15.04.2016 19:02:41
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Aachener Zeitung: Kommentar Der Rechtsstaat Angela Merkel hat richtig entschieden Bernd Mathieu
Aachen (ots) - Das hat die Bundeskanzlerin gut gemacht. Sie hat
sich nicht beirren lassen und in der Staatsaffäre Böhmermann eine
klare Entscheidung zugunsten des Rechtsstaates getroffen. Und der
dummdreiste Kommentarentrüstungssturm im Sozialen Netz interessiert
sie ohnehin nicht, was sie ebenfalls auszeichnet. Dass sie sich in
einem Telefonat mit dem türkischen Ministerpräsidenten schon früh
vollkommen unnötig zu dem Fall geäußert hatte, wird sie hoffentlich
mittlerweile als Fehler erkannt haben. Zum Inhalt einer sogenannten
Satire hat sie sich als Amtsperson ausländischen Politikern gegenüber
nicht zu artikulieren. An ihrer Entscheidung, nun die Justiz über die
Klage des türkischen Staatschefs urteilen zu lassen, ist dagegen
nichts zu kritisieren. Diese Entschluss hat nichts mit der
Flüchtlingskrise, nichts mit der durch Erdogan ständig verletzten
Pressefreiheit in der Türkei, nichts mit einem EU-Deal, nichts mit
dem potenziellen EU-Beitritt der Türkei zu tun. Sie hat nur mit dem
Rechtsstaat in einer Demokratie zu tun. Merkel ist nicht umgefallen
und nicht vor Erdogan eingeknickt, für Merkel muss sich der
allerbeste Musterdeutsche nicht schämen, sie hat auch nicht das
deutsche Volk an den autoritären Herrscher am Bosporus verkauft.
Alles Quatsch. Alles Unsinn. Ihr Votum bedeutet keine Zustimmung zu
Erdogans Position. Sie ist vielmehr die richtige Auffassung, ein
deutsches Gericht die juristischen Ansprüche eines Präsidenten prüfen
zu lassen, der in seinem Land Meinungs- und Pressefreiheit und damit
seinen Rechtsstaat mit Füßen tritt. Erdogan wird in unserem Land um
Welten besser behandelt, als er es mit seinen Landsleuten in der
Türkei praktiziert. Was für ein demokratischer Triumph über diesen
Despoten! Nun prüft ein deutsches Gericht, ob ein nicht mal
mittelmäßiges Gedicht eine Satire, Schmähkritik oder einfach nur eine
handfeste Beleidigung ist. In einem Rechtsstaat entscheiden eben
Juristen, was als Freiheit der Kunst gilt und wo das
Persönlichkeitsrecht verletzt wird. Davon könnte Erdogan viel lernen,
wäre er nicht so schrecklich demokratieresistent. Denn: In der Türkei
säße Jan Böhmermann längst in Untersuchungshaft, was ein
ausgewachsener Skandal wäre! Das kennzeichnet den gewaltigen
Unterschied zwischen der Türkei Erdogans und dem Deutschland Merkels.
Das ist kein "Trauerspiel", wie manche behaupten, sondern ein
geeignetes Beispiel dafür, wie in einer Demokratie Gewaltenteilung
funktioniert. Die Kanzlerin hat zudem gleichzeitig angekündigt, dass
der Paragraf 103 des Strafgesetzbuches zur Beleidigung ausländischer
Staatsoberhäupter noch in dieser Legislaturperiode abgeschafft werden
soll. Auch das ist eindeutig. Nur: Solange es den Paragrafen noch
gibt, ist er rechtsverbindlich, ob das einem passt oder nicht. Cem
Özdemirs Formulierung, Merkel habe "auf Wunsch der Türkei"
entschieden, zieht nicht: Sie hat ein bestehendes Gesetz der
Bundesrepublik beachtet, obwohl sie es für überflüssig hält und es
deshalb möglichst schnell abschaffen will. Und das ist Böhmermanns
Verdienst. Danke! Die Debatte war also gar nicht so bedeutungslos.
OTS: Aachener Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/nr/61649 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_61649.rss2
Pressekontakt: Aachener Zeitung Redaktion Aachener Zeitung Telefon: 0241 5101-389 az-blattmacher@zeitungsverlag-aachen.de
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