10.08.2016 17:38:45

BDI-Chef Grillo pocht auf vollumfängliches Freihandelsabkommen TTIP

   Von Christian Grimm

   BERLIN (Dow Jones)--Während sich in der Bundesregierung beim umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP mit den USA ein Graben auftut, beharrt die deutsche Industrie auf einem umfassenden Vertrag. "Wenn schlechte Kompromisse geschlossen oder wichtige Themen ausgeklammert würden, wäre dies kein gutes Abkommen", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Ulrich Grillo, zu Dow Jones Newswires. "Mit einem TTIP light können wir Europäer die Globalisierung nicht gestalten, sondern werden von ihr eingeholt", legte der BDI-Chef nach.

Merkel hofft noch auf TTIP - Gabriel glaubt nicht daran Innerhalb der Regierung liegen Bundeskanzlerin Angels Merkel (CDU) und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) beim Freihandel mit Amerika inzwischen schwer über Kreuz. Während Gabriel große Zweifel daran hegt, ob das Abkommen zwischen der Europäischen Union und den USA überhaupt zustande gebracht werden kann, hält Merkel eisern daran fest. "Ziel ist es, die Verhandlungen bis Ende des Jahres abzuschließen. Das Abkommen bietet große Chancen für Wachstum und Beschäftigung", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch. Merkel selbst hatte vor zwei Wochen in ihrer großen Sommer-Pressekonferenz erklärt, sie kenne kein Abkommen, das drei Monate vor Schluss schon ausverhandelt wäre.

   In Gabriels Haus kommen die Fachleute zu einem anderen Schluss. Sie halten den verbleibenden Zeitkorridor von 5 Monaten für extrem eng. In keinem Kapitel gebe es eine abschließende Verständigung zwischen Europäern und Amerikanern, heißt es in einer Bestandsaufnahme zum Verhandlungsstand. Gerade bei wichtigen Fragen wie den Investorschiedsgerichten, dem Marktzugang für europäische Firmen bei öffentlichen Beschaffungen in den USA und dem Schutz geografischer Angaben wie Schwarzwälder Schinken oder Bayerisches Bier gehe es nicht voran.

Lange Liste mit Fragezeichen "Bei der öffentlichen Beschaffung ist die bisherige Weigerung der USA, US-Bundesbehörden sowie die subzentrale Ebene auch nur ansatzweise einzubeziehen, die größte Hürde", heißt es zum Beispiel in dem Papier. Das bisherige Angebot der Amerikaner sei sehr enttäuschend. Auch beim Schutz geistigen Eigentums sieht das Wirtschaftsministerium einen "grundlegenden Konflikt zwischen dem EU-System und der US-Praxis bei Markenrechten". Die Liste der Fragezeichen ist lang.

   "Der Minister möchte ein gutes Abkommen und kein schlechtes", erklärte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums zum schwelenden Streit.

   Die Europäer verhandeln mittlerweile seit drei Jahren mit Washington über die Handelserleichterungen. Eine grundlegende Einigung soll noch in der Amtszeit von Präsident Barack Obama erreicht werden. Seine potenziellen Nachfolger Hillary Clinton und Donald Trump stehen TTIP ablehnend gegenüber. In Deutschland ist der Widerstand gegen den Vertrag besonders groß. Auch Gabriels Partei hat große Probleme mit TTIP. Die Kanzlerin will nach der Sommerpause auf dem EU-Gipfel in September dem Thema im Kreis der EU- Staats- und Regierungschefs noch einmal Schwung verleihen.

   Der Industrie ist Substanz wichtiger als Schnelligkeit. "Wenn bis zum Jahresende kein unterschriftsreifes Abkommen vorliegt, ist das nicht das Ende von TTIP. Doch der politische Rahmen und wichtige Eckpunkte sollten vereinbart sein", verlangte BDI-Chef Grillo. Für das CETA-Freihandelsabkommen mit Kanada habe man schließlich fünf Jahre gebraucht.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

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   August 10, 2016 11:08 ET (15:08 GMT)

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