26.02.2014 15:18:31
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Berenberg-Chefvolkswirt: Die EZB sollte derzeit gar nichts tun
Von Hans Bentzien
Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte ihre Geldpolitik nach Ansicht von Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg-Bank, nicht ändern. Zwar deute die derzeit niedrige Inflation darauf hin, dass die EZB in der Vergangenheit etwas falsch gemacht habe, doch seien die jetzt noch relativ leicht umsetzbaren Maßnahmen faktisch wirkungslos, groß angelegte Wertpapierkäufe aber nicht angemessen, sagte Schmieding in Frankfurt. Ein bisschen Deflation findet er nicht schlimm.
Laut Schmieding "bräuchte es eine massive Verschärfung der Krise und eine tiefe Rezession", um die Eurozone "in den gefährlichen Bereich einer Deflation zu bringen". Damit meint er eine sich selbst verstärkende Spirale aus sinkenden Preisen und rückläufiger Nachfrage. Doch eine solche Spirale hat in den letzten 20 Jahren seiner Einschätzung nach nicht einmal Japan erlebt und schon gar nicht die Schweiz. "Preisrückgänge um 0,5 bis 1 Prozent sind nicht unbedingt gefährlich, da sage ich als Verbraucher 'danke schön'", meint er.
Der Berenberg-Chefvolkswirt weiß natürlich auch, dass die Zentralbank das aufgrund ihres Mandats anders sehen muss: "Die EZB hat ein Ziel von 1,8 Prozent, und da sind 0,8 Prozent eine erhebliche Abweichung. Sollte diese Abweichung größer werden und nicht kleiner, dann wäre sie berufen, Instrumente wie den groß angelegten Kauf von Wertpapieren einzusetzen", sagt er.
Dass die Inflation überhaupt so niedrig ist - im Januar lag sie bei 0,8 Prozent - deutet laut Schmieding tatsächlich darauf hin, "dass die EZB in der Vergangenheit etwas falsch gemacht hat". "Sie hätte ihr Kaufprogramm OMT nicht erst 2012, sondern schon 2011 ankündigen sollen", findet er.
Das lässt sich nun nicht mehr ändern. Aber "sollte unser konjunktureller Aufschwung noch mal ins Stocken geraten", so Schmieding weiter, dann "könnte und müsste die EZB angesichts der jetzt schon sehr niedrigen Inflation aggressivere Instrumente einsetzen".
Allerdings beurteilt der Berenberg-Chefvolkswirt die Konjunkturaussichten etwas optimistischer als die EZB. Er erwartet einen Anstieg der Wirtschaftsleistung im laufenden und kommenden Jahr um 1,3 und 1,7 Prozent. Die EZB rechnete Anfang Dezember nur mit 1,1 und 1,5 Prozent Wachstum.
Derzeit erwarten manche Beobachter, dass die EZB ihre Zinsen im März noch einmal senken oder andere geldpolitische Maßnahmen ergreifen wird. Schmieding hat unter den diskutierten Handlungsoptionen der Zentralbank allerdings keine gefunden, die ihn wirklich überzeugen.
Den Satz für Bankeinlagen in den negativen Bereich zu senken, hält er für zu riskant. Auf die Neutralisierung der Liquidität zu verzichten, die sich wegen der SMP-Staatsanleihekäufe gebildet hat, bringt seiner Ansicht nach zu wenig, um die zu erwartenden Vorwürfe zu kompensieren, die EZB betreibe mit den Securities Markets Programme (SMP) doch noch verspätete Staatsfinanzierung. Und an eine weitere Lockerung der Anforderungen an Repo-Sicherheiten glaubt er auch nicht.
Vorstellen kann Schmieding sich allerdings, dass die EZB demnächst ein einjährigen Repo-Geschäft mit einem Zinsaufschlag begeben wird, um die Fälligkeit des ersten Dreijahrestenders abzufedern.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@wsj.com
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February 26, 2014 08:54 ET (13:54 GMT)
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