18.11.2021 15:13:00
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Agrarförderungen - Erneut scharfe NGO-Kritik an GAP-Strategieplan
Der vom Landwirtschaftsministerium überarbeitete Entwurf des GAP-Strategieplans für die nationale Verwendung der EU-Agrarfördermittel für 2023 bis 2027 wird von zahlreichen heimischen Nichtregierungsorganisationen (NGO) weiterhin abgelehnt. "Vereinzelte grüne Anstriche und geringfügige Überarbeitungen" würden "nicht annähernd für die nötige Trendumkehr zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft" reichen, hieß es heute von NGO-Vertretern bei einer Online-Pressekonferenz.
BirdLife Österreich, Global 2000 und die Österreichische Berg- und Kleinbäuer_innen Vereinigung haben zusammen mit der Arbeiterkammer (AK), Biene Österreich, Bioverband Erde & Saat und der Produktionsgewerkschaft PRO-GE den Ministeriumsentwurf analysiert. Laut den Organisationen werden mindestens sechs von acht untersuchten Zielen des Europäischen Green Deal mit dem im Oktober vom Landwirtschaftsministerium veröffentlichten GAP-Strategieplan nicht oder sehr unwahrscheinlich erreicht. Im Mai hatten mehr als 50 Nichtregierungsorganisationen bereits eine umfassende Überarbeitung des damals vorgelegten Plans gefordert.
Die Umwelt-NGO und bäuerlichen Organisationen fordern in ihrem heute veröffentlichten 33-seitigen GAP-Check "grundlegende Korrekturen bei klimaschädlichen Investitionsförderungen, höhere Förderungen der Bio-Landwirtschaft und gerechte Verteilung der Direktzahlungen zum Erhalt kleiner Höfe". Bis 18. November können Stellungnahmen zum österreichischen Strategieplan für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) an das Landwirtschaftsministerium geschickt werden. Die rechtliche Grundlage für den Strategieplan muss vom Nationalrat beschlossen werden und der finale Plan dann bis Ende 2021 an die EU-Kommission übermittelt werden. Über die GAP der EU plus Kofinanzierung von Bund und Ländern fließen jährlich rund 2,2 Mrd. Euro an öffentlichen Geldern in die österreichische Landwirtschaft und Forstwirtschaft sowie den ländlichen Raum.
Die Landwirtschaftssprecherin von Global 2000, Brigitte Reisenberger, appellierte an die Grünen als ÖVP-Regierungspartner sich beim österreichischen GAP-Strategieplan mehr einzubringen. "Die Grünen sind sehr stark gefordert", sagte Reisenberger am Donnerstagvormittag bei einer Online-Pressekonferenz. Es brauche "wichtige Änderungen" beim österreichischen GAP-Strategieplan um die Green-Deal-Ziele bis 2030 von 50 Prozent-Reduktion von Nährstoffverlusten, 50 Prozent-Reduktion von Pestizideinsatz, Umkehr des Rückgangs von Bestäubern, Beitrag zur Klimaneutralität, Verbesserung bäuerlicher Einkommen sowie faire Arbeitsbedingungen für Erntearbeiterinnen und Erntearbeiter zu erreichen. Unter anderem brauche es "klare Förderanreize für eine Reduktion des Tierbesatzes und für die flächengebundene Tierhaltung".
Für Sofia Scherer von "Fridays for Future Austria" geht der heimische Strategieplan in "die falsche Richtung" und ist "stark verbesserungswürdig". "Der österreichische GAP-Strategieplan ist ausschlaggebend für die Entwicklung unserer Landwirtschaft. In der jetzigen Fassung wird er die Klimaziele des Green Deal jedoch nicht einhalten", sagte Scherer bei der Pressekonferenz. Der Obmann vom Bioverband Erde & Saat, Matthias Böhm, sieht beim überarbeiteten Strategieplan im Bio-Bereich "einen Schritt in die richtige Richtung, aber noch viel Handlungsbedarf". Unter anderem sei das Flächenziel von 30 Prozent biologische Landwirtschaft in Österreich bis 2030 nicht ambitioniert und die Bio-Förderungen müssten erhöht werden.
Der Biobauer und Vorstand der Österreichischen Berg- und Kleinbäuer_innen Vereinigung (ÖBV), Ludwig Rumetshofer, drängt auf eine stärkere Umverteilung der Agrar-Direktzahlungen. Als Vereinigung fordere man die doppelte Förderung der ersten 20 Hektar. Wenn kleinere Betriebe nicht mehr Förderungen bekommen, werde sich das Höfesterben weiter verschärfen, so Rumetshofer. Österreich werde mit dem aktuellen GAP-Strategieplan auch nicht die von der EU-Kommission geforderte Umverteilung der Agrarfördermittel schaffen.
Der Umweltdachverband und Naturschutzbund sehen "positive Ansätze" im österreichischen GAP-Strategieplan, "aber großer Handlungsbedarf punkto Biodiversität". Die Arbeiterkammer kritisierte in einer Aussendung, dass im Plan keine Bestrebungen sichtbar seien, wie die von der EU vorgeschlagenen arbeitsrechtlichen Mindeststandards für Erntearbeiter umgesetzt werden sollen.
SPÖ-Landwirtschaftssprecherin Cornelia Ecker forderte in einer Aussendung, Agrarfördermittel an die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten zu koppeln und die Maßnahmen für eine ökologischere Landwirtschaft umzusetzen. In anderen EU-Mitgliedsstaaten werde der GAP-Strategieplan umfassend diskutiert, in Österreich sei der Plan "völlig unbekannt". "Wir fordern eine zweimonatige Einbindung in Form einer umfassenden Begutachtung des ausstehenden Gesetzestextes", so Ecker.
Die Landwirtschaftskammer und der ÖVP-Bauernbund verteidigen den Strategieplan des Landwirtschaftsministeriums unter Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). "Die heute geäußerte Kritik negiert jedoch vollkommen die Ausgangslage und ist in keiner Weise nachvollziehbar", hieß es in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Man brauche "keine Trendwende", denn Österreichs Landwirtschaft verfolge "bereits seit Jahrzehnten einen höchst nachhaltigen Weg" und sei EU-weit ein "Umwelt- und Nachhaltigkeitsvorreiter". Beim GAP-Strategieplan gehe es darum diesen Weg "weiter zu verfolgen und auszubauen".
Für Bauernbund-Direktor Norbert Totschnig ist die Kritik am Plan "nicht nachvollziehbar". Es seien "alle Interessengruppen bei der Erarbeitung eingebunden" gewesen. "Ziel ist, unsere hohen Standards beim Tier- und Umweltschutz zu halten und auszubauen. Es ist wichtig und richtig, dass die künftige Gemeinsame Agrarpolitik ökologischer und klimafreundlicher wird", so Totschnig. Es sei aber auch wichtig, dass Betriebe bei den Agrar-Programmen mitmachen und nicht wegen "überbordenden Maßnahmen das Handtuch werfen".
cri/phs
WEB http://www.arbeiterkammer.at https://www.proge.at
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