16.12.2013 17:32:30
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AUSBLICK/US-Notenbank steht vor heikler Entscheidung
Von Andreas Plecko
Die US-Währungshüter stehen in dieser Woche vor einer heiklen Entscheidung. Zur Debatte steht bei der zweitägigen Ratssitzung am Dienstag und Mittwoch, ob die Federal Reserve damit beginnt, die Dosis ihrer geldpolitischen Medizin zu verringern. Derzeit erwirbt die US-Zentralbank jeden Monat Staatsanleihen und Hypothekenpapiere im Umfang von 85 Milliarden Dollar. Zwar ist der Wirtschaftsausblick für die USA seit einigen Monaten zusehends heller geworden, die große Frage ist jedoch, ob die größte Volkswirtschaft der Welt schon so weit genesen ist, um den Entzug zu verkraften.
Fed-Chef Ben Bernanke hat im Sommer drei Kriterien aufgestellt, die für einen solchen Schritt erfüllt sein müssen. Es müsse Fortschritte auf dem Arbeitsmarkt geben, die Wirtschaft sollte sich im Aufschwung befinden und die Inflation müsse in Richtung des Zielwerts von 2 Prozent steigen. Bislang sind nur zwei Kriterien - Arbeitsmarkt und Aufschwung - erfüllt, denn die Inflation bewegt sich weiter hartnäckig unterhalb des Fed-Ziels, zuletzt entfernte sie sich sogar weiter davon.
Nur eine Minderheit von befragten Ökonomen rechnet damit, dass die Geldpolitiker bereits in dieser Woche damit beginnen werden, die Geldspritze abzusetzen. Von 43 Volkswirten, die vom Wall Street Journal konsultiert wurden, erwarten nur elf Experten ein "Tapering", während 30 davon ausgehen, dass die Fed bis zum Beginn des nächsten Jahres warten wird. Als "Tapering" bezeichnen geldpolitische Analysten die schrittweise Rücknahme der massiven Käufe von Staatsanleihen und Hypothekentiteln.
Zuletzt ist mit dem US-Haushaltskompromiss ein wichtiges Hindernis für eine Drosselung des Kaufprogramms aus dem Weg geräumt worden. Denn mit dem "zweijährigen Waffenstillstand" zwischen Republikaner und Demokraten ist für längere Zeit ausgeschlossen, dass sich das Drama einer Regierungsschließung wiederholt. Im September hatten die US-Notenbanker eine eigentlich erwartete Drosselung der Anleihenkäufe aufgeschoben, weil sie negative Auswirkungen des heraufziehenden Haushaltsstreits in den USA befürchteten.
Doch selbst ohne eine Neuauflage des Budgetstreits schweben einige Fragezeichen über dem US-Wirtschaftsausblick. So ist etwa die Arbeitslosenquote teilweise nur deshalb gefallen, weil die Zahl der Menschen, die Arbeit suchen, zurückging. Im dritten Quartal ist die US-Wirtschaft zwar kräftig gewachsen, doch der Zuwachs resultierte zum Großteil aus einem Aufbau der Lagerbestände. "Wir rechnen damit, dass der Offenmarktausschuss die Nachhaltigkeit des Aufschwungs in der Wirtschaft und am Arbeitsmarkt in Frage stellen und deshalb auf eine Drosselung verzichten wird", sagt Laura Rosner, Volkswirtin bei BNP Paribas.
Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner ist der Ansicht, dass die niedrige Inflation das "Tapering" verzögern, aber nicht verhindern wird. "Die grundsätzliche Entscheidung über die Reduzierung ist aller Wahrscheinlichkeit nach bereits gefallen. Die Fed sucht nur noch nach dem geeigneten Zeitpunkt." Zur Auswahl stünden die Ratssitzungen in dieser Woche, im Januar und im März. Am meisten spreche für den Termin im März, denn dann sei der Stabwechsel zur neuen Fed-Chefin Janet Yellen erfolgt und es finde eine Pressekonferenz nach der Sitzung statt, bei der die Entscheidung erläutert werde könne.
Doch selbst wenn die US-Notenbank am Mittwoch eine erste kleine Drosselung verkünden sollte, dürfte Bernanke bei der anschließenden Pressekonferenz bemüht sein, die Furcht vor steigenden Marktzinsen zu dämpfen. Dazu könnte er einerseits die "Forward Guidance" bekräftigen. Mit dieser Steuerung der Markterwartungen soll deutlich gemacht werden, dass bis weit ins Jahr 2015 hinein keine Erhöhung des Leitzinses zu erwarten ist.
Andererseits könnte Bernanke auch den Schwellenwert für die Arbeitslosenquote senken, ab mit einer Erhöhung der ultraniedrigen Leitzinsen zu rechnen ist. Bislang soll der Leitzins mindestens so lange in der aktuellen Spanne von null bis 0,25 Prozent bleiben, bis die Arbeitslosenquote auf 6,5 Prozent gesunken ist. Eine Änderung des Schwellenwerts birgt jedoch die Gefahr, dass die Fed ihre Glaubwürdigkeit beschädigt.
Viele Experten sind skeptisch, ob es den US-Währungshüter gelingen wird, die Märkte auf Dauer davon zu überzeugen, dass die Notenbank selbst bei einem kräftigen Wachstumsschub auf eine Zinserhöhung verzichten wird. In Großbritannien ist ein ähnlicher Versuch der Bank of England schon fehlgeschlagen - dort musste die Zentralbank ihre Prognosen zu Wirtschaftswachstum, Arbeitsmarkt und Inflation anpassen und damit den Märkten eine frühere Straffung der Geldpolitik in Aussicht stellen.
Kontakt zum Autor: andreas.plecko@wsj.com
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December 16, 2013 10:59 ET (15:59 GMT)
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