16.12.2013 16:44:59
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Aachener Nachrichten: Kommentar; Das Zauberkarussell, Kabinettsliste mit kuriosen Personalentscheidungen; von Joachim Zinsen
Weil Alexander Dobrindt in den vergangenen Monaten so prächtig den CSU-Wadenbeißer gegeben hat, sah sich sein Chef Horst Seehofer zu Dank verpflichtet. Der Lohn für treue Gefolgschaft ist das Verkehrsministerium. Zyniker mögen die Entscheidung mit einer gewissen Genugtuung aufgenommen haben. Denn jetzt muss Dobrindt den Unsinn umsetzen, den sich seine Partei ausgedacht hat, nämlich die Autobahnmaut allein für Ausländer. Man darf sich bereits heute auf die rhetorischen Klimmzüge des CSU-Mannes freuen, mit denen er uns bald wird nahebringen dürfen, warum das Projekt aus europarechtlichen Gründen zum Scheitern verurteilt ist. Weniger lustig ist allerdings die Schnapsidee, dem Dobrindt-Ministerium auch den Bereich "digitale Infrastrukur" zuzuordnen. Autobahn gleich Datenautobahn? Das Internet scheint für Angela Merkel tatsächlich Neuland zu sein. Ansonsten ist nicht zu erklären, warum sich in Zeiten des NSA-Skandals und des Missbrauchs von Daten das Verkehrsressort und nicht das Justiz- oder Wirtschaftsministerium mit dem Netz befassen soll. Zumal sich Dobrindt in der Vergangenheit nicht eben als Internet-Fachmann, geschweige denn als Vorreiter für Datenschutz einen Namen gemacht hat. Aber auch das scheint in der neuen Koalition niemanden groß zu stören.
Für eine erklärungswürdige bis absurde Personalpolitik zeichnet allerdings nicht alleine die Union verantwortlich. Auch die SPD mischt kräftig mit. Ausgerechnet Jörg Asmussen soll neuer Staatssekretär im Arbeitsministerium werden. Jörg Asmussen? Ja, das war der karriereorientierte junge Mann, der im Finanzministerium unter Hans Eichel, Peer Steinbrück und Wolfgang Schäuble ein radikaler Vorkämpfer für die Deregulierung des Finanzsektors war. Der derzeitige Direktor bei der Europäischen Zentralbank, der in Teilen seiner Partei als kaltherziger Banker verschrien ist, soll jetzt maßgeblich für einen anständigen Mindestlohn und eine Regulierung des Arbeitsmarktes sorgen. Zwar ist aus Saulus über Nacht Paulus geworden. Aber von heute auf morgen aus einem neoliberalen Bock einen Gärtner zu machen, wird das ausgerechnet Andrea Nahles gelingen? Als rätselhaft gilt vielen die Entscheidung von SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel, das Ministerium für Wirtschaft und Energiewende zu besetzen und nicht auf dem Finanzministerium zu bestehen. Schließlich ist letzteres nach dem Kanzleramt das mächtigste Ressort im Kabinett. Doch das Finanzministerium birgt gewaltige Gefahren. Gut möglich, dass der oberste deutsche Kassenwart angesichts der noch lange nicht ausgestandenen Wirtschafts- und Finanzkrise in der Euro-Zone der Öffentlichkeit bald einige bittere und höchst unpopuläre Entscheidungen verkünden muss. Darauf ist Gabriel nicht erpicht. Schließlich hat auch er ein Ziel vor Augen: Spätestens 2017 will der SPD-Chef Kanzler werden.
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