werner Rüppel

Frankfurt (ots) - In der abgeschlossenen Woche ist die Rendite zehnjähriger US-Treasuries bis auf 3,246 Prozent geklettert und damit auf den höchsten Stand seit dem Jahr 2011. Investoren fragen sich, ob sich der Renditeanstieg fortsetzen wird und welche Auswirkungen dies auf die Anleihen- und Aktienmärkte in den USA und in aller Welt haben wird.

Auch wenn manche Analysten bis vor Kurzem noch einen Rückgang US-Staatsanleiherenditen erwarteten, so spricht inzwischen doch Vieles dafür, dass sich der Renditeanstieg am langen Ende fortsetzt. Denn die jüngsten Daten zeigen, dass sich die US-Konjunktur in hervorragender Verfassung befindet. Auch Fed-Chairman Jerome Powell erwartet eine Fortsetzung der positiven Entwicklung. Zudem hat er darauf hingewiesen, dass sich die Arbeitslosigkeit nahe ihrem 50-Jahres-Tief befindet. Dies unterstreichen auch die aktuellen Zahlen: Im September ist die US-Arbeitslosenquote von 3,9 Prozent im Vormonat auf 3,7 Prozent gesunken, während die Stundenlöhne um 0,3 Prozent gestiegen sind. Kurzum: Der US-Arbeitsmarkt ist in angespannter Verfassung und dürfte es auch bleiben.

Powell sagt zwar, dass die US-Teuerungsrate etwa das Ziel der Fed von 2 Prozent erreicht hat. Das mag für die Kernrate noch in etwa zutreffen, die im August bei 2,2 Prozent lag, inklusive Lebensmitteln und Energie betrug die Teuerung 2,7 Prozent und im Vormonat gar 2,9 Prozent. Vor allem sorgen steigende Gehälter und die Anspannung am Ölmarkt für wachsende Inflationsgefahren. Vor diesem Hintergrund wird die Fed die Leitzinsen weiter erhöhen, und vielleicht wird eine höhere Fed-Funds-Rate als bisher erwartet nötig sein, um die Teuerung einzudämmen.

So stellen die Analysten der Bank Sarasin fest, dass die Märkte ihr Szenario für die US-Zinsen jetzt neu bewerten. Die Märkte würden jetzt realisieren, dass die reale Fed-Funds-Rate auf ein höheres Niveau als bisher erwartet ansteigen müsse, um restriktiv zu wirken. Für US-Treasuries kommt nun hinzu, dass sich die Angebots-Nachfrage-Situation markant verschlechtert. Die Fed kauft keine Staatsanleihen mehr auf. Auch China zieht sich als Käufer von US-Treasuries zunehmend zurück. Dieser geringeren Nachfrage steht durch die wachsenden Ausgaben der USA ein zunehmendes Angebot an Treasuries gegenüber. So stellt die LBBW zurecht fest, dass das stetig steigende Angebot von US-Staatsanleihen die Gefahr eines fortgesetzten Ausverkaufs bei langlaufenden Treasuries erhöht. Manche Beobachter verweisen auf den Ketchup-Flaschen-Effekten und schließen einen markanten Renditeanstieg nicht aus. Andere haben 1994, das Horrorjahr am Rentenmarkt, in Erinnerung, als die Rendite zehnjähriger Treasuries von 5,7 auf 7,8 Prozent um mehr als 200 Basispunkte kletterte.

Viele Analysten erwarten wie die der LBBW nun einen Anstieg der Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen auf 3,5 Prozent. Aber vielleicht wird es auch auf 4 Prozent und höher gehen. Eines ist jedenfalls klar: Die Rendite scheint auf dem Sprung nach oben, und dieser könnte, da etliche Marktteilnehmer dies anders erwartet haben, kräftig ausfallen. Schließlich sind die US-Renditen im Langfristvergleich immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau.

Für Anleger am Rentenmarkt sind die Konsequenzen klar: Das lange Ende ist brandgefährlich. Nicht nur bei Treasuries, sondern ob der Übertragungseffekte und aufgrund ihrer extrem niedrigen Renditen auch bei Bunds. Dafür wirft zumindest in den USA das kurze Ende bereits relativ sichere und durchaus signifikante Renditen ab. Zudem dürften weitere US-Leitzinserhöhungen sowie steigende US-Renditen dem Dollar zugute kommen und insbesondere die Aktien- und Anleihenmärkte der Schwellenländer belasten. Für die Aktienmärkte in den USA und Europa wird es schwieriger zuzulegen, wenn die Kapitalmarktzinsen deutlich steigen. 1994 hatte der Dow aber sogar ein leichtes Plus erzielt, während der Dax zurückfiel.

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