26.06.2015 20:53:37
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Aachener Nachrichten: Auf voller Lautstärke - Die falsche Begleitmusik zur Griechenland-Krise. Ein Kommentar von Joachim Zinsen
Aachen (ots) - Wir gegen die! Gut gegen Böse! Die harte aber faire
Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrem seriösen Finanzminister
Wolfgang Schäuble gegen den dauergrinsenden Hallodri Alexis Tsipras
und dessen diabolischen Zockerkumpel Gianis Varoufakis! Die einen
wollen helfen, die anderen erpressen! Medial orchestriert nicht nur
von der "Bild-Zeitung" und gesungen nicht mehr allein von
konservativen Politikern, begleitet dieses Lied mit all seinen
chauvinistischen Untertönen seit Wochen wieder die Verhandlungen mit
Griechenland. Jetzt, auf einer der vielen Zielgeraden vermeintlicher
Rettungsbemühungen, wird es natürlich mit voller Lautstärke
abgespielt. Denn eines soll in Deutschland klar sein: Wenn es zu
keinem Kompromiss zwischen Athen und seinen Gläubigern kommt, wenn es
einen Grexit mit seinen unabsehbaren wirtschaftlichen und politischen
Folgen auch für Europa geben sollte, dann hat allein die griechische
Regierung versagt. Eine Mehrzahl der Bundesbürger liebt dieses Lied
offenbar. Dabei fußt es auf zum Teil grotesken Verdrehungen. Allein
die Frage: Wer erpresst wen? Selbstverständlich hat auch die
griechische Regierung während der Verhandlungen versucht, Druck auf
die Gegenseite auszuüben. Dabei sind ihre Vertreter mehr als einmal
dilettantisch vorgegangen und haben selbst potenzielle Bündnispartner
vor den Kopf gestoßen. Doch die deutlich großkalibrigere Waffe war
immer auf die Griechen gerichtet. Mit ihr haben Vertreter der
Institutionen Tsipras und seine Mitstreiter systematisch weich
geklopft. Ständig wurden Athens Verhandlungsangebote als unzureichend
zurückgewiesen, obwohl die Syriza-Regierung nach und nach mehrfach
die eigenen roten Linien überschritten hatte. Die griechische Seite
ist ihrem Gegenüber deutlich weiter entgegengekommen, als umgekehrt.
Nicht, weil sie es wollte, sondern weil sie es angesichts der
Machtverhältnisse musste. Inzwischen versuchen Tsipras und seine
Leute nur noch einen halbwegs gesichtswahrenden Kompromiss zu
erzielen. Manche in den Institutionen sind offenbar bereit, ihnen den
zuzugestehen: Wie beispielsweise EU-Kommissionspräsident Jean-Claude
Juncker. Andere wollen die linke griechische Regierung partout zur
völligen Kapitulation zwingen, sie in den Staub drücken, stürzen. Der
Internationale Währungsfonds und auch Wolfgang Schäuble zählen zu
diesen Hardlinern. Noch ist offen, wer sich letztlich durchsetzen
wird. Angesichts dieses Showdowns ist die eigentlich zentrale Frage
in den Hintergrund gerückt. Nämlich: Würde mit einem Kompromiss
endlich das Griechenland-Problem gelöst? Die Antwort lautet schlicht
und einfach: Nein! Daran ändert auch nichts das Versprechen der
griechischen Gläubiger, das zweite Hilfspaket zu verlängern, falls
Athen in anderen Fragen klein beigibt. Zwar ist selbst ein schlechter
Kompromiss immer noch besser als gar kein Kompromiss. Doch egal was
bei dem Gefeilsche um Kürzungsprogramme und Steuererhöhungen
herauskommt, feststeht: Griechenland wird von seinen Gläubigern
gezwungen, weiter einen Austeritätskurs zu fahren. Einen Kurs, der in
den vergangenen Jahren die Wirtschaft des Landes immer weiter hat
abstürzen lassen und eine humanitäre Katastrophe ausgelöst hat. Jetzt
droht die Fortsetzung. Tsipras kann nur noch versuchen zu verhindern,
dass dies vor allem wieder die ärmeren Menschen zu spüren bekommen.
Und das sind inzwischen Millionen. Statt der neuen Regierung in Athen
Luft zu geben, um endlich tatsächlich notwendige Reformen anzugehen
und sie darauf auch zu verpflichten, beharren die Gläubiger auf
gescheiterte Programme. Aus purer Ideologie? Mit Vernunft ist der
Kurs jedenfalls nicht zu erklären.
OTS: Aachener Nachrichten newsroom: http://www.presseportal.de/nr/61202 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_61202.rss2
Pressekontakt: Aachener Nachrichten Redaktion Aachener Nachrichten Telefon: 0241 5101-388 an-blattmacher@zeitungsverlag-aachen.de
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