09.09.2016 15:45:41
|
Börse Frankfurt-News: Warten auf den Dezember (Anleihen)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 9. September 2016. Die EZB belässt alles beim Alten, für die Fed wird im September ebenfalls mit keinen neuen Maßnahmen gerechnet. In beiden Fällen richten sich die Erwartungen nun auf das Jahresende.
Dass die Europäische Zentralbank am gestrigen Donnerstag die Geldpolitik im Euroraum nicht weiter gelockert und auch keine konkreten Schritte in Aussicht gestellt hat, hat die Zinsen in der Eurozone steigen lassen.
Die Notenbanker beließen den Hauptrefinanzierungssatz bei 0 Prozent, den Einlagensatz bei minus 0,4 Prozent und das Volumen des Anleihekaufprogramms bei monatlich 80 Milliarden Euro. "Alles in allem hat die EZB die Erwartungen der Marktteilnehmer nicht erfüllt", kommentieren Viola Julien und Ulrich Wortberg von der Helaba. Die Einsetzung des Ausschusses, der Optionen für eine reibungslose Umsetzung des Anleihekaufprogramms prüfen soll, könne aber als Hinweis auf bevorstehende Änderungen des Regelwerks verstanden werden.
Ausweitung des Kaufprogramms prognostiziert
"Die EZB hat ihre Wachstumsprognose leicht gesenkt und hätte somit Gelegenheit gehabt, ihr Kaufprogramm zu verlängern, bzw. sie hätte die Zahl der im Rahmen des Programms kaufbaren Anleihen erweitern können", meint Chris-Oliver Schickentanz von der Commerzbank. Am Anfang der Pressekonferenz habe EZB-Präsident Mario Draghi auch ungewöhnlich knapp und stereotyp auf Fragen reagiert. "Möglicherweise hätte er sich eine andere Ratsentscheidung gewünscht." Nach Einschätzung der Commerzbank dürften nun eine Verlängerung des Kaufprogramms sowie weitere Maßnahmen im Dezember nachgeholt werden.
Der Euro-Bund-Future liegt am Freitagmittag bei 164,37 Punkten nach 167,25 vor einer Woche. Vor der EZB-Sitzung war der Indikator für die langfristigen Zinserwartungen sogar kurzzeitig über 168 Prozent gestiegen. Der Rücksetzer hat allerdings auch mit dem Roll-over vom September- auf den Dezember-Kontrakt zu tun. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen verharrt weiter im Negativbereich, aktuell sind es minus 0,05 nach minus 0,06 Prozent vor einer Woche.
Notenbank löst Emissionsboom aus
Die Geldpolitik der EZB stößt weiter auf viel Kritik: "Die Wirkung des EZB-Anleihekaufprogramms lässt bekanntlich zu wünschen übrig", meint Klaus Stopp von der Baader Bank. Von dem Inflationsziel 2 Prozent und einem Anspringen der Konjunktur im Euroraum sei man jedenfalls noch weit entfernt. Zudem seien Investmentbanken dazu übergegangen, zielgenau solche Anleihen maßzuschneidern, die von der EZB angekauft werden. "Seit die EZB im März ihre Ankaufpläne verkündet hat, begaben die Banken EZB-fähige Firmenanleihen im Volumen von mehr als 110 Milliarden Euro. Das war mehr als das Doppelte gegenüber dem Vorjahreszeitraum und kann somit ohne Übertreibung als Emissionsboom bezeichnet werden", erklärt Stopp. "Nicht von ungefähr hat die Tageszeitung Die Welt' bereits von einer Art Schulden-Bonanza geschrieben, die das Anleihekaufprogramm ausgelöst hat und am Ende zu einer Pleitewelle führen könnte."
Bonds von kleinen und mittleren Unternehmen würden nicht gekauft. "Die Schere zwischen den großen Emittenten, denen das Geld nachgeworfen wird, und den kleinen Unternehmen, die auch einen großen Beitrag zur Wirtschaft leisten, geht immer weiter auseinander." Auch Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank zeigt sich skeptisch: "Die Diskussion über die Aufweichung der Ankaufsregeln zeigt, dass die Idee vielleicht doch nicht so gut war und sich nicht so einfach umsetzen lässt."
Keine US-Leitzinserhöhung im September
In den USA ist eine baldige Leitzinserhöhung nach den jüngsten Konjunkturdaten wie den schwachen Arbeitsmarktzahlen und dem Rückgang des ISM-Index unwahrscheinlicher geworden. "Die Spekulation über eine Leitzinsanhebung bei der Fed-Sitzung am 21. September ist praktisch vom Tisch, auch wenn Fed-Mitglied John Williams sich jüngst erneut für eine Straffung der Geldpolitik ausgesprochen hat", erklärt etwa die HSH Nordbank.
Corporates: Platziert mit Minusrendite
Vom Handel mit Unternehmensanleihen gibt es wenig Neues. Daniel meldet Käufe in einer Anleihe des österreichischen Stahlkonzerns Voest Alpine (WKN A1HGFW), der diese Woche wegen der Branchenkrise ein neues Sparprogramm angekündigt hat.
Unterdessen werden auch im Corporate-Bereich Neuemissionen mit Nullzinsen zur neuen Normalität. Nachdem vergangene Woche bereits der Essener Spezialchemiekonzern Evonik mit einer Anleihe mit Nullzins auf den Markt gekommen war, folgten in dieser Woche der Düsseldorfer Konsumgüterhersteller Henkel und der französische Pharmakonzern Sanofi. Und es gab noch ein Novum: "Zum allerersten Mal wurden am Primärmarkt Unternehmensanleihen mit negativer Rendite platziert", berichtet Sabine Tillman von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Bei Henkel (WKN A2BPAW, A2BPAX) war das bei der zweijährigen Tranche der Fall, bei Sanofi (WKN A18532, A18534) bei dem 2020 fälligen Papier. Die Henkel-Anleihen sind im Gegensatz zu denen von Sanofi schon in 1.000-Stückelungen zu haben.
von: Anna-Maria Borse
9. September 2016
Sie können sich kostenlos für unseren täglichen Newsletter per E-Mail anmelden. Registrieren Sie sich bei www.boerse-frankfurt.de/newsletter
Laden Sie sich jetzt die neue Version der Börse Frankfurt-App für Android oder iOS herunter, bzw. aktualisieren Sie die Version auf Ihrem Smartphone. Die App bietet jetzt kostenlose Xetra-Preise in Realtime. Bis zu drei Titel können Sie in Ihre Watchlist aufnehmen. Außerdem: Broker-Buttons für den direkten Weg in Ihre Ordermaske, Watchlists ohne Anmeldung u.v.m.
Unterstützen Sie uns bitte mit Ihrem Feedback - im App-Store oder direkt per Mail an uns.
© Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!