06.08.2014 19:51:00

Allg. Zeitung Mainz: Zweites Norwegen? / Kommentar zur schottischen Frage

Mainz (ots) - Sind die Schotten wahnsinnig?", fragte vor einigen Tagen "Die Zeit". Der Aufschrei ist nicht nur ein stilistischer Trick, um die Aufmerksamkeit der Leser auf eine Frage zu lenken, die sie zunächst nicht direkt betrifft. Sie drückt auch unser völliges Unverständnis aus, mit dem wir auf das Referendum zur Abspaltung Schottlands vom Vereinigten Königreich am 18. September schauen. Ein auf der internationalen Bühne irrelevantes Schottland? Großbritannien nur noch als angeschlagener Rumpfstaat? Eine Nato, deren Verteidigungsstrategie mit dem angekündigten Verlust des Heimathafens der britischen Atomflotte in guten Teilen über den Haufen geworfen würde? Alles irgendwie nicht recht vorstellbar. Doch unsere Vorstellung zählt bei diesem Volksentscheid nichts, bei dem auch die Integrationskraft der europäischen Nationalstaaten auf dem Spiel steht. Wir dürfen uns die nationalistische Bewegung in Schottland allerdings nicht als kauzige Vereinigung ewig gestriger Kiltträger vorstellen. Es sind gerade die jüngeren Schotten, die der Unabhängigkeitsbewegung zugetan sind, die Mehrzahl der Künstler und auch ein Gutteil des grünen Milieus. Sie wollen Schottland nicht in die mittelalterliche Welt des Highlanders zurückbeamen. Sie träumen von einer Art zweitem Norwegen, das seinen Ölreichtum auch für eine sozialere und weniger kriegerische Politik nutzt. Ausgerechnet die jüngste Drohgebärde aus London, Schottland im Falle der Abspaltung das Pfund als Währung zu entziehen, scheint allerdings erstmals den Zulauf zu den Separatisten zu stoppen. Die britische Regierung pokert hoch. Hoffentlich hat sie damit Erfolg.

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Pressekontakt: Allgemeine Zeitung Mainz Florian Giezewski Regionalmanager Telefon: 06131/485817 desk-zentral@vrm.de

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