Nach Hilfsmaßnahmen |
03.07.2020 16:35:00
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Blackrock: Zuversicht trotz Coronakrise an die Märkte zurückgekehrt
"Der Rücksetzer war heftig und es wird mindestens bis Ende 2021 dauern, bis wir wieder auf das Vorkrisenniveau kommen", sagte Blackrock-Kapitalmarktstratege Felix Herrmann im Gespräch mit der APA in Bezug auf die konjunkturelle Entwicklung. Allerdings habe es nach dem Einbruch zu Beginn der Krise in den vergangenen Wochen bereits wieder positive Überraschungen gegeben. So hat in Deutschland der Ifo-Geschäftsklimaindex für Juni stärker als erwartet zugelegt. Auch die Konsumlaune der Deutschen hat sich für Juli laut GfK-Institut wieder deutlich aufgehellt.
Diese Signale der Zuversicht seien wichtig für die Märkte, denn sie bedeuteten auch, dass die Unternehmensgewinne eventuell weniger stark einbrächen als befürchtet. Nach der anfänglichen Befürchtung, dass die Gewinne für 2020 um bis zu 50 Prozent sinken könnten, sehe es derzeit nicht mehr aus. "Die Lage scheint sich zu stabilisieren", so Herrmann.
Zu den großen Gewinnern zählen derzeit vor allem Technologieunternehmen und in Folge auch deren Aktien. Dies liege auch daran, dass sich durch die Coronakrise der Trend zur Digitalisierung - beispielsweise beim Konsumverhalten, aber auch in der Arbeitswelt - noch weiter verstärkt habe. "Wir haben uns ja schon vor der Krise in einem strukturellen Wandel befunden, der wird jetzt verstärkt", so Herrmann.
Ein wichtiger Katalysator für den Optimismus seien aber auch die riesigen Hilfsprogramme der Regierungen sowie der internationalen Notenbanken. Die Reaktionen auf die Krise mit milliardenschweren Programmen seien "beispiellos" gewesen. Vor allem in den USA habe die Notenbank viel schneller und umfangreicher reagiert als in der Finanzkrise 2008. Auch die Antwort der EZB sei "bemerkenswert" gewesen, so Herrmann. Die Europäische Zentralbank (EZB) spült im Rahmen ihres "Pandemic Emergency Purchase Programme" (PEPP) insgesamt 1,35 Billionen Euro an Liquidität in die Märkte.
Dass sich daraus eine Staatsschuldenkrise entwickeln könnte, fürchtet der Kapitalmarktstratege nicht. Langfristig könne der Anstieg des Schuldenstandes der Staaten zwar durchaus ein Grund zur Sorge sein, kurzfristig sei dieser aber nur wenig relevant. Denn solange die Notenbanken die Staatsschulden ankaufen und auch bei sich hielten bzw. beim Auslaufen in neue Emissionen rollten, seien diese quasi "neutralisiert". Zudem seien wegen der niedrigen Zinsen die Kosten um die Schulden zu bedienen derzeit deutlich geringer als noch vor einigen Jahren. Sollten die Zinsen wieder steigen, könnten die Schuldenberge wieder zu einem Problem werden. Herrmann sieht die Gefahr hierfür aber für die nächsten fünf bis zehn Jahre eher nicht gegeben.
Eine größere Gefahr bestehe darin, dass die Coronakrise wegen hoher Kreditausfallraten in eine Bankenkrise übergehe. Dass die EZB über eine Art Bad Bank nachdenke, um mögliche von der Coronakrise ausgehende Schocks abzuwenden, zeige "den Ernst der Lage", so Herrmann. Er gibt jedoch auch zu bedenken, dass die Banken heutzutage mit mehr Eigenkapital ausgestattet und besser gegen eine Krise abgesichert seien als noch zu Zeiten der Finanzkrise. Zudem gäbe es für Geschäftsbanken zahlreiche regulatorische Erleichterungen für die Krisenzeit. Dementsprechend sei er optimistisch, dass eine Bankenkrise vermieden werden könne.
Trotz der aufkeimenden Zuversicht glaubt Herrmann, dass die Coronakrise auch in der zweiten Jahreshälfte ein dominanter Faktor an den Märkten sein wird. Da aber in Europa bereits ein gewisser Gewöhnungseffekt gegenüber der Pandemie einsetze, werde auch Platz für neue Themen frei wie die im Herbst anstehende US-Wahl oder den Brexit. Das könnte im zweiten Halbjahr wieder für mehr Unsicherheit und Volatilität an den Märkten sorgen.
Besorgt gibt sich Herrmann außerdem um die Schwellenländer. Nicht nur wegen steigender Infektionsraten, sondern auch weil sich neben der Digitalisierung und der Nachhaltigkeit noch ein weiterer Trend in Zukunft verstärken dürfte, und zwar die Deglobalisierung. "Darunter werden wohl vor allem die Volkswirtschaften leiden, die stark von Globalisierung profitieren", so Herrmann. Internationale Liefer- und Wertschöpfungsketten werden im Zuge der Coronakrise zunehmend hinterfragt und Produktionsstätten wieder stärker in das eigene Land verlagert. Das werde am Ende zu weniger Welthandel führen, worunter vor allem die Schwellenländer leiden dürften, so Herrmann.
(Schluss) bel/itz
APA
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