22.12.2014 06:01:00

20 Jahre EU-Beitritt - Preise stiegen deutlich langsamer

Nach dem EU-Beitritt vor 20 Jahren sind Waren und Dienstleistungen weniger schnell teurer geworden als in den Jahrzehnten davor. Die durchschnittliche jährliche Inflationsrate von 1995 bis 2013 betrug 1,9 Prozent. In den 1970er und 1980er-Jahren lagen die jährlichen Preissteigerungen noch bei 6,3 bzw. 3,8 Prozent. Die Österreicher konnten von der geringen Inflation aber nicht wirklich profitieren.

Auf die Kaufkraft eines Arbeiters wirkte sich der EU-Beitritt tendenziell eher negativ aus, geht aus Berechnungen des Wifo hervor. Die Löhne stiegen offensichtlich nicht so schnell wie die Preise. So musste ein Industriearbeiter im Herbst 2014 für typische Haushaltsprodukte im Schnitt durchwegs länger arbeiten als noch im Jahr 2000. Überproportional teuerer wurden demnach vor allem Nahrungsmittel, Dienstleistungen und Treibstoffe. Verhältnismäßig günstiger wurde Bekleidung, Briefporto oder Zucker. Von 21 beispielhaft erfassten Waren und Dienstleistungen verteuerten sich 13 im Vergleich zum Lohnanstieg überproportional.

Österreichs Außenhandel hat vom EU-Beitritt stärker profitiert als andere EU-Länder. In den fast 20 Jahren von 1995 bis 2013 - neuere Zahlen gibt es noch nicht - sind die Güterexporte im Durchschnitt pro Jahr um 6,6 Prozent gestiegen. Österreich war damit um 10 Prozent besser als der Eurozonen-Durchschnitt (6,0 Prozent) und um 8 Prozent besser als Deutschland (6,1 Prozent). Aber bereits in den Jahrzehnten davor stiegen die Exporte kräftig an. In den 1970er-Jahren waren es im Jahresdurchschnitt 12 Prozent, in den 1980er-Jahren 7,6 Prozent und in den 1990er-Jahren 6,8 Prozent. Durch die Ostöffnung stiegen die Ostexporte von 13 auf 23 Prozent.

Auch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Österreichs ist seit dem EU-Beitritt schneller gewachsen als in anderen Ländern. Real wuchs die heimische Wirtschaft seit 1995 jährlich im Schnitt um 1,9 Prozent, in der Eurozone um 1,5 Prozent und in Deutschland um 1,3 Prozent. In den Jahrzehnten davor lagen die jährlichen österreichischen BIP-Wachstumsraten in den 1970er-Jahren bei 3,8 Prozent, in den 1980er-Jahren bei 2,0 Prozent und in den 1990er-Jahren bei 2,7 Prozent.

Interessant ist auch die Entwicklung des heimischen Kapitalmarktes. 1997 machte die Marktkapitalisierung von Aktien inländischer Unternehmen an der Wiener Börse 33,3 Mrd. Euro aus. Bis knapp vor dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007 stieg sie auf 167 Mrd. Euro, um im Folgejahr wieder auf 59 Mrd. Euro einzubrechen. Ende 2013 waren es wieder 88,6 Mrd. Euro.

Im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg der Wert der börsennotierten Unternehmen von 17,8 Prozent im Jahr 1997 auf 59,1 Prozent im Jahr 2007 und sank krisenbedingt bis Ende 2013 wieder auf 27,5 Prozent.

Börsenotierte Banken und Versicherungen spielten für die Wiener Börse schon immer eine wichtige Rolle. Sichtbarer wird ihre Bedeutung, wenn man ihren Börsenwert ins Verhältnis zum BIP setzt: 1997 entsprach ihre Bewertung 6,8 Prozent des BIP, am Höhepunkt der Börsenhausse 2007 - der Leitindex ATX lag knapp unter 5.000 Punkten - waren es schon fast 23 Prozent des BIP. Ende 2013 waren es wieder 8,1 Prozent, und der ATX hatte sich auf 2.546 Punkte halbiert. Der ATX hat bisher bei weitem nicht so viel wettgemacht, wie andere Börsen, die wieder das Niveau von vor der Krise erreichten konnten.

Das Volumen der emittierten Anleihen hat sich seit 1999 von 168 Mrd. auf 425 Mrd. Euro mehr als verdoppelt. Bundesanleihen verloren an Gewicht, ihr Anteil an den im Umlauf befindlichen Anleihen ging von 54 Prozent auf 45 Prozent zurück. Dafür boomten Unternehmensanleihen. Ihr Volumen stieg von 8,6 auf 53,2 Mrd. Euro. Bankanleihen entwickelten sich ebenfalls rasant, ihr Volumen stieg von 67,2 auf 167,7 Mrd. Euro. Entsprach das gesamte Anleihevolumen 1999 noch knapp 83 Prozent des BIP, stieg es bis 2013 auf fast 132 Prozent.

(Schluss) ggr/gru

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