05.04.2013 15:01:33
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Börse Frankfurt-News: Bund-Future nahe Rekordhoch (Anleihen)
Zypern ist nicht Griechenland: "Nach dem Aufschrei über die Entschlossenheit der EU, Einleger in Zypern an den Kosten der Rettung zu beteiligen, haben sich die Rentenmärkte wieder beruhigt", fasst Michael Leister von der Commerzbank die Lage zusammen. Zwar bleibe die Nachfrage nach sicheren Häfen hoch, die Risikoaufschläge der Peripherieanleihen seien aber bereits wieder merklich gefallen. "Wie von uns erwartet, ist die Staatsschuldenkrise nicht wieder eskaliert."
"Die Ansteckungsgefahr und ein Übergreifen der Eurokrise spielte zum Wochenauftakt für die Anleger keine Rolle mehr", kommentiert Arne Hellwig von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Nach dem ausgebliebenen Ansturm auf die Banken in Zypern habe der Druck auf die Bondmärkte deutlich nachgelassen. "Der Euro-Spuk ist vorbei", meint auch Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft. Zypern zeige, dass die Politiker in der Lage seien, Entscheidungen zu treffen. Er verweist auf Island, das ebenfalls Banken bankrott gehen ließ: "Das Land hat sich deutlich erholt, die Kreditkonditionen sind besser als für so manches Euro-Mitglied."
Minizinsen für Bundesanleihen
Das deutsche Rentenbarometer Euro-Bund-Future hat allerdings wieder zugelegt. "Zum ersten Mal in diesem Jahr konnte der Bund-Future die Marke von 146 Punkten nach oben durchbrechen", bemerkt Arthur Brunner von ICF Kursmakler. Aktuell notiert er bei 145,93 Punkten, das Allzeithoch von 146,89 Punkten aus dem Juni 2012 ist somit nicht mehr weit. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen liegt bei 1,24 Prozent und damit nochmals niedriger als vor dem langen Osterwochenende.
Und die großen Notenbanken halten an ihrer expansiven Geldpolitik fest, wie in dieser Woche abermals deutlich wurde. Die EZB bestätigte auf ihrer Sitzung am gestrigen Donnerstag den Leitzins von 0,75 Prozent und signalisierte Bereitschaft, bei Bedarf zu reagieren. "Damit lassen sich die Währungshüter die Tür für eine Zinssenkung offen", erläutert Rainer Sartoris von HSBC Trinkaus. Daneben lockerte die Bank von Japan ihre Geldpolitik abermals und kündigte an, noch stärker in japanische Staatsanleihen investieren zu wollen.
Entspannung für Peripherieländer
HSBC Trinkaus hat sich derweil die Lage auf dem europäischen Staatsanleihenmarkt im ersten Quartal 2013 angeschaut: Vor allem Spanien und Italien hätten von einem - verglichen mit dem letzten Jahr - günstigeren Zinsumfeld profitiert. "Die durchschnittlichen Zinskosten Spaniens für zehnjährige Anleihen liegen 2013 mit 4,98 Prozent um 78 Basispunkte tiefer als 2012. Italien emittierte mit 4,61 Prozent sogar 101 Basispunkte günstiger als im Vorjahr." Noch deutlicher sei der Rückgang nur in Irland.
Auch im vierten Quartal finden die Südländer genügend Abnehmer für ihre Anleihen: Am gestrigen Donnerstag konnte Spanien mit 4,307 Milliarden Euro deutlich mehr als das Maximalziel von 4 Milliarden Euro bei den Anlegern platzieren, wie Brunner berichtet. "Die Emission verteilte sich auf drei Anleihen mit Fälligkeit 2016, 2018 und 2021."
Daneben habe der Bund am Mittwoch fünfjährige Bundesobligationen auf den Markt gebracht. "Die Nachfrage war mit 1,9-facher Überzeichnung überdurchschnittlich hoch und die Rendite fiel gegenüber der vorherigen Auktion von 0,45 auf 0,33 Prozent." Trotz großer politischer und wirtschaftlicher Sorgen hat Frankreich ebenfalls keine Probleme, Staatsanleihen an den Mann oder die Frau zu bringen. "Frankreich konnte sich diese Woche so billig refinanzieren wie noch nie", erklärt Daniel.
Zypern-Papiere erholt
Zyprische Staatsanleihen legten diese Woche unterdessen wieder deutlich zu, wie Brunner beobachtet hat. "Die 4,625 Prozent-Anleihe mit Fälligkeit 2020 (WKN A1AS1P) stieg von 57 in der letzten Woche auf 70 Prozent. Die Rendite fiel dadurch von 15,16 auf 11,124 Prozent." Auch andere Zypern-Papiere legten zu, etwa verteuerte sich die 2015 fällige Anleihe (WKN A1A238) von unter 63 Prozent auf aktuell 77,50 Prozent.
Ungemach könnte nun von neuer Seite kommen: Brunner zufolge kämpft die Regierung von Slowenien nämlich dagegen an, ein ähnliches Schicksal wie Zypern zu erleiden. Dem Bankensektor mache eine Immobilienblase zu schaffen, die die notleidenden Kredite der Banken auf 20 Prozent des BIP hätten ansteigen lassen. "Allerdings ist der Finanzierungsbedarf des Landes mit 1,5 Milliarden Euro relativ gering."
Solarbranche mit neuem Krisenkandidat
Im Bereich der Unternehmensanleihen gerieten Papiere des Solarzulieferers 3W Power (WKN A1A29T) schon vor Ostern heftig unter Druck - Auslöser waren die Zahlen für 2012: Umsatz und Gewinn sind kräftig gesunken, vor allem aufgrund von Zahlungsverzögerungen eines Kunden, die im Zusammenhang mit der Zypernkrise stehen. Vor gut zwei Wochen notierte die Anleihe noch um 100 Prozent, aktuell sind es 73 Prozent, zwischenzeitlich lag der Kurs sogar unter 66 Prozent.
Evonik kommt gut an
Durch vor- und nachösterliche Ruhe geprägt war der Markt für Neuemissionen. Auf reges Interesse stieß Hellwig zufolge eine Anleihe des Essener Spezialchemiekonzerns Evonik (WKN A1TM7T) mit Laufzeit bis 2020 und einer Verzinsung von 1,875 Prozent. "Das Emissionsvolumen betrug 500 Millionen Euro bei einer kleinanlegerfreundlichen Stückelung von 1.000 Euro." Derzeit notiert die Anleihe bei 100,23 zu 100,37 Prozent.
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© 5. April 2013 / Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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