17.06.2018 22:47:42
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BERLINER MORGENPOST: Streit über den Sonntagseinkauf / Kommentar von Ulrich Kraetzer zu Spätis
Der vollständige Kommentar: Die Grünen wollen den sogenannten Spätis erlauben, auch am Sonntag Kunden zu empfangen, und dafür das Gesetz über die Ladenöffnungszeiten ändern. Wozu das denn? Diese Frage dürften sich viele Berliner stellen. Denn wer in einem der vielen quirligen Viertel in der Innenstadt wohnt, weiß, dass die meisten Kioske ohnehin regelmäßig am Sonntag öffnen. Ist der Vorstoß der Grünen also überflüssig? Könnte man meinen, ist aber nicht so. Denn das Gesetz über die Ladenöffnungszeiten lässt den regelmäßigen Verkauf an Sonntagen eigentlich nicht zu. Geschäfte für Touristen dürfen ihre Türen zwischen 13 und 20 Uhr öffnen. Die mal kleinen, mal ziemlich großen Spätis, bei denen nicht Stadtpläne, sondern Bier, H-Milch, Tiefkühlpizzen oder Duschgel in den Regalen stehen, fallen - bei aller Fantasie - nicht in diese Kategorie. Berichte über regelmäßige Razzien und Ordnungsstrafen für die Betreiber sind zwar nicht überliefert. Formal aber verstoßen die oft familiengeführten Betriebe gegen das Ladenöffnungszeitengesetz. Ist doch egal? Nein, das ist nicht egal. Denn auch in einer Metropole wie Berlin, die sich zu Recht damit rühmt, dass Bewohner und Gäste Konflikte auch außerhalb eines starren Regelwerks beilegen können, sollte der Rechtsstaat beachtet werden. Berlin ist nicht Kleinkleckersdorf. Wenn es Regeln gibt, sollten sie eingehalten werden - oder eben geändert werden, so wie die Berliner Grünen es jetzt durchsetzen wollen. Die Forderung, die Sonntagsruhe müsse eingehalten werden, ist für sich genommen völlig legitim. Unter den gegebenen Bedingungen ist sie aber scheinheilig. Denn das Gesetz, das diese Sonntagsruhe vorgeblich garantiert, ist unklar formuliert und somit längst Makulatur. Ganz gleich also, welche Meinung man zum sonntäglichen Einkauf und zur Daseinsberechtigung der Spätis hat: Das Gesetz über die Ladenöffnungszeiten muss präzisiert werden.
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