28.02.2013 12:41:35
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Börse Frankfurt-News: Standortbestimmung (Roth)
Die Woche
In der vergangenen Woche sorgten Mitglieder der Fed für Verunsicherung der Anleger. weil sie öffentlich die Geldpolitik der Notenbank in Frage stellten. Dann folgten einige Konjunkturenttäuschungen aus Euroland und schließlich noch durchwachsene Frühindikatoren aus den USA. Die abgelaufene Handelswoche bot wenig Anlass für Euphorie an den Kapitalmärkten. Vielmehr waren Bundesanleihen und US-Treasuries gefragt, die spürbare Kursgewinne erzielten. Der Euro und Aktien gerieten nach der Veröffentlichung des Protokolls der letzten Fed-Sitzung unter Abgabedruck. Ein déjà vu für die Anleger: Die Sorgen der Marktteilnehmer, dass die Fed ihren geldpolitischen Expansionsgrad früher als erwartet zurücknimmt, halte ich für völlig übertrieben: Zum einen sind mehrheitlich die geldpolitischen Tauben stimmberechtigt, zum anderen sprechen die jüngsten US-Daten ohnehin nur für ein moderates Wachstum. Vollbeschäftigung bleibt der Fed erstes Ziel.
Es wird sich in den nächsten erweisen, dass die Frühindikatoren der Weltwirtschaft wieder nach oben zeigen. Selbst ein leichter Rückgang des ISM-Index in dieser Woche kann nicht darüber hinwegtäuschen das die Konjunktur deutliche Erholungssignale zeigt. Am 1. März nähert sich das fiskalische Kliff, aus dem mittlerweile jedoch ein "Kliffchen" geworden ist: Automatische Budgetkürzungen in Höhe von rund 40 Milliarden US-Dollar zerstören keine Träume und werden nicht ausreichen, um die US-Wirtschaft in eine Rezession zu ziehen. Ausserdem ist es für eine Einigung noch lange nicht zu spät. Aus geldpolitischer Sicht ist derzeit interessant, dass der Konflikt innerhalb des Offenmarktausschusses nun sichtbar hervor tritt. Dennoch wird Kurs gehalten, denn von dem Ziel der Vollbeschäftigung ist die USA noch ein ganzes Stück entfernt mit einer Arbeitslosenquote von 7,8 Prozent.
Auch der unterentwickelten Exportindustrie verschafft man mit einem schwachen US-Dollar Flügel. Davon sollten die Aktienmärkte und auch der Euro profitieren, falls Italien schnell wieder auf Kurs kommt. An den Kapitalmärkten wird Risiko dennoch weniger gefragt sein, weil der Wahlgang in Italien eher Fragen aufwirft anstatt zu beantworten. Das Unentschieden, wenn man beide Kammern nimmt, lässt weitere Unsicherheiten über den Reformwillen der Italiener an den Finanzmärkten aufkommen.
Die technische Verfassung von Gold hat sich zuletzt erheblich verschlechtert. Zwar scheint das gelbe Metall überverkauft zu sein, auch sind wohl Kurzfristinvestoren inzwischen weitgehend ausgestiegen. Zudem dürften die Langfristinvestoren mit Ausnahme einzelner Großanleger dem Edelmetall eher treu bleiben.
Allerdings sorgen wohl auch Entwicklungen im fundamentalen Umfeld dafür, dass die Notierungen vorerst nicht in den Himmel wachsen. So scheint die Geldpolitik nicht mehr genügend Rückenwind zu geben. Selbst die forcierte quantitative Lockerung der US-Notenbank hat kaum mehr Zugkraft, zumal die Diskussion über deren Dauer zuletzt wieder zugenommen hat.
Die Hoffnungen der Goldanleger auf wieder sinkende Realzinsen haben sich inzwischen wohl auch verflüchtigt. Nachdem sie bis Mitte 2011 etwa in den USA auf knapp -3,5 Prozent gesunken waren, stiegen sie dort bis Mitte 2012 auf -0,9 Prozent. Nach einem zwischenzeitlichen Rückgang bis -1,8 Prozent scheinen sie jetzt wieder nach oben zu drehen. Die Inflation lässt auf sich warten und das Wirtschaftswachstum ist gleichzeitig nicht schlecht genug für zusätzliche Stimulans. Der Ausblick bleibt deshalb zunächst drübe.
Trend
Die Wahlen in Italien sind vorüber und wir so schlau wie zuvor. Das Patt wirft viele Fragen über den zukünftigen Kurs Italiens auf. Die Schwankungen nehmen damit weiter zu und das gilt als sicheres Zeichen für einen bevorstehenden Ausbruch aus dem Seitwärtskanal. Technisch gilt es, bis Ostern eine Dreiecksformation auszuhalten. Spätestens dann erfolgt der Ausbruch.
Trotz des unbefriedigenden Wahlausgangs in Italien, mit der Wahl zweier Komiker, halten sich die Märkte tapfer. Dennoch wird der technische Ausblick damit immer drüber, aber noch bleibt die Hoffnung der Konjunkturoptimisten. Der Dax hält knapp die Marke von 7.500 Punkten. Bei steigender Volatilität, in einer Spanne zwischen 7.500 bis 7.800 Punkten wird der Markt weiterhin seitwärts ziehen. Sollte die Unterstützung halten, dann kann sich das technische Bild bald wieder ins Positive drehen. Beispielsweise mit besseren Frühindikatoren aus Asien und den USA in den nächsten Woche. Die 8.050 Punkte bleiben aber für deutsche Anleger weiter im Fokus und solange das Geld billig ist, bleiben Aktien gefragt.
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© 28. Februar 2013/Oliver Roth
* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen der an der London Stock Exchange gelisteten Close Brothers Group plc, London. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de
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