08.07.2018 20:53:42

Allg. Zeitung Mainz: Harte Hand / Kommentar zur Türkei / Von Mario Thurnes

Mainz (ots) - Zwei Jahre dauert nun bald der Ausnahmezustand in der Türkei. Begründet wird er mit einem Putschversuch, während dem die bestehende Ordnung wenige Stunden in Gefahr war. Dafür zwei Jahre Ausnahmezustand? Der Verdacht drängt sich auf, dass der schon lange nichts mehr mit dem eigentlichen Putsch zu tun hat. Eins lässt sich sicher sagen: In dessen Verlauf wurde die bestehende Ordnung der Türkei abgeschafft. Mustafa Kemal Atatürk hat nach dem Ersten Weltkrieg aus dem zerfallenden Osmanischen Reich die moderne Türkei geschmiedet: demokratisch, rechtsstaatlich, westlich und säkular, also streng auf die Trennung von Staat und Religion achtend. Recep Tayyip Erdogan hat - zumindest in den zurückliegenden beiden Jahren
das Erbe Atatürks in sein Gegenteil verkehrt. Gut hundert Jahre nach dem "Vater aller Türken" ist das Land zwischen Bosporus und Nahem Osten ein Staat, der Sender und Zeitungen schließt. Journalisten und andere zivile Kräfte unter fadenscheinigen Vorwänden wegsperrt. Selbst deren Verteidiger laufen Gefahr, im Gefängnis zu landen. Zwar finden noch Wahlen statt. Doch deren Begleiterscheinungen werden von internationalen Beobachtern stark kritisiert. Mit dem jüngsten Schlag, der Entlassung vieler Beamter und der Schließung weiterer Medienhäuser, kommt Erdogan zum Ende seines Umbaus der Türkei. Faktisch regiert er den Staat wie ein Diktator. Einer, der weiterhin eine harte Hand brauchen wird. Denn die Wirtschaftsdaten der Türkei sind verheerend - was etwa im Tourismus eine direkte Folge der Politik Erdogans ist.

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