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01.04.2019 22:27:44

Allg. Zeitung Mainz: Angezählt / Friedrich Roeingh zur Kommunalwahl in der Türkei

Mainz (ots) - Nach diesem Kommunalwahlergebnis werden mindestens in Istanbul und in Ankara Köpfe rollen. Anders kann man die Ankündigung Recep Tayyip Erdogans nicht verstehen, Schwachstellen seiner Partei "identifizieren und korrigieren" zu wollen. Die Reaktion des allmächtigen türkischen Präsidenten zeigt, wie empfindlich die Wahlschlappe ihn und die gesamte AKP getroffen hat. Auch wenn man die Justiz und die Medien gleichgeschaltet hat, auch wenn man politische Gegner - wie eine ganze Reihe kurdischer Bürgermeister - aus dem Weg geräumt hat, kann die AKP (in den Großstädten) Wahlen verlieren. Mit der Tatsache, dass es den Kemalisten gelungen ist, Ankara und wohl auch Istanbul zurückzuerobern, werden allerdings nicht wieder Demokratie und Rechtsstaat in der Türkei einziehen. Es ist eher damit zu rechnen, dass Erdogan die Daumenschrauben der Repression an einigen Stellen noch enger anziehen wird, um zugleich etwas für die dringende Gesundung der türkischen Wirtschaft zu tun. Der Lichtblick dabei: Nachdem sein Instrument der maßlosen staatlichen Investitionen kaum Wirkung gezeigt hat, wird er zumindest um ökonomische Reformen nicht herumkommen. Wer aber darauf setzte, dass die kemalistische CHP und die prokurdische HDP der AKP den Rang ablaufen könnten, der hat die tiefe Spaltung der Türkei zwischen städtischen und ländlichen Regionen nicht verstanden. Wesentlich bedrohlicher ist für Erdogan einProzess, der sich aus der Kommunalwahl nicht direkt ableiten lässt: die denkbare Abspaltung einer islamistischen Gruppierung von der AKP. Auch das keine Prognose, die zu Optimismus Anlass gäbe.

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