21.08.2020 20:16:38
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ESG boomt auch in der Krise, Marktkommentar von Kai Johannsen
Frankfurt (ots) - ESG-konforme Anlagen, also Investments, die grüne, soziale und
Governance-Aspekte adressieren, boomen, und die Covid-19-Krise hat diesen Boom
nochmals befeuert. Das stellen Assetmanager und Ratingagenturen fest. 2019 waren
in Deutschland laut Zahlen des Forums Nachhaltige Geldanlagen rund 270 Mrd. Euro
in Aktien und Anleihen nachhaltig angelegt - ein Zuwachs von mehr als 20 Prozent
im Vergleich zum Vorjahr.
Laut Daten von MSCI ESG stieg das Volumen von Euro-Rentenfonds, die ESG-Aspekte
in ihrem Investmentprozess berücksichtigen, 2019 sogar um 30 Prozent, hält das
Bankhaus Berenberg in einer Marktanalyse fest. Die Coronakrise habe diese
Entwicklung beschleunigt. "Einerseits fielen bei vielen ESG-konformen Anlagen
die Kursverluste infolge der Krise niedriger aus. Andererseits rücken mit der
Coronakrise Faktoren wie Sozialstandards, Zugang zum Gesundheitswesen oder
wirtschaftliche Ungleichheiten verstärkt in den Fokus der Anleger", so Robert
Reichle, Leiter Fixed Income Emerging Markets, und Christoph Mäder, Portfolio
Manager Fixed Income bei Berenberg. Die Pandemie habe Anlegern vor Augen
geführt, welche Auswirkungen besonders soziale und Governance-Aspekte auf die
Kreditwürdigkeit eines Unternehmens haben können. Denn neben dem direkten
Einfluss durch den akuten Wirtschaftseinbruch habe auch das Management von
ESG-Risiken einen direkten Einfluss darauf, wie schnell und in welcher Form ein
Unternehmen aus der Krise herauskomme.
In den Krisenmonaten hat die Emissionstätigkeit von grünen und nachhaltigen
Anleihen nochmals an Fahrt aufgenommen, stellt die Ratingagentur Moody's fest.
Weltweit erreichten diese Emissionen Rekordniveau, allein im zweiten Quartal war
es ein Zuwachs von 65 Prozent gegenüber dem ersten Vierteljahr. Die Experten von
Moody's geben sich bezüglich des weiteren Marktwachstums optimistisch. Die
Pandemie werde den Fokus von Unternehmen, Investoren und anderen
Interessengruppen auf ESG-Faktoren verstärken. Dabei behalte man nicht nur
Bereiche wie die öffentliche Gesundheit im Blick, sondern auch andere potenziell
schwerwiegende Probleme wie den Klimawandel. Der verstärkte Fokus auf
ESG-Faktoren wird laut Moody's das weitere Wachstum von grünen, sozialen und
Nachhaltigkeitsanleihen unterstützen.
Die Einschätzungen von Berenberg und Moody's können zweifelsohne unterschrieben
werden. Der Markt für ESG-konforme Investmentprodukte wird weiter kräftig
wachsen, und auch die Emissionen von entsprechenden Bonds werden in den
kommenden Wochen und Monaten sicher nicht abreißen. Dafür ist das Interesse an
solchen Papieren viel zu groß. Anleger haben gesehen, dass solche Investments in
der Krise nicht nur eine gute Performance zeigen und nur allzu oft ihre
nichtgrünen oder nichtnachhaltigen Pendants sogar outperformen.
Investoren schreiben diesem Themenkomplex eine besondere Bedeutung zu. In Zeiten
von Social Distancing werden soziale Aspekte bei Anlegern immer wichtiger, und
sie achten darauf, wie auch Unternehmen mit Sozialfaktoren umgehen und vor
allem, wie sie sich in dieser Hinsicht für die Zukunft ausrichten. Und das
umfasst sehr viele Teilbereiche, nicht nur die Welt des Arbeitens, sondern auch
den Umgang mit Gesundheitsfragen, Sicherheitsmaßnahmen, Anpassung von
Produktionsprozessen etc. Dabei handelt es sich um langfristige Anpassungen an
völlig neue Gegebenheiten, und diese werden nicht einfach nach ein paar Tagen
der Normalisierung wieder rückgängig gemacht werden. Dafür ist allein der
Investorenfokus auf diese Aspekte viel zu groß. Und Firmen werden sich daran
gewöhnen müssen, dass Investoren und Interessenvertretungen über das sogenannte
Engagement sich viel stärker mit dem Management über solche Aspekte austauschen
werden.
Das spricht tendenziell für eine anhaltend gute Nachfrage nach ESG-konformen
Produkten, die dann auch weiterhin eine gute Performance zeigen dürften. Aber
Anleger sollten sich auch auf Zeiten einstellen, in denen diese
Investmentprodukte mal schlechter performen. Das kann insbesondere dann
auftreten, wenn Anleger diese Produkte verkaufen, weil sie Liquidität brauchen
und andere nichtnachhaltige Produkte womöglich vergleichsweise schwieriger zu
liquidieren sind oder nur mit höheren Verlusten. Aus solchen Liquidationen ist
dann aber nicht auf eine groß angelegte Abkehr weiter Anlegerkreise von diesen
Investments zu schließen. Diese Verluste sollten schnell wieder ausgebügelt
werden.
Pressekontakt:
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