28.12.2010 09:08:33
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APA ots news: Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen der Außenwirtschaft
Wien (APA-ots) - Die aktuellen makroökonomischen und institutionellen Herausforderungen für den Euro-Raum angesichts der Krise und die Wechselkursentwicklung des Euro sind heuer zentrale Themen im Jahrbuch "Österreichs Außenwirtschaft 2010". Darüber hinaus finden sich darin Beiträge zu einer ganzen Reihe weiterer interessanter Themen wie die Erholung der Weltwirtschaft und des Handels von der globalen Wirtschaftskrise, der internationale Währungsstreit, oder die jüngsten Entwicklungen in der österreichischen Außenwirtschaft. Zum ersten Mal wird der österreichische Warenaußenhandel auch auf regionaler Ebene dargestellt. Das Jahrbuch dient auch als kompaktes und informatives Nachschlagewerk für globale und österreichspezifische Außenhandelsdaten. "Österreichs Außenwirtschaft 2010" wird heuer zum vierten Mal vom Kompetenzzentrum "Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft" (FIW) herausgegeben.
Die Schuldenkrise im Euro-Raum ist nicht bloß eine Folge der Schuldenpolitik der Euro-Länder. Vielmehr ist die derzeit beobachtete Verschärfung auf realwirtschaftliche Divergenzen, insbesondere das Auseinanderdriften der externen Wettbewerbsfähigkeit der Euro-Länder, in Folge fehlender wirtschaftspolitischer Koordination zurückzuführen. Die angespannte Haushaltsposition in vielen Euro-Ländern ist ähnlich wie das Fieber bei einer Grippe nur Symptom tiefer liegender Schwachpunkte im institutionellen Aufbau der Europäischen Währungsunion, die es zu beseitigen gilt. Zur Überwindung der Krise wird es daher nicht ausreichen, wenn die Europäische Kommission den Euro-Ländern immer mehr und immer detailliertere Regeln für die Haushaltspolitik auferlegt, vielmehr sollte die vertraglich vorgesehene Koordinierung der Wirtschaftspolitiken mit Leben erfüllt werden.
Ein Beitrag in "Österreichs Außenwirtschaft 2010" befasst sich mit der Koordinierung der Wirtschaftspolitiken im Euro-Raum. Die bis dato stark divergierenden Lohnentwicklungen in den Euro-Ländern stehen dabei im Zentrum. Mangels der Möglichkeit, Unterschiede in den Lohnstückkosten über den Wechselkurs auszugleichen, kommt der Koordinierung der nationalen Lohnabschlüsse im Euro-Raum eine gewichtige Rolle zu, um einen Verlust der externen Wettbewerbsfähigkeit einzelner Länder zu verhindern. Bisher wurde dies im Euro-Raum verabsäumt mit dem Ergebnis, dass die Wettbewerbsfähigkeit in den Ländern der Peripherie des Euro-Raums erodierte. Eine Folge davon sind hohe Leistungsbilanzdefizite. Hohe Leistungsbilanzdefizite bedingen hohe Schuldenstände der Unternehmen und privaten Haushalte. Diese privaten Schulden wurden wie zuletzt in Irland durch die Bankenrettungen teilweise vom öffentlichen Sektor übernommen und trugen auch entscheidend zu den hohen Budgetdefiziten bei, die in den meisten Euro-Ländern bis zum Ausbruch der globalen Wirtschaftskrise sogar rückläufig waren. Ein Schritt um die bestehenden Divergenzen zu reduzieren und künftige Krisen im Euro-Raum zu vermeiden, könnte eine Harmonisierung der Strategien der Tarifpartner im Zug der Lohnfestsetzung in den Euro-Länder sein. Ein konkreter Vorschlag dazu wäre eine Lohnregel, der zufolge sich die Lohnsteigerungen an den Produktivitätssteigerungen plus der von der EZB angepeilten Inflation orientieren. Dadurch würden sich die Inflationsraten der Euro-Länder weiter annähern, das Auseinanderdriften der Wettbewerbsfähigkeiten gestoppt und die Leistungs- und Kapitalbilanzungleichgewichte reduziert werden.
Die Schuldenkrise im Euro-Raum hat auch eine Diskussion über die zukünftige Wechselkursentwicklung des Euro entfacht. In Folge der Griechenlandkrise und als Reaktion auf das irische Rekorddefizit kam es zu einer Abwertung was Besorgnis über die Zukunft des Euro auslöst. Anderseits könnte die Abwertung des Euro die Exporte beflügeln und verstärkt zum Wachstum der Euro-Raum beitragen. Jedoch, sowohl die Besorgnis um den Fortbestand des Euro als auch die Hoffnung auf massive Exportausweitungen scheinen unbegründet. Zum einen erfolgte die Abwertung des Euro in der ersten Jahreshälfte 2010 nach einer längeren Aufwertungsphase und ist somit eher als eine Rückkehr zum längerfristigen "Normalniveau" zu betrachten, zum anderen hat eine Abwertung des Euro einen positiven Effekt auf die Exporte des Euro-Raums: eine 1-prozentige real-effektive Abwertung des Euro würde zu einem Anstieg der realen Exporte zwischen 0,5% und 1,0% führen. Da der real-effektive Wechselkurs jedoch weitaus geringeren Schwankungen unterworfen ist als der nominelle Wechselkurs, ist der Effekt des real-effektiven Wechselkurses auf die Exporte um einiges geringer als der Einfluss der Auslandsnachfrage. Darüber hinaus ist es durchaus möglich, dass der Euro angesichts der aktuellen Spannungen im internationalen Währungssystem, der expansiven Geldpolitik in den USA ("quantitative easing") und den aktiven Wechselkursinterventionen, wie etwa von Japan im September 2010, tendenziell aufwerten wird, sobald sich die Lage in Irland stabilisiert hat.
Nach dem starken Einbruch der österreichischen Warenexporte im Krisenjahr 2009 (nominell 20,2%) ist der Ausblick für das Jahr 2010 günstig. Aufgrund der deutlich besseren internationalen Rahmenbedingungen konnte der österreichische Warenexport in den ersten drei Quartalen 2010 einen nominellen Zuwachs von +15,8% gegenüber dem Vorjahreswert erzielen. Der nominelle Wert der im III. Quartal exportierten Waren lag um 20,9% über dem Vorjahreswert. Der reale Güterexport laut volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung (VGR) wies im III. Quartal 2010 gegenüber dem Vorquartal einen Zuwachs von 5,5% (saisonbereinigt) auf. Somit setzt sich der von Export und Sachgüterproduktion getragene Konjunkturaufschwung in Österreich auch im Herbst fort, jedoch vermehren sich Zeichen einer zunehmenden Unsicherheit in der Weltwirtschaft. Gemäß dem WIFO-Konjunkturtest hielt die gute Stimmung der österreichischen, exportorientierten Unternehmen an, die Beurteilung von Auslandsauftragsbeständen und die Erwartungen in Bezug auf Auslandsauftragseingänge verbesserten sich im IV. Quartal erneut.
2010 ist auch bereits eine deutliche Verbesserung der Exportquote zu erkennen, mit der das Verhältnis der Exporte (Waren- und Dienstleistungsexporte laut VGR) zum Bruttoinlandsprodukt gemessen wird. Nach dem starken Einbruch 2009, der den lang anhaltenden Trend einer stetigen Verbesserung stoppte. Lag der Wert der Exportquote im Vorkrisenjahr 2007 noch bei 59,3%, verringerte sich dieser Wert 2009 auf 50,5%. Im III. Quartal 2010 erreichte die Exportquote jedoch bereits wieder einen Anteil von 55,2%, und auch für das kommende Jahr wird mit einer weiteren Steigerung gerechnet.
Auch der Dienstleistungsexport erholte sich 2010, nach dem deutlichen, wenn auch im Vergleich zum Warenexport weniger stark ausgeprägten, Rückgang 2009 (nominell: 9,3%). Die österreichischen Dienstleistungsexporte konnten im 1. Halbjahr 2010 ein Plus von 3,2% gegenüber dem nominellen Vorjahreswert verzeichnen. Während sich der Reiseverkehr 2009 krisen-resistenter als andere Dienstleistungsarten erwies ("nur" 5,2% gegenüber dem Vorjahr), wirkte die mäßige Entwicklung des Reiseverkehrs im 1. Halbjahr 2010 (+0,9%) dämpfend auf das Gesamtergebnis der Dienstleistungsexporte. Innerhalb der Dienstleistungsexporte war in den letzten Jahren ein Bedeutungsgewinn von innovativen, technischen Dienstleistungsarten zu verzeichnen, 2009 lag der Anteil an den gesamten Dienstleistungsexporten bereits bei 16,7% (1999: 8,6%). Auch in der dritten Säule der österreichischen Außenwirtschaft, der Direktinvestitionstätigkeit, dürfte es 2010 wieder zu einer Erholung kommen, im 1. Halbjahr wurden 4,6 Mrd. Euro im Ausland investiert (netto Direktinvestitionsflüsse i. e. S.), hiervon entfielen aber nur weniger als 2 Mrd. Euro auf Eigenkapitalzuschüsse.
Detaillierte Informationen zu den angesprochenen Punkten sowie zu weiteren Themen der österreichischen Außenwirtschaft sind im neuen Jahrbuch "Österreichs Außenwirtschaft 2010" zu finden. Dieses steht auf der FIW-Website zum freien Download zur Verfügung (http://www.fiw.ac.at/index.php?id=655).
Das österreichische Außenwirtschaftsjahrbuch 2010 wird vom Kompetenzzentrum "Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft" (FIW) herausgegeben. Das FIW ist eine Kooperation des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO), des Wiener Instituts für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) und des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Rechenzentrums (WSR). Das FIW bietet eine Forschungsplattform zu außenwirtschaftsrelevanten Themenbereichen und ist eine Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ) im Rahmen der Internationalisierungsoffensive der Bundesregierung.
Rückfragehinweis:
Rückfragen am 28. Dezember 2010 bitte an Projektkoordination des Jahrbuchs "Österreichs Außenwirtschaft 2010" Mag. Susanne Sieber, Tel. +43 (0)1 798 26 01/223, Susanne.Sieber@wifo.ac.at (10:00 bis 13:00 Uhr) Teil Österreich Mag. Roman Stöllinger, Tel. +43 (0)1 533 66 10/57, stoellinger@wiiw.ac.at (9:00 bis 12:00 Uhr) Teil Weltwirtschaft und Jahresthema
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/7137/aom
*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***
OTS0008 2010-12-28/09:00
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