16.12.2013 16:39:58

Badische Zeitung: Sprechstunde für die Seele / Der Vorschlag des Kassenverbands zur Reform des psychotherapeutischen Angebots taugt nicht / Von Bernhard Walker

Freiburg (ots) - Zunächst die gute Nachricht: In Deutschland bekommen mehr Psychotherapeuten eine Zulassung der Krankenkassen. Das war überfällig, weil heute vielerorts Kranke auf eine psychotherapeutische Behandlung warten müssen. Ob eine gute Reform dieses Versorgungsangebots gelingt, ist aber offen. Es ist ja nicht so, dass Wartezeiten das einzige Problem wären. Der Mangel führt auch dazu, dass mancher Patient dort landet, wo eben gerade noch etwas frei ist - auch wenn das dabei angebotene Therapie-Verfahren für ihn nicht geeignet ist. Deshalb schlägt der Spitzenverband der Kassen eine "orientierende Sprechstunde" vor. In Form der so genannten probatorischen Sitzungen gibt es dies aber schon. Allerdings wurden diese Sitzungen bisher deutlich schlechter vergütet als die eigentliche Therapie. Zum Glück soll sich das künftig ändern. Denn damit bekommen die diagnostische Untersuchung und die Prüfung, welches psychotherapeutische Verfahren individuell das erfolgversprechendste für eine Heilung ist, den nötigen finanziellen Rahmen. Während dieser Reformaspekt in die richtige Richtung geht, führen andere allerdings in die Irre. Regelrecht missglückt ist beispielsweise der Vorschlag einer "Therapiepause", die sich im Kassen-Konzept findet: Nach 12 Stunden Therapie soll es eine "Mindestwartezeit" von sechs Wochen geben. Therapeut und Patient könnten die Zeit nutzen, um darüber nachzudenken, ob die bisher verfolgte Therapie sinnvoll sei. Ob sie gut miteinander arbeiten können, stellen Therapeut und Patient aber ganz von alleine fest. Ihre Arbeit zwangsweise zu unterbrechen, stellt jedenfalls einen krassen Eingriff dar. Denn er würde auch für die Behandlungen gelten, bei denen Therapeut und Patient bestens miteinander klarkommen und dabei schon Fortschritte erreicht haben. Die Pause begründet der Kassen-Verband mit dem Hinweis, dass Psychotherapien keine "Kriseninterventionen" seien. Aber sind sie das wirklich nicht? Viele Therapeuten berichten, dass sich viele ihrer Patienten sehr wohl in einer schweren seelischen Krise befinden und eine Unterbrechung der Behandlung nicht zu verantworten sei. Den Kassen, so die Klage der Kammer der Therapeuten, gehe es nicht um Reform, sondern um Sparen und Rationieren. Mit seinem Konzept hat der Verband somit nur erreicht, dass die Atmosphäre für die Gespräche über die für 2014 geplante Reform der psychotherapeutischen Versorgung belastet ist. Das ist ausgesprochen schade. Denn gerade in schlecht versorgten ländlichen Gebieten werden mehr Therapeuten in der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen werden. Dieses Plus bietet die Chance, die Wartezeiten für eine Therapie zu mindern. Mehr Therapien möglich zu machen, sie dann aber zwangsweise zu unterbrechen: Das passt nicht zusammen.

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