23.10.2015 13:28:00
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AMS kämpft gegen Vorurteile bei Neueinstellung älterer Arbeitnehmer
Die Generation 50plus gelte immer wieder als zu alt, zu teuer, mit veralteter Qualifikation und zu häufig krank. Tatsächlich verfügten Ältere über besondere Berufserfahrung und wertvolles betriebsinternes Wissen, hätten eine hohe soziale Kundenorientierung, seien gute Troubleshooter, stellte Unternehmensberaterin Irene Kloimüller "Mythen und Fakten zum Älterwerden" einander gegenüber. Bei lebensbegleitendem Lernen wiesen Ältere besondere Schlüsselqualifikationen auf, das sei "ein Mehrwert für Unternehmen". Allein der körperliche Abbau bleibe als Manko, "aber den können wir gut abfedern". Ja, ein Teil der Älteren weise längere Krankenstände auf, das lasse sich aber durch veränderte Arbeitssituation leicht verhindern. Und das Kostenargument stimme heute nur noch in ganz wenigen Bereichen, "in vielen Branchen löst sich das schon auf", meinte Kloimüller in einem Pressegespräch, bei der die 600.000 Euro teure "50plus"-Kampagne des AMS präsentiert wurde ( http://www.einstellungssache50plus.at/ ).
Vor einem "Instant Aging" sei niemand gefeit, sagte die Unternehmensberaterin: "Denn wenn ich meinen Job verliere, bin ich binnen fünf Minuten um 20 Jahre gealtert." Bei der Einstellung gegenüber Älteren gehe es um eine Änderung der Denkmuster, eine Behebung der "geistigen Blockade", sagte Erste-Bank-Österreich-Chef Thomas Uher, dessen Geldhaus wie viele andere Unternehmen bei der Image-Kampagne mitmacht. Auch er habe sich gefragt, "wie ginge es mir heute, wenn ich Arbeit suchen würde", als er mit dem Schild "#schwervermittelbar" fürs Foto posierte. Doch seien 40 Prozent der Kunden der Erste Bank über 50 Jahre alt, diesem "guten Querschnitt" der Bevölkerung müsse man Rechnung tragen. In die Erste-Filiale am Graben komme immer wieder eine frühere langjährige Mitarbeiterin, um als 72jährige Kunden zu betreuen, denen dies ein Anliegen sei. Im Schnitt liege das Alter der Mitarbeiter bei 42,5.
Der Arbeitsmarktgipfel in einer Woche sollte auch ein Konjunkturgipfel werden, also sich auch auf konjunkturbelebende Maßnahmen einigen, wünscht sich AMS-Vorstand Kopf. Seit vier Jahren liege das Wirtschaftswachstum in Österreich unter einem Prozent jährlich, "mit Arbeitsmarktpolitik allein kann man die Arbeitslosigkeit nicht zum Sinken bringen". "Wenn die Konjunktur anspringt, dann steigt auch die Beschäftigung Älterer", meinte dazu Kloimüller; denn die Arbeitslosigkeit Junger und Älterer entwickle sich etwa parallel.
Ob es beim Gipfel am 30. Oktober auch eine Einigung auf das schon lange diskutierte Bonus-Malus-System zugunsten älterer Arbeitnehmer in den Unternehmen geben könne, wagte Kopf nicht abzuschätzen. Bisher hätten sich die Arbeitgeber über die schon zu hohen Lohnnebenkosten beklagt, erinnerte er vor Journalisten.
Zum Bonus/Malus-System, mit dem ältere Arbeitnehmer länger in Beschäftigung gehalten werden sollen und das im Regierungsprogramm von SPÖ und ÖVP vereinbart ist, hatte es wiederholt Ablehnung von Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und Industriellenvereinigung (IV) gegeben, allerdings hatte etwa ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling Mitte September explizit für den bevorstehenden Arbeitsmarktgipfel darauf gedrängt.
Die AMS-Eingliederungshilfen für Menschen ab 50 sollen 2016 über die heurigen 120 Mio. Euro hinaus aufgestockt werden, auf wie viel steht aber noch nicht fest - das solle beim Arbeitsmarktgipfel fixiert werden. Kopf wünscht sich, dieses Geld, mit dem die Lohnkosten der Betriebe mit bis zu 50 Prozent gestützt werden können, unter bestimmten Bedingungen auch schon für Betroffene eingesetzt werden dürfen, die noch nicht mindestens sechs Monate ohne Job waren. Denn häufig zeichne sich schon früher ab, dass jemand ohne Gegenmaßnahmen sehr lange arbeitslos sein werde. Bisher haben kumuliert rund 21.000 Personen von den Eingliederungshilfen profitiert.
Das AMS-Instrument der Eingliederungshilfen wirke nachweislich und schaffe auch eine Win-Win-Situation, so Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik in der WKÖ in einer Aussendung. Auch in den kommenden Jahren sollte diese Beihilfe ausreichend zur Verfügung stehen.
Die Schwerpunkt-Mittel des AMS zugunsten Langzeitarbeitsloser und Älterer wachsen 2016 wie schon bekannt von 120 auf 250 Mio. Euro an. Diese für aktive Arbeitsmarktpolitik verwendbaren Gelder sind aktivierte Mittel aus dem Budget der Arbeitslosenversicherung. Zusätzlich zu den 250 Mio. Euro soll es noch 70 Mio. Euro für die Integration von Flüchtlingen am Arbeitsmarkt geben. Zufrieden ist Kopf damit, dass die Qualifizierungsförderung für über 45-Jährige unter bestimmten Kriterien seit Anfang 2015 fortgeführt werden kann.
Ebenfalls zufriedener als noch vor Jahren ist Kopf mit dem Instrument der Altersteilzeit. Durch eine Gesetzesänderung, die das zeitliche "Blocken" für Betriebe finanziell deutlich unattraktiver gemacht hat, ist der Anteil der "Blocker" dem AMS-Vorstand zufolge auf nur noch 28 Prozent gesunken. "Jetzt passt das sehr gut. Das führt zu einem längeren Verbleib im Unternehmen", so Kopf. Früher wurde meist die erste Hälfte der Altersteilzeit weiter voll gearbeitet, danach schied man vorzeitig ganz aus der Firma aus. Heuer im September waren 22.464 Menschen in Altersteilzeit, ein Jahr davor 18.382. Allerdings kostet diese Lohn- und Lohnnebenkosten-Subvention für eine Reduktion der Arbeitszeit um 40 bis 60 Prozent für bis zu fünf Jahre auch einiges: Heuer sind laut Kopf dafür 260 Mio. Euro aufzuwenden und für die Jahre 2016 bis 2021 - ohne neue Inanspruchnahmen, also nur für bisherige Fälle - nochmals 610 Mio. Euro. Dabei handelt es sich um Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.
(Schluss) sp/cri
WEB http://www.ams.at
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