03.08.2016 13:41:00
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AMS-Chef: Arbeitsunwilligkeit nicht Problem, Arbeitslose wählerischer
Für den AMS-Vorstand Johannes Kopf gibt es kein großes Problem mit kompletter Arbeitsunwilligkeit bei arbeitslosen Personen. "Es sind viel weniger als man glaubt", sagte Kopf im APA-Gespräch. Was den Arbeitsort in Österreich und die Arbeitsbedingungen betreffe, seien manche Arbeitslose aber wählerischer geworden, als das Gesetz erlaubt.
Es gehe nicht um Arbeitsverweigerung, sondern Unzufriedenheit mit dem konkreten angebotenen Job. Eine besonders wählerische Gruppe seien - meist männliche - Führungskräfte über 50 Jahren, die bei Jobverlust zu lange nach einer gleichwertig gut dotierten Stelle suchen. Kopf empfiehlt Arbeitskräften generell, schon innerhalb der Kündigungsfrist auf Jobsuche zu gehen bzw. sich beim Arbeitsmarktservice (AMS) zu melden. "Die besten Jobchancen haben Jobwechsler", betonte der AMS-Vorstand. 70 Prozent der Arbeitssuchenden finden binnen drei Monaten einen neuen Job. Jedes Monat länger in Arbeitslosigkeit verringere die Jobchancen, weil Unternehmen länger arbeitslose Personen leider ungern anstellen würden. "Wenn jemand länger arbeitslos ist, sinkt der Marktwert."
Im Jahr 2015 hat das Arbeitsmarktservice (AMS) das Arbeitslosengeld wegen gänzlicher Arbeitsunwilligkeit nur 225 Mal komplett gestrichen, ein Plus von 14,2 Prozent bzw. 28 Fälle gegenüber 2014. Teilweise wurde das Geld 102.431 Mal gesperrt, meist wegen Versäumnis eines Kontrolltermins. Fast ein Drittel (29 Prozent) der Sperren kommen wegen der Wartefrist bei Selbstkündigung zustande. Gibt ein Arbeitnehmer seine Stelle freiwillig auf, ohne einen neuen Job zu haben, bekommt er in den ersten vier Wochen kein Arbeitslosengeld ausbezahlt.
Die Wirtschaftskammern in Tirol und Oberösterreich haben kürzlich ihre Mitglieder dazu aufgefordert, dem AMS öfters Rückmeldungen zu nicht sonderlich motivierten Jobbewerbern zu liefern. Vor allem Betriebe im Tourismus und Gastronomie mit Saisonarbeitsstellen beklagen Personalmangel. Das AMS sei auf Rückmeldungen der potenziellen Arbeitgeber angewiesen, um Zumutbarkeitsregelungen zu prüfen, so Kopf. Die Beiträge für das Arbeitslosengeld würden auch von Menschen bezahlt, die jahrelang in solchen scheinbar unzumutbaren Arbeitsbedingungen arbeiten. Eine strikte Prüfung sei im Sinne der Versichertengemeinschaft notwendig.
Mehr Anreiz zur Arbeit wäre etwa bei Familien mit mehreren Kindern, die Mindestsicherung beziehen, notwendig, da dann die Annahme von niedrig bezahlten Jobs für die Eltern finanziell nicht attraktiv sei. Kopf wünscht sich hier eine Art Anrechnung von 70 Prozent des Einkommens, um diese "Inaktivitätsfalle" zu entschärfen und Arbeit lohnender zu machen. In Niederösterreich gebe es bereits einen Wiedereinsteiger-Bonus, dies sollte auch auf die anderen Bundesländer ausgeweitet werden. Damit überregionale Jobvermittlung besser funktioniert, wünscht sich der AMS-Chef eine bundesweit einheitlich geregelte Grundsicherung.
Kopf erinnerte daran, dass es auch innerhalb von Bundesländern höchst unterschiedliche Arbeitslosenquoten gibt. Die Arbeitslosenrate in Wiener Neustadt liege bei 10,7 Prozent und in Scheibbs bei 3,6 Prozent (AMS-Daten Ende Juni 2016). Dafür seien viele Faktoren verantwortlich. Um die Arbeitsmobilität innerhalb Österreichs zu erhöhen, müssten die Kinderbetreuung und teilweise der öffentliche Verkehr ausgebaut werden.
(Forts.) cri/gru/tsk
WEB http://www.ams.at
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