27.11.2016 12:54:00
|
Badelt: "Zorn gegen Konzerne" wegen Steuern, nicht wegen Handelspakt
"Vom Steuerwettbewerb halte ich absolut gar nichts", so Badelt. Einzelne Staaten wie Irland, die Unternehmen mit besonders niedrigen Abgaben ins Land locken, hätten vielleicht für ein paar Jahre Vorteile. ? la longue sei das aber fatal, "weil wir in der EU wieder eine Front aufmachen, wo wir nicht solidarisch sind".
Eine Steuerunion wäre freilich politisch nicht durchsetzbar, so der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts und langjährige Rektor der Wirtschaftsuniversität (WU). Statt sich wechselseitig die Unternehmen abspenstig zu machen, solle Europa stärker partnerschaftlich agieren.
Da Österreich im Vergleich zu manchen Nachbarstaaten mit 25 Prozent eine etwas höhere Körperschaftssteuer (KÖSt) habe, sei es Konzernen natürlich nicht zu verdenken, sich woanders niederzulassen.
Was die geplanten Steuerabkommen der EU mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) betrifft, ist Badelt nicht so skeptisch. "Die grundsätzliche Haltung, dass man durch die Öffnung der Wirtschaft Erfolge erzielt, ist meiner Meinung nach grundrational", so Badelt. Heikle Bereiche wie Umwelt oder Lebensmittel seien im CETA-Vertrag "wunderbar geregelt".
Die Ansagen des künftigen US-Präsidenten Donald Trump, wieder Zölle einzuführen und Freihandelsabkommen abzuschaffen, betrachtet Badelt mit Sorge, wenngleich niemand wisse, "was Trump wirklich machen wird". Sollte er seine Ankündigungen umsetzen, hätte das jedenfalls "massive Folgen", meint der Wifo-Chef. Der Wohlstand würde nicht nur in den USA, sondern auch in Europa und insbesondere in Österreich leiden.
Die österreichischen Exporte in die USA sicherten rund 80.000 Jobs, Österreich hänge mit einer Ausfuhrquote von mehr als 50 Prozent "massiv" vom Außenhandel ab, erinnert der Wifo-Chef. In den USA betrage die Exportquote dagegen nur 13 Prozent.
Würde Trump aber jetzt hohe Zölle für Waren aus China einheben, träfe das auch die amerikanische Wirtschaft. "Die Chinesen würden fragen: Wie ist das mit unseren Zulieferungen fürs iPhone?", so Badelt. Dann würden sich wohl die Preise für das Apple-Handy erhöhen.
Zur US-Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre meinte Badelt, die USA hätten die Ursachen der Krise viel radikaler bekämpft als Europa - "insbesondere, was die Bankenproblematik betrifft". "Man muss auch sagen, dass die Amerikaner viel weniger Skrupel gehabt haben, sich zu verschulden."
Badelt warnte aber gleichzeitig europäische Staaten, sich nun in Zeiten niedriger Zinsen der Versuchung hinzugeben, die Staatsschulden zu erhöhen. Wenn die Zinsen steigen, bedeutete das nämlich eine Einschränkung der Ausgaben. Für Österreich plädiert Badelt für eine Reduktion der Verschuldung, bei gleichzeitiger Erhöhung der Staatsausgaben in Schlüsselbereichen wie Bildung, Sozialwesen und Infrastruktur.
Dass Europa in den vergangenen Jahren einen Sparkurs gefahren sei, sieht Badelt nicht so. Es habe natürlich Einsparungen in einzelnen Bereichen gegeben und Krisenländer wie Irland oder Griechenland hätten den Rotstift stark angesetzt. Aber insgesamt seien die Ausgabenquoten in den vergangenen Jahren hoch geblieben.
Zur seit Jahren steigenden Arbeitslosigkeit in Österreich sagte Badelt: "Wir werden mit höheren Arbeitslosenraten leben müssen." Angesprochen auf eine Erhebung, wonach kaum ein Wiener Arbeitsloser bereit sei, einen Job außerhalb der Stadt anzunehmen, meinte Badelt, man müsse das Problem in Relation sehen. Es brauche "klassische Maßnahmen" etwa im Bereich Bildung.
(Schluss) snu/mk
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!