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23.03.2017 14:45:00

3.Piste - Flughafen Wien: "Gericht bewegt sich im luftleeren Raum"

Mit Beschwerden bei den Höchstgerichten (Verwaltungsgerichtshof, Verfassungsgerichtshof) hofft der Flughafen Wien, das vom Bundesverwaltungsgericht im Februar 2017 verhängte Bauverbot für die 3. Piste in Schwechat zu Fall zu bringen. Die Richter haben dem Klimaschutz (CO2-Belastung) und Erhalt des Boden Vorrang eingeräumt, vor Standort und Jobs - für Vorstände und Juristen am Flughafen unhaltbar.

Die Feststellung, ob ein Projekt überhaupt genehmigungsfähig sei, müsse ebenso wie eine "Interessensabwägung" am Anfang eines Verfahrens stehen und nicht erst nach 16 Jahren, wenn schon hundert Millionen Euro in die Vorbereitung geflossen sind, findet man am Flughafen. Das Thema Bodenschutz sei in den Verfahren nie verhandelt worden. Beim Airport kann man sich nicht vorstellen, dass das vor den strengen Blicken der österreichischen Höchstrichter hält. "Hier bewegt sich das Bundesverwaltungsgericht im völlig luftleeren Raum", sagte Vorstand Günther Ofner am Donnerstag.

Mit dem Versagensgrund Bodenschutz stehe der Richterspruch im Widerspruch zum landwirtschaftlichen Gutachten, das keine Einwände festgestellt habe. Für das Großprojekt dritte Piste würden 661 Hektar Agrarfläche verbraucht. Als"völlig skurril" wertet der Flughafen dabei, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung in Österreich gleichzeitig 50.000 Hektar Agrarland mit zig-Millionen an staatlichen Prämien stillgelegt werden. Laut Umweltbundesamt wurden in Österreich seit 2013 pro Tag rund 20 ha Boden verbraucht.

Beim Klimaschutz setze sich das Gericht über Unionsrecht hinweg. "Die Adressaten von Klimaabkommen sind die EU und einzelne Staaten, aber nicht einzelne Projektwerber", stellte Ofner fest. "Das Gericht hat die nationalen und internationalen Klimaschutzregime nicht verstanden", befand sein Kollege Julian Jäger. Den Richtern werden falsche Emissions-Berechnungen vorgeworfen und inhaltliche Fehler. CO2-Emissionen der Flugzeuge gelten nach EU-Recht nämlich nicht als CO2-Emissionen des Flughafens. Und laut österreichischem Klimaschutzgesetz seien CO2-Emissionen der Luftfahrzeuge auch nicht Österreich anzurechnen. Vor allem auch Überflüge seien dem Pistenprojekt nicht zuzurechnen. Zudem gelte das Klimaschutzgesetz nur bis 2020.

Der früheste Betrieb der dritten Piste war aus früherer Sicht schon jenseits von 2025 anzusetzen. Selbst wenn der Flughafen mit seinen Beschwerden den Weg für die 3. Piste frei bekommt, sind vier- bis fünfjährige Verzögerungen programmiert. "Vor 2023 gibt es sicher keine Rechtssicherheit", selbst wenn die Gerichte schnell arbeiten und für uns alles optimal läuft, ist an eine Inbetriebnahme vor 2030 nicht zu denken", sagte Jäger am Donnerstag.

Durch den Bau der dritten Piste am Flughafen Wien-Schwechat und dem damit erhöhten Flugverkehr würden die Treibhausgasemissionen Österreichs deutlich ansteigen, lautete eine der Begründungen des Bundesverwaltungsgerichts. "Durch die Absage der Piste schwindet der Bedarf ja nicht in einem schwarzen Loch", hielt Ofner entgegen. "Geflogen wird anderswo, bei uns wird nur der Standort geschädigt - und 30.000 potenzielle Jobs gingen verloren. Der Flughafen sieht sich im Wachstum blockiert, Verkehrsströme würden an Wien vorbeigehen. Weltweit würden derzeit rund 400 Flughäfen neu gebaut. "Vor unserer Haustür in Istanbul entsteht ein Großflughafen mit sechs Start- und Landebahnen. Das Weltklima kann daher nicht durch die Verhinderung einer dritten Piste beeinflusst werden."

"Eine neue Piste wird ja nicht für vier, fünf Jahre gebaut, sondern für Jahrzehnte", sagte Jäger. Seit 2010 sei am Flughafen die Zahl der Passagiere von 20 Millionen auf mehr 23 Millionen gestiegen. In zehn Jahren sollen es bis zu 29 Millionen sein. Aus heutiger Sicht rechnet man in Wien-Schwechat damit, dass man zumindest mit der bestehenden Terminalinfrastruktur 30 bis 35 Millionen Passagiere abfertigen kann.

Der vorläufige Stopp bzw. die Verzögerung beim Bau der neuen Piste wird die Terminalbauprojekte jedenfalls nicht beeinträchtigen, wurde heute betont. Auch wenn es am Himmel über Wien eng wird, sollen auch die bestehenden (freiwilligen) Nachtflugbeschränkungen nicht aufgehoben werden, sagte Jäger. "Den größten Druck, den wir bis 2030 haben werden, haben wir in den Morgen- und Abendstunden."

Gestern, Mittwoch, hat der Flughafen Wien Rechtsmittel gegen das Bundesverwaltungsgerichtsurteil eingelegt. Beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) wird Beschwerde geführt wegen der Verletzung von Verfassungsrechten wie Eigentumsfreiheit, Erwerbsfreiheit und Gleichheitsgebot. Bei der außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof wird die "inhaltliche Rechtswidrigkeit" beklagt, weiters eine "denkunmögliche und willkürliche Gesetzesauslegung" und widersprüchliche Begründungen. Für die nächste Zeit hat der Flughafen neue Gutachten angekündigt.

(Schluss) rf/tsk

ISIN AT0000911805 WEB http://www.viennaairport.com

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