20.11.2015 09:41:45
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UPDATE/Infineon prüft Investment in japanische Renesas - Kreise
-- Infineon hat offenbar Interesse an Beteiligung
-- Renesas prüft Vorschlag aus Deutschland genauso wie andere Optionen
-- Japan besorgt, dass Technologie ins Ausland abwandert
-- Analysten: Infineon-Renesas-Deal sinnvoll - aber mit Hürden behaftet
(NEU: weitere Details, Analysten, Kontext) Von Eric Pfanner und Atsuko Fukase TOKIO (Dow Jones)--Infineon könnte die Konsolidierung der Chipbranche mit einem Deal in Asien vorantreiben. Nach der Milliardenübernahme in den USA streckt der DAX-Konzern nun seine Fühler nach Japan aus und prüft ein Investment an dem Halbleiterhersteller Renesas Electronics. Renesas prüfe den Vorschlag aus Deutschland genauso wie andere strategische Optionen, berichten informierte Personen. Ob es zu einer Transaktion kommt, ist derzeit aber ziemlich ungewiss.Bei beiden Unternehmen handelt es sich um Schwergewichte der Branche. Renesas ist an der Börse rund 8,7 Milliarden Euro wert, Infineon kommt auf eine Marktkapitalisierung von rund 12,9 Milliarden Euro.
Am Aktienmarkt sorgen die Gespräche für einen Kurssprung der Renesas-Aktie: Das Papier verteuert sich an der Tokioter Börse um rund 11 Prozent. Analysten würden einen Deal der beiden Unternehmen begrüßen. Die Aktie von Infineon verliert dagegen im frühen Frankfurter Handel etwa in halbes Prozent an Wert, weil Anleger die hohen Kosten einer solchen Übernahme fürchten.
Renesas beliefert eine Vielzahl von Branchen und hat deshalb in Japan eine enorme strategische Bedeutung. Vor allem für die Autobranche mit den vielen Schwergewichten wie Toyota oder Nissan ist Renesas wichtig. Die Japaner produzieren Mikrocontroller-Chips für die Fahrzeugindustrie, aber auch für mobile Elektrogeräte wie Smartphones.
Tokio und Autobranche entscheiden über Zukunft von Renesas Aktuell hält die Regierung in Tokio über den Staatsfonds Innovation Network einen Anteil von knapp 70 Prozent an Renesas. Zudem sind auch mehrere Autohersteller, die zu den größten Kunden des Unternehmens zählen, an Renesas beteiligt. Den Informanten zufolge prüft der Staatsfonds, die komplette Beteiligung oder zumindest einen Teil zu veräußern. Innovation Network fürchte, dass Renesas mit den wachsenden Rivalen nicht mithalten könne, wenn die internationale Präsenz nicht ausgeweitet werde, so einer der Informanten.
Doch ein Verkauf dürfte alles andere als einfach werden. Aktuell würden die Gespräche gebremst von Sorgen in Japan, dass Technologie ins Ausland abwandern könnte. Die Automobilhersteller seien besorgt darüber, dass Technologien, die ihnen in einer entscheidenden Branche aktuell einen Wettbewerbsvorteil geben würden, verloren gehen könnten. "Es gibt keinen großen Vorteil, wenn sie (Renesas) mit einem anderen Unternehmen zusammenarbeiten", sagte ein Offizieller eines der acht Unternehmen, die neben Innovation Network im Jahr 2012 in Renesas investiert hatten. Man wolle dies als alleinige japanische Maßnahme unterstützen - und Renesas mache dies derzeit gut.
Vor drei Jahren hatten die Autohersteller die Regierung dazu gedrängt, eine Angebot von der US-Beteiligungsgesellschaft KKR zu blockieren. Daraufhin war der Staatsfonds eingesprungen.
Auch dieses Mal dürfte ein Deal nicht einfach werden. Veysel Taze, Analyst bei Oddo Seydler, hält einen Zusammenschluss von Infineon mit Renesas zwar für sinnvoll, weil damit ein Marktführer mit einem Marktanteil von 20 Prozent entstehen würde. Doch es gebe auch Hürden, so zum Beispiel mögliche kartellrechtlich Auflagen. Darüber hinaus hätten beide Unternehmen einige Überschneidungen bei ihren Kunden aus der Automobilindustrie, und nicht zuletzt wäre Renesas mit einem von Taze geschätzten Unternehmenswert von 10 Milliarden US-Dollar ein großer Brocken für Infineon.
Vielzahl von Optionen für Renesas möglich Angesichts des möglichen Gegenwinds bei einem Verkauf prüfe Tokio auch andere Optionen für Renesas. Möglich sei eine strategische Allianz mit einem anderen Hersteller. Die eingeweihten Personen betonen, dass bisher nichts entschieden sei. Sollte es aber zu einem Verkauf des Unternehmens kommen, würde die Konsolidierung in der Branche nochmals beschleunigen. Eine Sprecherin von Renesas und des staatlichen Fonds wollte sich ebenso wie Infineon nicht zu den Informationen äußern.
Erst diese Woche hatte der amerikanische Chiphersteller ON Semiconductor die Übernahme des Wettbewerbers Fairchild Semiconductor für rund 2,4 Milliarden US-Dollar angekündigt. Auch Infineon Technologies und STMicroelectronics war im vergangenen Monat in Medienberichten ein Interesse an Fairchild nachgesagt worden.
Das maue Wachstum und steigende Kosten befeuern den Konsolidierungstrend in der Branche, da die Chiphersteller ihre Organisationsstruktur und Produktlinien verschlanken müssen. In diesem Jahr wurden in der Branche bereits Fusionen und Akquisitionen im Volumen von rund 100 Milliarden Dollar angekündigt, wie aus Daten von Dealogic hervorgeht - weitaus mehr als im gesamten Jahr 2014 mit 37,7 Milliarden Dollar. Zu den Deals gehört etwa der im Mai angekündigte Kauf von Broadcom Corp durch Avago Technologies für 37 Milliarden Dollar und Intels geplante Akquisition von Altera für 16,7 Milliarden Dollar.
Infineon könnte durch Übernahme zur Nummer eins aufsteigen Infineon hatte sich erst Anfang diesen Jahres den Kauf des US-Wettbewerbers International Rectifier für rund 3 Milliarden US-Dollar vollzogen. Aktuell konzentrieren sich die Deutschen vor allem auf analoge Chips, mit denen vereinfacht gesagt die digitale mit der physischen Welt verbunden wird. Das Interesse von Infineon an Renesas wird von Beobachtern begrüßt: Der japanische Wettbewerber sehe auf den ersten Blick hochprofitabel aus, auch beim Umsatz wurde Infineon bei einem Zusammenschluss in eine neue Liga aufsteigen, so ein Analyst. "Es sieht so aus, dass Infineon bei der Konsolidierung im Sektor vorne mitspielen will."
Für Oddo-Seydler-Analyst Taze hätte ein Zusammenschluss auch mit Blick auf die Regionen seinen Reiz. Während Infineon stark in Europa vertreten sei, säßen die Kunden der Japaner in Asien/Pazifik. Auch bei Chips für die Automobilindustrie würde das Unternehmen eine beherrschende Stellung einnehmen. Mit einem Marktanteil von 12 Prozent im Segment der Automotive Semiconductors sei Renesas die Nummer zwei hinter NXP/Freescale, die auf rund 14 Prozent kämen.
Für Renesas wäre ein Verkauf die zweite einschneidende Veränderung nach der Finanzkrise. Das Unternehmen überlebte damals nur durch ein Rettungspaket der japanischen Regierung in Höhe von 200 Milliarden Yen, umgerechnet derzeit rund 1,5 Milliarden Euro. Der Halbleiterproduzent war einst selbst durch eine Fusion der Chipsparten von Hitachi, Mitsubishi und NEC entstanden. Japans Chipbranche stand damals massiv unter Druck und hat sich seitdem erheblich verändert.
Aktuell gebe es auch die Möglichkeit, dass ein Anteil an Renesas an eine Firma im Inland verkauft werde, so ein Informant. Ob das ein Unternehmen aus der Chipbranche sein könnte, ist jedoch unklar. Die japanischen Renesas-Rivalen haben sich mittlerweile auf andere Bereiche konzentriert oder haben mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. So hat beispielsweise Sony seinen Bereich für digitale Bildsensoren ausgebaut. Toshiba dagegen kämpft mit einem gravierenden Bilanzskandal. Ein ausländisches Unternehmen aus der Branche könnte daher möglicherweise eine interessante Option sein, trotz des momentan aufkommenden Gegenwinds.
Mitarbeit: Eyk Henning, Thomas Leppert und Takashi Mochizuki und Yoko Kubota
Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com
DJG/DJN/kla/kgb
(END) Dow Jones Newswires
November 20, 2015 03:11 ET (08:11 GMT)
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