So könnte es weitergehen 19.01.2020 20:39:00

Analysten wagen den Ausblick: So geht es 2020 an der Wall Street weiter

Analysten wagen den Ausblick: So geht es 2020 an der Wall Street weiter

• Analysten mit unterschiedlichen Prognosen für 2020
• Bescheidener Optimismus unter einigen Aktienstrategen
• Ein pessimistischer Ausblick beziffert Abwärtspotenzial

Das Jahr 2019 hielt Anleger mächtig auf Trab: Immer wieder sorgte der Handelsstreit zwischen China und den USA für Auf- und Abwärtsbewegungen an den Aktienmärkten - es war das Thema des Jahres. Als es nun in Richtung Jahresende ging, fanden Börsianer ihre Kauflaune in einer quasi unerklärbaren Euphorie wieder und ließen die US-Indizes auf neue Rekordstände steigen. Zu den deutlichen Gewinnen trug in jedem Fall aber auch das anhaltende technologische Wachstum bei, Chip-Hersteller beispielsweise erwiesen sich am langen Ende als zuverlässige Branche. Nachdem es in diesem Jahr also in neue Höhen ging, bleibt nun die Frage, auf welche Entwicklungen sich Marktteilnehmer im neuen Jahr einstellen dürfen und was die Märkte überhaupt bewegen wird.

Was 2020 Anleger an der Wall Street bewegt

Nach wie vor dürfte der inzwischen als Dauerbrennerthema geltende Handelskonflikt ungelöst bleiben und Anleger auch im neuen Jahr bei ihren Entscheidungen beeinflussen. Auch wenn nun die Unterzeichnung eines Phase-1-Deals für etwas Beruhigung gesorgt hatte. Doch noch ein weiteres großes Thema tritt auf die Agenda: Die Präsidentschaftswahlen 2020 in den USA, die die Märkte besonders bewegen dürften. Teilweise werden sogar bereits schwarzmalerische Stimmen laut, die meinen, dass es - je nach Wahlausgang - "drastisch" bergab gehen könnte. Wie CNBC berichtet, rechnen deshalb zahlreiche Aktienstrategen damit, dass die Gewinne im laufenden Jahr bescheidender ausfallen werden als 2019. Unter anderem deshalb, weil das Wirtschaftswachstum der Vereinigten Staaten von Amerika eine Verlangsamung erfahren werde. Auch das Tempo der Aktienrückkäufe soll sich im neuen Jahr abkühlen, an den Aktienmärkten würden sich diese Punkte in einer erhöhten Volatilität widerspiegeln.

Pessimismus: Aktien schwächen sich ab

Einige Strategen, die sich anlässlich ihrer Einstufung zum pessimistischen Lager zählen dürfen, rechnen mit sinkenden Aktienkursen. Laut CNBC begründen sie ihre Annahme damit, dass Unternehmen schwache Gewinne verzeichnen und die Fundamentaldaten nachgeben werden. Mike Wilson, von Morgan Stanley, und Francois Trahan, Stratege bei der UBS, setzen daher für den marktbreiten US-Index S&P 500 ein Jahresendziel für 2020 bei 3.000 Einheiten - ein Kursminus von rund 4,26 Prozent zum Schlusskurs vom 25. November 2019.

Explizit rechnet UBS-Stratege Trahan damit, dass eine Abwärtsbewegung im ersten Halbjahr einsetzen werde, die sich mit einer anschließenden, kleinen Erholung nahezu relativiert. "Für uns ist klar, dass Aktien wahrscheinlich irgendwann im kommenden Jahr mit der Preisbildung in einer wirtschaftlichen Erholung beginnen werden", zitiert CNBC aus seiner Klientenmitteilung, welche 2019 veröffentlicht wurde. Vor dem sich abschwächenden Umfeld zeichne sich folglich auch ab, dass das "Gewinnwachstum selbst für den Large-Cap-Index in den negativen Bereich" drehen dürfte, so Tahan. Wilson stimmt dieser Prognose zu und sagt ein enttäuschendes EPS 2020 voraus. "Wir gehen davon aus, dass sich die US-Wirtschaft im Jahr 2020 durchwurschteln wird", schrieb der Morgan Stanley-Analyst.

Optimismus: 2020 geht es verhalten bergauf

Den beiden pessimistischen Ausblicken stehen mehr optimistisch gestimmte Wall Street-Analysten gegenüber. Tobias Levkovich von Citigroup prognostiziert dem S&P 500 einen Anstieg von 5,3 Prozent bis zum Jahresende 2020. Deutlich mehr Zuversicht legt daneben Credit Suisse-Stratege Jonathan Golub an den Tag: Er sieht den marktbreiten US-Index bis Ende 2020 bei 3.425 Punkten - basierend auf dem Schlusskurs vom 25. November entspräche das einer Kursperformance von 9,3 Prozent.

Seinen zuversichtlichen Ausblick stützt Golub auf die Annahme, dass die Gewinne weniger Gegenwind erhalten werden. Darüber hinaus geht er von mehr Rückkäufen im neuen Jahr aus - außerdem soll seiner Ansicht nach auch vermehrt expandiert werden. "Diese Schätzungen implizieren ein EPS-Wachstum von 5,2 Prozent im nächsten Jahr, eine deutliche Verbesserung von der 2019er 1,0 Prozent erwarteten Steigerung", führte der Aktienstratege seine Prognose in einer Kundennotiz weiter aus. "Die Wirtschaftsdaten haben sich im letzten Jahr und davor verlangsamt, was zu einer Outperformance der Low Volume- und Growth-Aktien auf Kosten des Value führte." Er nimmt an, dass sich diese Veränderung im neuen Jahr zunächst fortsetzen dürfte. Generell gehen mehr Analysten von einem weiteren, wenn auch nur leichten Anstieg als von einem Abschwung an den Aktienmärkten im Jahresverlauf 2020 aus.

Weniger Schwung? Wie sich Anleger nun positionieren sollten

Einfluss darauf, wie es im neuen Jahr weitergeht, dürfte das Dauerbrennerthema Handelsstreit haben. Der Wechsel zwischen versöhnlichen Tönen mit zuletzt Annäherungen und ein Phase-1-Abkommen und wiederum Unstimmigkeiten zwischen den beiden Parteien, die in Gesprächsverschiebungen münden, dürften die Aktienmärkte bis zu einer endgültigen Lösung weiterhin auf Trab halten. Dazu gesellt sich im neuen Jahr die Präsidentschaftswahl in den USA, die möglicherweise den größten Einfluss auf die 2020-Performance nehmen wird. Deutsche Bank-Marktstragege Ulrich Stephan rechnet im Vorfeld mit "hitzigen Debatten über die Regulierung amerikanischer Großindustrien". Auch Stephan nimmt an, der längste Aufschwung der Geschichte wird sich fortsetzen, wenn auch etwas weniger schwungvoll.

Zahlreiche Wall Street-Strategen empfehlen aufgrund ihrer Prognose, unterbewertete Aktien mit soliden Fundamentaldaten ausfindig zu machen - und so eher wählerischer bei der Aktienauswahl vorzugehen. Im Fokus sollte folglich stehen, dass Aktienkonzerne zuverlässige Einnahmen und solide Finanzen ausweisen und dabei geringe Schulden verbuchen. Die Prioritäten lägen 2020 nicht mehr auf High-Premium-Aktien oder solchen, mit enormen Wachstumspotenzial. "Wir bevorzugen Wert vor Wachstum, mit einer leichten defensiven Ausrichtung, angesichts unserer lauwarmen Prognosen und der in der vergangenen Woche nachlassenden 10-jährigen Treasury-Renditen und dem Verhältnis von zyklischen zu defensiven Aktien", äußerte Wilson, der eher pessimistisch auf das neue Jahr blickt.

Redaktion finanzen.at

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