Kritik an Geschäftsmodell |
09.02.2022 23:37:00
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Analyst bearish für Netflix-Aktie: "Wettbewerber werden Netflix zerquetschen"
• New Constructs-Analyst bearish, kritisiert geldverbrennendes Geschäftsmodell
• Analyst sieht bei Netflix große Nachteile gegenüber Konkurrenz
Die Netflix-Aktie kam nach der jüngsten Zahlenvorlage kräftig unter die Räder und verlor an nur einem Handelstag mehr als 20 Prozent an Wert. Vor der Bilanzpräsentation kostete eine Netflix-Aktie noch 508,25 US-Dollar, zuletzt wurde das Papier noch zu 410,10 US-Dollar gehandelt (Stand: Schlusskurs vom 07.02.2022). Analyst David Trainer von New Constructs glaubt allerdings, dass das Papier noch viel tiefer fallen müsste, um eine halbwegs gerechtfertigte Bewertung zu erreichen. Sein Kursziel für die Netflix-Aktie liegt bei 170 US-Dollar - und sei damit noch "ziemlich großzügig", sagte der Experte im Interview mit "Yahoo Finance". Denn mit dem aktuellen Geschäftsmodell würde Netflix nur Geld verbrennen und könnten schon bald von der wachsenden Konkurrenz im Streaming-Sektor zerquetscht werden.
Analyst: Netflix ist nichts als ein Lockangebot
Dass das Geschäftsmodell von Netflix Risse bekommt, zeigte sich auch an den Zahlen zum vierten Quartal: So hat die Zahl neuer Kunden im abgelaufenen Jahresviertel sowohl die eigenen Prognosen als auch die der Analysten verfehlt, und auch der Ausblick für das Kundenwachstum im ersten Quartal geriet sehr schwach. Für das US-Unternehmen ist ein zu langsames Kundenwachstum ein Problem, da die Abogebühren seine einzige Einnahmequelle darstellen, es aber kontinuierlich viel Geld für Lizenzgebühren und das Schaffen von eigenem Content ausgeben muss, um neue Nutzer zu gewinnen und die alten bei der Stange zu halten. Sollte das nicht mehr funktionieren, dürfte es eng werden.
Bereits 2021 hat Netflix Marktanteile verloren, auch wenn der Konzern noch Marktführer im Streaming-Bereich ist, schrieb David Trainer in einer Analyse, die auf der Webseite von New Constructs veröffentlicht wurde. Der Experte erwartet, dass sich diese Entwicklung in Zukunft noch weiter fortsetzen wird, da die Konkurrenz immer stärker werde. Wie Trainer gegenüber "Yahoo Finance" erläuterte, habe Netflix jedoch nicht nur mit Blick auf die Inhalte einen Nachteil gegenüber den Rivalen, die wie Disney oder ViacomCBS oft zahlreiche Lizenzen selbst besitzen, sondern auch aus finanzieller Sicht. Netflix habe "einen großen Wettbewerbsnachteil gegenüber Firmen wie Disney [...], denn Disney hat mehrere Möglichkeiten außer Streaming, seine Inhalte zu monetarisieren. [...] Und man braucht andere Möglichkeiten, diese Inhalte zu monetarisieren, wenn man eine nachhaltige Plattform haben will", so der Analyst im Interview mit "Yahoo Finance".
Außerdem könnten viele andere Firmen, die im Streaming-Sektor aktiv sind, auf Einkommensströme aus anderen Geschäftsbereichen zurückgreifen und so die Streaming-Sparte subventionieren, so dass diese nicht zwingend selbst viel Geld abwerfen müsse. Disney kann beispielsweise auf Einnahmen aus den Vergnügungsparks oder dem Verkauf von Merchandise-Artikeln zurückgreifen oder Amazon auf Gewinne aus dem Cloud-Geschäft. Für diese Konzerne sei Streaming daher "nichts als eine weitere Möglichkeit, Kunden an Bord zu holen. Und für diese anderen Unternehmen kann es ein Lockangebot sein, weil sie bereits [mit anderen Geschäftsbereichen] Geld verdienen. Netflix besteht nur aus einem Lockangebot", so das vernichtende Urteil des New Constructs-Analysten.
Experte sieht keine Rettung für Netflix-Geschäft
Laut Trainer sei das Streaming-Geschäft von Netflix stark cashflow-negativ, und das werde sich nur noch verschlimmern. So habe das Unternehmen etwa 2020 nur deshalb einen positiven Cashflow erwirtschaftet, weil weniger Geld für Inhalte ausgegeben wurde. Für die Zukunft sieht der Experte da jedoch offenbar schwarz - selbst wenn Netflix international weiter wachsen sollte, wie es laut "Yahoo Finance" etwa die Experten der Bank of America erwarten. "Die internationalen Märkte sind am unprofitabelsten [...], Sie verdienen mit diesen Kunden nicht wirklich Geld. Aus dieser Richtung ist bereits in der Vergangenheit das meiste Wachstum gekommen, weshalb der Cashflow negativ bleibt", so Trainer.
Auch in einer möglichen Erweiterung des Geschäftsfelds um den Bereich Gaming sieht der Analyst von New Constructs keine Möglichkeit für Netflix, endlich mehr Geld zu verdienen. "Gaming ist ein extrem kapitalintensives Geschäftsfeld", so Trainer. Außerdem hätte es Netflix auch hier mit starken Konkurrenten wie Microsoft oder Sony zu tun. Um mit ihnen in die direkte Konfrontation gehen zu können, müsste Netflix laut dem Experten mehrere Milliarden US-Dollar ausgeben. "Netflix hat im Wettbewerb mit diesen Unternehmen keine Chance", ist er sich daher sicher.
Kursrutsch bei Netflix als Annäherung an Realität
"Ich glaube einfach nicht, dass es ein wirklich gutes Geschäft ist", lautet Trainers zusammenfassende Einschätzung von Netflix gegenüber "Yahoo Finance". So langsam wache jedoch auch der Markt diesbezüglich auf und werde sich der Tatsache bewusst, "dass der Wettbewerb Netflix zerquetscht". "Der Traum ist vorbei", so der Analyst, der im Kursrutsch nach der Zahlenvorlage eine lang erwartete, allmähliche Annäherung zwischen dem Markt und der Realität sieht. Dennoch sei auch "die aktuelle Bewertung immer noch sehr befremdlich, besonders wenn man in Betracht zieht, dass Netflix Milliarden Dollar verbrannt hat". Denn letztlich dürfte Netflix laut Trainer die Puste ausgehen und der Konzern von starken Wettbewerbern und einem untragbaren Gewinnmodell aus dem Markt gedrängt werden.
Reaktion finanzen.at
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